Ralf Balke

Berlin: Aus Prinzip entscheidungsschwach

Ralf Balke Foto: Marco Limberg

Abwarten und bloß keine Entscheidungen treffen – das scheint so etwas wie die Grundhaltung im Berliner Senat zu sein. So attestieren Experten dem Regierenden Bürgermeister Michael Müller durch die Bank ein katastrophales Krisenmanagement angesichts der Coronavirus-Pandemie. Viel zu lange hatte es gedauert, bis man sich zu einem Verbot von Großveranstaltungen durchringen konnte.

Auch Innensenator Andreas Geisel zögerte, als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn empfahl, dass es vielleicht eine sinnvolle Präventionsmaßnahme sei, alle Events mit mehr als 1000 Teilnehmern auf Eis zu legen. »Einfach so was in den Raum stellen, ist schwierig«, lautete sein Kommentar dazu. Erst als der Druck zu groß wurde, kam die Kehrtwende um 180 Grad. Viel zu spät, wie Gesundheitsfachleute betonen.

INNENSENATOR Auch bei einem ganz anderen Thema kann sich der Innensenator offensichtlich nicht zu einer Entscheidung aufraffen, und zwar zu einem Verbot des jährlichen Al-Quds-Marsches. »Wir arbeiten noch daran, so etwas in unserer Stadt unmöglich zu machen«, sagte er der Presse. Das war im Februar.

Dabei wäre es – Corona sei Dank – ein Leichtes, diesem Schaulaufen der Antisemiten nun ein Ende zu bereiten. Veranstaltungen wurden bereits gestrichen. Alle Paraden, Sportevents oder sonstigen Großereignisse dieses Jahr fallen aus – entweder, weil die Organisatoren die Reißleine ziehen oder aber die Bezirke Druck machen. Selbst der CSD wackelt, und der findet erst im Juli statt.

Der Hinweis auf die Coronavirus-Krise wäre ein wunderbares Verbotsargument für den Al-Quds-Marsch, dem sich niemand entziehen könnte.

Warum also soll das ausgerechnet beim Al-Quds-Tag nicht möglich sein? Der Hinweis auf die Coronavirus-Krise wäre ein wunderbares Verbotsargument, dem sich niemand entziehen könnte.

Aber dafür müssten Geisel & Co. erst einmal aktiv – quasi zum Jagen getragen – werden, wie es so schön heißt. Und genau das ist das Problem.

Der Autor ist Journalist in Tel Aviv und Berlin.

Meinung

Wir müssen auch im Krieg Widersprüche aushalten

Man kann die Angriffe auf Irans Atomprogramm richtig finden, ohne Israels Premier Netanjahu als Helden zu feiern oder das Leid der iranischen und palästinensischen Zivilbevölkerung zu übersehen

 27.06.2025

Meinung

Wenn Nächstenliebe zynisch wird

In einer Erklärung überzieht der Weltkirchenrat Israel mit Vorwürfen, erwähnt die Hamas aber mit keinem Wort. Eine Einseitigkeit, die zum Himmel schreit

von Tobias Kühn  26.06.2025

Meinung

Der Richtige zur richtigen Zeit

Die Geschichtsschreibung wird in 20 Jahren womöglich feststellen, dass Israels Premier Netanjahu das jüdische Volk vor einer erneuten Vernichtung gerade noch rechtzeitig bewahrt hat

von Helmut Kuhn  25.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Offener Brief

Sie stehen auf der falschen Seite, Herr Wermuth

Rabbiner Jehoschua Ahrens kritisiert Cédric Wermuth, Co-Präsident der Schweizer Sozialdemokraten, für seine Haltung zur Gaza-Demonstration am vergangenen Samstag in Bern

von Rabbiner Jehoschua Ahrens  25.06.2025

Meinung

Iran: Was Deutschland jetzt tun muss

Nach den Luftschlägen gegen iranische Atomanlagen kann die Bundesrepublik nicht zu ihrer alten Iranpolitik zurückkehren. Sie muss Druck auf das Regime in Teheran ausüben

von Michael Spaney  25.06.2025

Meinung

Nichts als Fußball spielen!

Wie das Grümpelturnier von Maccabi Schweiz in Zürich für Ablenkung sorgt: Betrachtungen einer jüdischen Amateur-Fußballerin

von Nicole Dreyfus  24.06.2025

Meinung

Europa fehlt bei seiner Iran-Politik der Kompass

Wenn wir Israel jetzt allein lassen, riskieren wir nicht nur dessen Zukunft, sondern auch unsere eigene, meint Oliver Rolofs

von Oliver Rolofs  24.06.2025

Meinung

Hamza Howidys Stimme braucht das Land

Dem Friedensaktivisten Hamza Howidy aus Gaza droht die Abschiebung nach Griechenland. Doch dort wäre er in Gefahr. Deutschland sollte dem Hamas-Gegner daher Schutz gewähren

von Sabine Brandes  24.06.2025