Kommentar

Staatsräson: Jetzt gilt es!

Volker Beck Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Die Bundesregierung muss die Intervention des Chefanklägers am Internationalen Strafgerichtshof, Karim A.A. Khan, eindeutig zurückzuweisen. Dieser Antrag stellt eine Ungeheuerlichkeit dar.

Berlin muss sich an Washington ein Beispiel nehmen: US-Präsident Biden hat keine Klarheit vermissen lassen. Die Bundesregierung hat sich am Sonntag bisher nur durch einen anonymen »Sprecher des Auswärtigen Amts« lauwarm und unentschieden geäußert.

Der Sprecher hat in seiner Einlassung davon gesprochen, es sei der, sinngemäß, »falsche« Eindruck einer Gleichsetzung einer vernichtungsantisemitischen Terrororganisation mit einer legitimen demokratischen Regierung entstanden. Das Gegenteil ist richtig. Diese Gleichsetzung ist die Botschaft und Sichtweise der Äußerungen des Chefanklägers.

Völlig inakzeptabel

Die Anträge auf Haftbefehle gegen den israelischen Regierungschef und Verteidigungsminister sind völlig inakzeptabel: Die damit verbundene faktische Gleichstellung einer Terrororganisation mit einem demokratischen Staat und seiner Armee, die sich und die eigene Bevölkerung gegen einen Angriff verteidigt, stellt eine Ungeheuerlichkeit dar und lässt an der rechtlichen Orientierung der Ankläger zweifeln.
Es ist ein politischer Akt zur Isolierung Israels und kein juristisch begründbares Vorgehen.

Lesen Sie auch

Jeder Versuch, Parallelen zwischen den Terroristen der Hamas und der demokratisch gewählten Regierung Israels zu ziehen, muss umstandslos zurückgewiesen werden. Niemand darf vergessen, wer diesen Krieg begonnen hat und wer unschuldige Bürger und Familien vergewaltigt, abgeschlachtet, verbrannt, misshandelt und entführt hat.

Juristisch ist das Vorgehen des Chefanklägers zudem mehr als fragwürdig. In Artikel 17 des Römischen Statutes des Internationalen Strafgerichtshof ist die Strafverfolgung gesperrt, wenn die nationalen Gerichte funktional sind. Der Nachweis, dass die israelische Justiz nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Ermittlungen oder die Strafverfolgung ernsthaft durchzuführen, kann nicht erbracht werden.

Politisch motiviert

In der Vergangenheit hat die israelische Justiz sowohl Militärs als auch hochrangige Politiker verurteilt. Es gibt keinen Anhaltspunkt, dass dies bei möglichen Rechtsverletzungen im aktuellen Gaza-Krieg anders sein könnte.

Die Zeit seit dem Tatzeitpunkt möglicher rechtswidriger Taten ist viel zu kurz, um ein Nichttätigwerden der israelischen Justiz zu konstatieren, zumal bei den in Rede stehenden Taten keine Verjährungsproblematik besteht.

Wer wie die Bundesregierung den Internationalen Strafgerichtshof für »eine elementare Errungenschaft der Weltgemeinschaft« hält und »seine Unabhängigkeit und seine Verfahrensabläufe« hochhält, muss alarmiert sein, wenn sich der Chefankläger fahrlässig und politisch motiviert über die Subsidiarität dieses Gerichtes gegenüber einer unabhängigen und rechtsstaatlichen nationalen Justiz einfach hinwegsetzt. Vielleicht wird ja wenigstens dieser Gesichtspunkt am Werderschen Markt jemand auf den Plan rufen: Es geht um’s Völkerrecht!

Volker Beck ist Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft.

Meinung

Der erfundene »Völkermord«

Wer für einen Genozid verantwortlich ist, versorgt dessen angebliche Opfer nicht, warnt sie nicht vor Angriffen und richtet weder Fluchtrouten noch humanitäre Zonen ein

von Imanuel Marcus  18.09.2025

Meinung

Vereinte Nationen: Alter Wein in neuen Schläuchen

Kommende Woche soll in New York eine Resolution zum Nahostkonflikt verabschiedet werden. Sie ist hochproblematisch. Deutschland sollte dagegen stimmen

von Jacques Abramowicz  18.09.2025

Kommentar

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  18.09.2025 Aktualisiert

Meinung

Für das Leben entscheiden

Die Fortführung der Kampfhandlungen in Gaza gefährdet das Leben der Geiseln und den moralischen Fortbestand Israels. Es ist Zeit, diesen Krieg zu beenden

von Sabine Brandes  16.09.2025

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Meinung

Lasst uns nicht allein!

Nach dem Canceln von Lahav Shani durch das Flandern-Festival in Gent befürchtet Maria Ossowski, dass Juden Europa jetzt verlassen wollen

von Maria Ossowski  11.09.2025

Meinung

Gent: Boykottiert die Boykotteure!

Dass die Münchner Philharmoniker in Gent nicht auftreten dürfen, weil sie mit Lahav Shani einen israelischen Dirigenten haben, ist eine Schande - und erfordert eine deutliche Antwort deutscher Kulturschaffender

von Michael Thaidigsmann  10.09.2025

Meinung

Wenn Wutausbrüche Diplomatie ersetzen

So verständlich der Frust ist, tut sich Israels Regierung mit ihrer aggressiven Kritik an westlichen Regierungen und ihren Einreiseverboten für europäische Politiker keinen Gefallen

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Meinung

Bitte mehr Sorgfalt, liebe Kollegen!

Weltweit haben Medien die Geschichte verbreitet: In Gaza sei ein hilfesuchendes Kind von Israelis erschossen worden. Es stimmt nur nicht, wie sich nun herausstellt. Von professionellen Journalisten darf man eigentlich mehr erwarten

von Susanne Stephan  08.09.2025