Jenny Havemann

Hamburg: Lernen vom Blick zurück

Jenny Havemann Foto: Michal Sela

Nach dem Anschlag in Hamburg konnte eine Dynamik beobachtet werden, die fast immer auftritt, wenn es in den vergangenen Jahren einen antisemitischen Angriff in Deutschland gegeben hat. Die nichtjüdische deutsche Gesellschaft ist schockiert, die jüdische deutsche Gemeinschaft traumatisiert, aber nicht überrascht. Journalisten, Politiker und Twitter-Follower fragen mich, was man tun kann, um solche Anschläge in Zukunft zu verhindern.

Der Fokus auf die Zukunft liegt aber in der Vergangenheit. Wir müssen zurückschauen und verstehen, was dazu geführt hat, dass so etwas passieren kann. Zum einen wurde jede Art von Antisemitismus verharmlost und nicht ernst genommen.

Ich höre immer wieder von Gemeindemitgliedern, dass sie sich durch die Polizei nicht geschützt fühlen.

Der rechte Antisemitismus wurde mit »Ein Paar Idioten haben Hakenkreuze irgendwohin gemalt« abgetan, die Polizei und der Verfassungsschutz haben bei den wachsenden rechten Strukturen nicht genau hingeschaut. Islamistischer und linker Antisemitismus werden als »Israelkritik« abgetan, sogar wenn es um Anschläge geht.

TREND Dieser Trend zieht sich über die vergangenen zehn bis 15 Jahre und war für die jüdischen Gemeinden sehr beunruhigend. Zum anderen müssen die Sicherheitskonzepte der Polizei überdacht und überarbeitet werden. Ich höre immer wieder von Gemeindemitgliedern, dass sie sich durch die Polizei nicht geschützt fühlen.

Die Sicherheitsbehörden müssen sich mit den Gemeinden hinsetzen und überlegen, wie man das verbessern kann. Vor allem aber braucht es Bildungskonzepte für verschiedene Altersgruppen, Lehrpläne mit Themen wie Antisemitismus und Rassismus.

Was wird an Schulen getan, um über den modernen Antisemitismus aufzuklären?

Der Holocaust gehört zum Standardprogramm an den meisten Schulen. Dieses Thema ist aber total losgelöst vom aktuellen Geschehen. Wie wurde der Antisemitismus seit dem Zweiten Weltkrieg aufgearbeitet, wie äußert sich Antisemitismus heute? Das sind die wichtigen Fragen.

Sogar Schoa-Überlebende mahnen immer wieder, dass sie ihre Geschichten erzählen, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Was wird aber an Schulen getan, um über den modernen Antisemitismus aufzuklären? Meiner Meinung nach nicht viel.

Die Autorin ist Gründerin und CEO des »GIIN – German-Israeli Innovation Network« und in der Hamburger jüdischen Gemeinde aufgewachsen.

Meinung

Nur zweite Wahl?

Man muss den neuen Kanzler nicht mögen. Aber eine Chance geben sollte man ihm schon. Mit Heckenschützenmentalität und verantwortungsloser Lust am Zündeln haben einige Parlamentarier mutwillig den guten Ruf unseres Landes aufs Spiel gesetzt

 06.05.2025

Essay

Bitburg 1985: Plötzlich waren wieder die Juden schuld

Maram Stern über eine Zeit, als in Deutschland schon einmal versucht wurde, einen Schlussstrich zu ziehen

von Maram Stern  06.05.2025

Kommentar

Springt über euren Schatten!

Friedrich Merz ist schwer angezählt. Trotzdem sollten sich im zweiten Wahlgang alle Abgeordneten einen Ruck geben und ihn zum Kanzler wählen. Es geht um die Demokratie

von Michael Thaidigsmann  06.05.2025

Meinung

Völlig untragbar!

Die übermäßige Bevorzugung der Charedim ist eine Gefahr für Wohlstand und Wohlbefinden im jüdischen Staat

von Sabine Brandes  06.05.2025

Standpunkt

Schwestern im Geiste

Tel Aviv und Berlin sind nun endlich Partnerstädte. Das war längst überfällig

von Katharina Höftmann Ciobotaru  05.05.2025

Meinung

Noch Zweifel?

Auch vor der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextrem war ihre antidemokratische Haltung offenkundig. Jetzt muss das Verbotsverfahren gegen die Partei endlich in die Wege geleitet werden

von Monty Ott  02.05.2025

Meinung

Israelfeinde gegen Pressefreiheit

Journalisten sind immer häufiger Anfeindungen von »propalästinensischen« Aktivisten ausgesetzt. Das ist auch ein Angriff auf das Fundament unserer Gesellschaft

von Erica Zingher  02.05.2025

Meinung

Jesus, Katrin und die Pharisäer

Katrin Göring-Eckardt zeichnet in einem Gastbeitrag ein negatives Bild der Pharisäer zur Zeit von Jesus. Dabei war der selbst einer

von Thomas Wessel  01.05.2025

Meinung

Die Namen in die Welt schreien

24 junge Männer in der Gewalt der Hamas sind wahrscheinlich noch am Leben - sie können und müssen durch ein Abkommen gerettet werden

von Sabine Brandes  28.04.2025