Meinung

Rückwärtsrolle im Diskurs

Lanz’ Gäste: Adriana Altaras, Michael Wolffsohn, Deborah Feldman und Michael Fürst (v.l.) Foto: ZDF/ Cornelia Lehmann

Am 4. Juli leitete Markus Lanz seine Sendung ein mit der Frage: »Was bedeutet es, heute in Deutschland jüdisch zu sein?« Spoiler Alert: Die Frage wurde nicht beantwortet. Die Runde war vor allem eine Rückwärtsrolle im Diskurs. Es geht nicht nur darum, wer am Ende lügt oder recht hat, oder ob Deborah Feldman für irgendjemanden spricht, außer für sich selbst.

Denn in einem Blick auf die Welt, in dem es zwar keine postsowjetischen Juden gibt, dafür aber viele »Progressive aus Südafrika, den USA oder England«, die wegen der vorbildlichen »Erinnerungskultur nach Deutschland gekommen« seien, entsteht möglicherweise die Wahrnehmung, dass »wer die pro-israelische Staatsräson nicht unterstützt«, hier in Deutschland quasi kurz vor der Verhaftung steht.

In der Talkshow sollten alle möglichst persönlich berichten

In der Talkshow sollten alle möglichst persönlich berichten. Damit wird alles Interpretationssache. Kann ein Mensch mit einer Kippa Polizeigewalt erfahren? Ist das überhaupt Polizeigewalt? Was darf man in diesem Land überhaupt noch als internationale Bestsellerautorin sagen, die regelmäßig Einladungen in die reichweitenstärksten deutschen TV-Formate erhält?

Was an Diskussionen von Personen, die laut Lanz alle »sehr erfolgreiche Bücher geschrieben haben«, auch nervt: Sie sprechen zwar von ihrem persönlichen Erleben, beziehen aber nicht mit ein, dass dieses eigene Erleben als öffentliche Person verzerrt und privilegiert ist.

Wer von Freunden spricht, die überlegen, ob sie in die Schweiz gehen sollen, oder den Enkeln, die gern in Israel Urlaub machen können, aber da nicht hinziehen sollen, blendet eine essenzielle Facette jüdischer Lebensrealitäten aus: dass sich sehr viele Juden diese Fragen gar nicht stellen können.

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Insgesamt jedoch tragen die Redaktion und ihr Moderator die Verantwortung für den Ausgang der Sendung. »Einen Versuch« nannte das Lanz, der vielleicht nicht gescheitert wäre, hätte der Fokus nicht in der Frage bestanden, welche Ausschnitte im Nachgang viral gehen.

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