Thüringen

Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten gewählt

Eine einfache Mehrheit der Abgeordneten wählte Bodo Ramelow am Mittwoch zum Ministerpräsidenten Foto: dpa

Reinhard Schramm, der Vorsitzende des jüdischen Landesgemeinde Thüringens, ist erleichtert. »Der Dammbruch - die Wahl eines Ministerpräsidenten von Gnaden der AfD - konnte wieder behoben werden,« erklärt Schramm gegenüber dieser Zeitung.

Exakt vier Wochen liegt die völlig überraschende Wahl des FDP-Manns Thomas Kemmerich zurück. Sie hatte ein politisches Erdbeben ausgelöst, und das weit über Erfurt hinaus. Kurz nach seiner Wahl war der mit Hilfe der AfD ins Amt gekommene Ministerpräsident wieder zurückgetreten, blieb aber geschäftsführend im Amt. Am Mittwoch war die Episode Kemmerich dann aber endgültig zu Ende.

Kemmerichs Vorgänger ist auch sein Nachfolger: Der Linken-Politiker Bodo Ramelow wurde erwartungsgemäß vom Landtag in Erfurt mit einfacher Mehrheit zum Ministerpräsidenten gewählt.

MINDERHEITSREGIERUNG Für Ramelow stimmten in allen drei Wahlgängen 42 Abgeordnete – genau so viele, wie die rot-rot-grüne Minderheitskoalition Sitze hat. Auf den Fraktionschef der AfD, Björn Höcke, entfielen in den ersten beiden Wahlgängen jeweils 22 Stimmen, auch hier genauso viele wie die AfD Landtagsmandate hat. Im entscheidenden dritten Durchgang trat Höcke nicht mehr an. Stattdessen stimmten seine Fraktionskollegen mit »Nein«, um Ramelow doch noch zu verhindern.

Das klappte allerdings nicht, da sich die CDU-Fraktion fast komplett der Stimme enthielt. Die fünfköpfige FDP-Fraktion hatte im Vorfeld angekündigt, sich erst gar nicht an der Abstimmung zu beteiligen.

Die bisherige Regierungskoalition von Linkspartei, SPD und Grünen, die das Land fünf Jahre lang mit absoluter Mehrheit regiert hatte, kann nun als Minderheitsregierung weitermachen.

Im Vorfeld der mit Spannung erwarteten Abstimmung war es zu heftigen Diskussionen vor allem in der CDU gekommen, ob einzelne Abgeordnete Ramelow ins Amt verhelfen sollten - entgegend eines Beschlusses der Bundespartei, die jegliche Zusammenarbeit mit der Linkspartei ablehnt.

KRITIK Die konservative WerteUnion, ein Zusammenschluss von CDU-Mitgliedern, kritisierte die Enthaltung der Thüringer Union im dritten Wahlgang scharf. In Ramelows Wahl zeige sich eine »Schwächung des anti-totalitären Konsenses in der Bundesrepublik,« erklärte die Vereinigung in einer Stellungnahme nach der Wahl.

Reinhard Schramm sieht das anders. »Ein Kampf gegen Rot-Rot-Grün mag aus der Sicht der Opposition berechtigt sein, aber nicht auf Kosten der Abgrenzung von der AfD. Die Thüringer AfD-Abgeordneten haben in zwei Wahlgängen geschlossen Herrn Höcke gewählt. Damit wählten sie geschlosssen Rechtsextremismus und Relativierung des Nationalsozialismus,« so der Vorsitzende der Thüringer jüdischen Gemeinde gegenüber der »Jüdischen Allgemeinen«.

PARTNERSCHAFT »Mit Bodo Ramelow weiß unsere Landesgemeinde einen guten Freund an der Spitze der Thüringer Regierung,« fügte er an. Auch mit der CDU-geführten Landesregierung von Ramelow-Vorgängerin Christine Lieberknecht habe es eine respektvolle Partnerschaft gegeben.

»Thüringen wird sicher vernünftig  von der neuen Minderheitsregierung regiert werden, solange sich die  Demokraten in Regierung und Opposition in der Übergangsphase bis zu den Neuwahlen 2021 auf Aufgaben konzentrieren, bei denen Konsens bestehen müsste,« meint Schramm.

Staatsbesuch

Kanzler Merz reist am nächsten Wochenende nach Israel

Das Datum steht: Bundeskanzler Merz reist in gut einer Woche zum Antrittsbesuch nach Israel. Der Gaza-Krieg hatte die Reise verzögert, durch die Waffenruhe wird sie jetzt möglich

 28.11.2025

Berlin

Anschlag auf israelische Botschaft geplant? Prozess beginnt

Ein mutmaßlicher IS-Unterstützer kommt vor Gericht. Der Prozess gegen den inzwischen 19-Jährigen beginnt am Montag

 28.11.2025

Brüssel

Weimer warnt vor Antisemitismus und Ausgrenzung beim ESC

Der Kulturstaatsminister will darüber mit seinen europäischen Kollegen sprechen

 28.11.2025

Eurovision Song Contest

Spanien bekräftigt seine Boykottdrohung für ESC

Der Chef des öffentlich-rechtlichen Senders RTVE gibt sich kompromisslos: José Pablo López wirft Israel einen »Genozid« in Gaza und Manipulationen beim Public Voting vor und droht erneut mit dem Austritt

 28.11.2025

USA

Mehrheit der Juden blickt nach Mamdani-Sieg mit Sorge nach New York

Eine Umfrage zeigt: Fast zwei Drittel der Befragten sind der Ansicht, Mamdani sei sowohl antiisraelisch als auch antisemitisch

 28.11.2025

Berlin

Israel, der Krieg gegen die Hamas und die Völkermord-Legende

Der israelische Militärhistoriker Danny Orbach stellte im Bundestag eine Studie und aktuelle Erkenntnisse zum angeblichen Genozid im Gazastreifen vor – und beklagt eine einseitige Positionierung von UN-Organisationen, Wissenschaft und Medien

 27.11.2025

USA

Staatsanwaltschaft rollt den Fall Etan Patz neu auf

Der jüdische Junge Etan Patz verschwindet am 25. Mai 1979 auf dem Weg zur Schule. Jahre später wird er für tot erklärt

 27.11.2025

Debatte

Neue Leitlinie zum Umgang mit NS-Raubgut für Museen und Bibliotheken

In Ausstellungshäusern, Archiven und Bibliotheken, aber auch in deutschen Haushalten finden sich unzählige im Nationalsozialismus entzogene Kulturgüter. Eine neue Handreichung soll beim Umgang damit helfen

von Anne Mertens  27.11.2025

Düsseldorf

Breite Mehrheit im Landtag wirbt für Holocaust-Zentrum in NRW

Große Mehrheit im NRW-Landtag: Fast alle Fraktionen werben für NRW als Standort eines vom Bund geplanten Holocaust-Bildungszentrums. Bayern und Sachsen sind ebenfalls im Rennen

von Andreas Otto  27.11.2025