Sabine Brandes

Gold ja, Hochzeit nein

Sabine Brandes Foto: privat

Sabine Brandes

Gold ja, Hochzeit nein

Ehre für sein Land darf er bringen, ein bedeutendes Recht indes wird Artem Dolgopyat verwehrt

von Sabine Brandes  13.08.2021 06:47 Uhr

Es musste erst ein Goldjunge kommen, um das Thema auf die Titelseiten zu bringen. Dabei existiert das Problem bereits seit Gründung des Staates. Nun wird es wieder zur Schlagzeile und zum Politikum. Artem Dolgopyat, der bei den Olympischen Spielen in Tokio eine Goldmedaille im Bodenturnen holte, ist der »Stolz der Nation«.

Aber er wird offiziell nicht als Jude anerkannt. Der ukrainischstämmige Israeli wird mit Lob überschüttet. Ehre für sein Land darf er bringen, ein bedeutendes Recht indes wird ihm verwehrt. Denn Dolgopyat kann in seiner Heimat Israel nicht heiraten.

OBERRABBINAT Hier gilt: Nur wer als jüdisch beim ultraorthodoxen Oberrabbinat eingetragen ist, darf unter die Chuppa. Dass dessen Einschätzung manches Mal unverständlich ist, ist nicht erst seit Dolgopyat bekannt. Wer jetzt daran erinnert, dass andere Religionen auch nicht alle Paare verheiraten und auf die zivile Eheschließung verweisen, dem sei gesagt: Die gibt es in Israel nicht. Und zwar für niemanden.

Doch hier geht es um etwas ganz anderes: nämlich, welche Grundrechte ein jeder Staatsbürger Israels hat.

Jene, die sie wollen, müssen ins Ausland reisen. Egal ob jüdisch, christlich, sonstige oder gar keine Konfession, israelischer Pass oder nicht. Sogar wenn jemand in der IDF dient, sich in einer Kampfeinheit verpflichtet, Leib und Leben riskiert, hat er nicht unbedingt das Recht, den Segen für ein Leben mit seiner oder seinem Liebsten zu erhalten.

Egal wie groß die Errungenschaften einer Person für den jüdischen Staat sind: Entspricht er nicht den Standards der ultraorthodoxen Rabbiner, so wie Artem Dolgopyat, darf er nicht heiraten. Das ist das Gesetz. Dann bleibt nur, außerhalb der Grenzen Israels Hochzeit zu halten. Wegen der immensen Kosten tun dies die meisten ohne Familie und Freunde.

Die Frage »Wer ist Jude?« ist so alt wie die Religion selbst und definitiv nicht leicht zu beantworten. Doch hier geht es um etwas ganz anderes: nämlich, welche Grundrechte ein jeder Staatsbürger Israels hat – ob jüdisch oder nicht.

Die Autorin ist Korrespondentin in Tel Aviv.

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025

Meinung

Der Richtige zur richtigen Zeit

Die Geschichtsschreibung wird in 20 Jahren womöglich feststellen, dass Israels Premier Netanjahu das jüdische Volk vor einer erneuten Vernichtung gerade noch rechtzeitig bewahrt hat

von Helmut Kuhn  25.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Offener Brief

Sie stehen auf der falschen Seite, Herr Wermuth

Rabbiner Jehoschua Ahrens kritisiert Cédric Wermuth, Co-Präsident der Schweizer Sozialdemokraten, für seine Haltung zur Gaza-Demonstration am vergangenen Samstag in Bern

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  25.06.2025

Meinung

Iran: Was Deutschland jetzt tun muss

Nach den Luftschlägen gegen iranische Atomanlagen kann die Bundesrepublik nicht zu ihrer alten Iranpolitik zurückkehren. Sie muss Druck auf das Regime in Teheran ausüben

von Michael Spaney  25.06.2025

Meinung

Nichts als Fußball spielen!

Wie das Grümpelturnier von Maccabi Schweiz in Zürich für Ablenkung sorgt: Betrachtungen einer jüdischen Amateur-Fußballerin

von Nicole Dreyfus  24.06.2025

Meinung

Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass

Wenn wir Israel jetzt allein lassen, riskieren wir nicht nur dessen Zukunft, sondern auch unsere eigene, meint Oliver Rolofs

von Oliver Rolofs  24.06.2025

Meinung

Hamza Howidys Stimme braucht das Land

Dem Friedensaktivisten Hamza Howidy aus Gaza droht die Abschiebung nach Griechenland. Doch dort wäre er in Gefahr. Deutschland sollte dem Hamas-Gegner daher Schutz gewähren

von Sabine Brandes  24.06.2025