Boris Ronis

Herbstferien zu Hause? Halachischer Imperativ!

Boris Ronis Foto: Stephan Pramme

Wie schön waren doch die unbeschwerten Momente des Reisens – vor Corona. Nun haben in Berlin die Herbstferien begonnen, und als ob es nicht genug wäre, dass viele Länder nur unter Vorbehalt einer Reisewarnung besucht werden dürfen, trat auch noch ein Beherbergungsverbot für Bewohner aus Risikogebieten innerhalb Deutschlands in Kraft. Viele Reisen wurden storniert – und man schaut sich verzweifelt um, wohin man fahren kann.

Der Wunsch, sich im Herbst noch einmal in wärmere Gefilde zu begeben, ist enorm. Oft höre ich es von unterschiedlichen Stellen, wie Menschen selbst zu Zeiten einer Pandemie sich nichts Besseres vorstellen können, als Richtung Süden zu düsen.

VERBOT Und ich erwische mich oft bei der Frage: Haben sie denn alle nicht verstanden, worum es hier geht? »Die Zahlen sind doch lächerlich«, höre ich in meinem Bekanntenkreis als Aussage von »Experten« jeglicher Couleur. Ein solches »Extra-Verbot« wird als skandalös tituliert oder als »eine Unverschämtheit, uns solche Erschwernisse aufzubürden«.

Die Zahlen steigen immer weiter und stetig nach oben. Und sie bezeugen unsere Verletzlichkeit in Zeiten, in denen Vernunft eine große Rolle spielen sollte.

Doch die Zahlen steigen immer weiter und stetig nach oben. Und sie bezeugen unsere Verletzlichkeit in Zeiten, in denen Vernunft eine große Rolle spielen sollte – wenn da nicht die Gier der inneren Befriedigung bei einigen höher stünde und der Egoismus überhandnimmt.

Mein Argument ist einseitig und wiederholt sich: Pikuach Nefesch – das Behüten und Bewachen einer Seele. Dieser halachische Imperativ, der uns Juden dazu ermahnt, dass das Leben nicht hoch genug geschätzt werden kann, zwingt uns, über andere Leben zu wachen – aber auch genauso, unser eigenes Leben zu beschützen.

MITMENSCHEN Der kleinste Verdacht, dass wir unser Leben oder das unserer Mitmenschen in Gefahr bringen, zwingt uns zu sofortiger Reaktion. Doch Pikuach Nefesch sollte noch mehr tun: ein Prinzip der Wahrung und der Vernunft unseres Geistes sein.

Besonders in Momenten, in denen Gier, Unvernunft und Egoismus nichts verloren haben, sondern das Bewahren unserer aller Leben im Vordergrund steht. Nur so werden wir diese schreckliche Zeit überstehen – gemeinsam!

Der Autor ist Gemeinderabbiner in Berlin.

Glosse

Die außerirdische Logik der Eurovision

Was würden wohl Aliens über die absurden Vorgänge rund um die Teilnahme des jüdischen Staates an dem Musikwettbewerb denken? Ein Gedankenexperiment

von Imanuel Marcus  07.12.2025

Meinung

Zurück ins Mittelalter?

Die israelische Regierung will die Todesstrafe wieder einführen. Das ist geschichtsvergessen und verblendet

von Sophie Albers Ben Chamo  04.12.2025

Meinung

Wagenknechts Schiffbruch

Nur etwa zwei Jahre nach seiner Gründung steht das BSW vorm endgültigen Scheitern – eine gute Nachricht! Dennoch bleibt ein übler Nachgeschmack

von Ralf Balke  04.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  03.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Die neue AfD-Jugendpartei ist kein bisschen weniger extrem

Die »Junge Alternative« wurde durch die »Generation Deutschland« abgelöst. Doch die Neuordnung der AfD-Jugendorganisation diente keineswegs ihrer Entradikalisierung

von Ruben Gerczikow  02.12.2025

Kommentar

Schiedsgerichte sind nur ein erster Schritt

Am 1. Dezember startet die Schiedsgerichtsbarkeit NS-Raubkunst. Doch es braucht eine gesetzliche Regelung auch für Werke in Privatbesitz, meint unser Gastautor

von Rüdiger Mahlo  01.12.2025

Meinung

Wir Jungen müssen die Gemeinden stärker mitgestalten

Jüdische Studierende sind vom wachsenden Antisemitismus besonders betroffen. Gleichzeitig sind junge Juden kaum in den Gemeindevertretungen repräsentiert. Das muss sich ändern

von Ron Dekel  30.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  01.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Wenn ein Botschafter Schoa-Überlebende zu Lügnern erklärt

Tom Rose, neuer US-Botschafter in Warschau, hat in einer Rede die Komplizenschaft Tausender Polen während des Holocaust bestritten. Das ist fatal für das Ansehen der USA

von Menachem Z. Rosensaft  29.11.2025