Nachrichten

Auslieferung, Angriff, Schmähplastik

Die Gedenkstätte Neuengamme bei Hamburg Foto: imago/Hauke Hass

Auslieferung von KZ-Wächter
Ein US-Gericht hat die Abschiebung eines Deutschen angeordnet, weil dieser 1945 Wachmann in einem Konzentrationslager war. Der im US-Bundesstaat Tennessee ansässige Friedrich Karl B. habe 1945 »freiwillig als bewaffneter Gefängniswächter in einem Konzentrationslager gedient« und damit das Vorgehen des Nazi-Regimes unterstützt, erklärte Richterin Rebecca Holt. Er habe gestanden, als Wachmann in einem Außenlager des Hamburger Konzentrationslagers Neuengamme nahe dem niedersächsischen Meppen Gefangene bewacht zu haben. B. habe nie eine Versetzung aus dem KZ beantragt und beziehe eine deutsche Rente, unter anderem auch für seinen »Kriegsdienst«. dpa

Teenager zusammengeschlagen
Im österreichischen Graz wurde am Mittwoch vergangener Woche ein 16-jähriger Schüler von zwei Jugendlichen auf offener Straße antisemitisch beleidigt und anschließend derart schwer verprügelt, dass er Hämatome und Platzwunden im Gesicht erlitt und in einem Krankenhaus versorgt werden musste. Die Identität der Täter ist bislang unklar. Der Judenhass in der Stadt habe »ein neues Ausmaß erreicht«, teilte die örtliche jüdische Gemeinde nach dem Vorfall mit. Die beiden laut Beschreibungen des Opfers ungefähr gleichaltrigen Jugendlichen seien auf den Jungen zugegangen, hätten ihn auf seinen Ring mit einem Magen David angesprochen und gefragt, ob er Jude sei. Als er diese Frage bejahte, hätten ihn die Angreifer aufgefordert, sich zu »verpissen«. Anschließend schlugen die beiden mehrmals zu und beleidigten ihr Opfer als »Scheißjuden«, so die jüdische Gemeinde in einer Pressemitteilung. Nach den Tätern wird gefahndet. »Leider ist Graz kein Einzelfall«, erklärte Gemeindepräsident Elie Rosen. Es werde in der Gesellschaft viel zu sehr beschwichtigt, was den Hass auf Juden angehe. Kaum ein Politiker habe sich zu dem Angriff geäußert. mth

Runder Tisch zu Schmähplastiken
Bayerns Antisemitismusbeauftragter Ludwig Spaenle (CSU) sieht dringenden Handlungsbedarf im Zusammenhang mit judenfeindlichen Darstellungen an Kirchen. Ein Beispiel dafür sei die sogenannte Judensau an historischen Gotteshäusern, wie Spaenle am Montag in München sagte. Er kündigte deshalb für den 31. März einen Runden Tisch in München an, zu dem er Vertreter staatlicher Einrichtungen, christlicher Kirchen und des Landesverbandes der Israelitischen Kultusgemeinden einladen wolle. Als Co-Vorsitzender der Bund-Länder-Kommission plane er, das Thema auch auf die Agenda des nächsten Treffens zu setzen. Es dürfe nicht weiter zugesehen werden, dass an einzelnen Orten diese mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Darstellungen, die Juden in übelster Weise verunglimpften, unzureichend oder gar nicht kommentiert würden, forderte Spaenle. Als Beispiel nannte er für Bayern etwa Schmähbilder am Regensburger Dom und an Sankt Sebald in Nürnberg. kna

Neue Beratungsstelle
Die bisher bundesweit agierende Beratungsstelle OFEK bietet erstmals in Berlin Beratungen für Opfer antisemitischer Übergriffe an. Das Team berät Betroffene, ihre Angehörigen und auch Institu-tionen. Seit Februar wird OFEK erstmals vom Land Berlin gefördert. Denn die hohe Zahl antisemitischer Straftaten verlange laut dem Senator für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung, Dirk Behrendt (Grüne), »ausdifferenzierte Angebote für Betroffene«. »Jüdinnen und Juden brauchen die gesamtgesellschaftliche Solidarität gegen Antisemitismus«, sagte Lorenz Korgel, Ansprechperson des Landes Berlin für Antisemitismus. »Deswegen ist es ein wichtiger Schritt, dass Berlin als erstes Bundesland eine spezifische Beratungsstelle für von Antisemitismus betroffene Menschen fördert. Viele weitere Schritte müssen folgen.« OFEK Berlin ist eine psychosoziale Beratungsstelle des Kompetenzzentrums für Prävention und Empowerment der ZWST. Ratsuchende Berliner Einrichtungen, darunter Schulen, können sich bei OFEK melden. OFEK berät zudem Einzelpersonen, Familien, Angehörige und Zeugen nach Vorfällen in der Schule oder Kita, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, im persönlichen Umfeld sowie in den Behörden. ja

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  02.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Interview

»Deutschlands Vorbildrolle steht radikal infrage«

Oliver von Wrochem über 80 Jahre Kriegsende, eine stärker werdende AfD und NS-Gedenkstätten als gesellschaftspolitische Akteure

von Sebastian Beer  02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025

Berlin

Was bedeutet die neue Einstufung für die AfD?

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Schritt des Verfassungsschutzes, die gesamte Partei als gesichert rechtsextrem einzustufen

von Anne-Beatrice Clasmann  02.05.2025

Deutschland

Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette und der angebliche »Völkermord an der palästinensischen Bevölkerung«

Lange lebte die frühere RAF-Terroristin Klette im Untergrund, ehe sie in Berlin verhaftet wurde. Am 1. Mai ist sie in Gedanken wieder in ihrer Kreuzberger Community

 02.05.2025

Josef Schuster

Zentralrat der Juden fordert mehr Klarheit im Umgang mit der AfD

Vertreter der Partei dürften nie »in staatstragende Funktionen gelangen«, so der Zentralratspräsident. Zuvor hatte der Verfassungsschutz die gesamte AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft

 02.05.2025