Meinung

Bedrohung in Basel

Foto: picture alliance/dpa

Meinung

Bedrohung in Basel

Esther Schapira findet es ungeheuerlich, dass im Jahr 2022 nicht öffentlich über Israel gesprochen werden kann

von Esther Schapira  26.08.2022 15:55 Uhr

Es war einer der wichtigsten Momente in der Geschichte des jüdischen Volkes: Vor genau 125 Jahren stellte Theodor Herzl auf dem Ersten Zionistenkongress in Basel seine Vision von einem eigenen jüdischen Staat vor. Das sollte nun in der beschaulichen Schweizer Stadt am Rhein gefeiert werden, mit Diskussionen, Vorträgen und ja, auch Streitgesprächen.

Doch trotz der ohnehin schon sehr hohen Sicherheitsvorkehrungen stand der Jubiläumskongress auf der Kippe: Die Polizei hatte konkrete Hinweise, dass unsere Sicherheit gefährdet sei, und so mussten Veranstaltungen im letzten Moment in andere Räumlichkeiten verlegt oder wie unsere Diskussion online und ganz ohne Publikum veranstaltet werden. Und wir wechselten vorsichtshalber das Hotel. Zu groß war die antisemitische Bedrohung.

125 Jahre nach dem Ersten Zionistenkongress zeigt sich erneut, wie wichtig Herzls Forderung nach einem jüdischen Staat war.

Herzls zionistische Vision entstand vor dem Hintergrund der Pogrome in Russland und der Affäre Dreyfus in Frankreich. Er wusste, dass Juden nicht sicher waren vor dem Antisemitismus. Sicher, so folgerte er, sind Juden nur in ihrem eigenen Staat. Als er über diese Utopie diskutieren wollte, mit Juden aus aller Welt, reagierte Basel völlig entspannt. 125 Jahre später werden Diskutanten bedroht, und es zeigt sich erneut, wie wichtig Herzls Forderung war.

Freiheit Juden wurden in Europa jahrtausendelang verfolgt, drangsaliert und ermordet. Dass wir nun im Jahr 2022, wohlgemerkt in der Schweiz, nicht mal mehr gefahrlos oder gar entspannt öffentlich über Israel sprechen können, ist ungeheuerlich. Es ist eine bittere Niederlage für die Freiheit – und ein Sieg für alle Hetzer.

Herzl forderte in seinem Buch Der Judenstaat, einem schmalen Band mit der »Durchschlagskraft eines stählernen Bolzens«, wie es Stefan Zweig nannte, endlich ein »Stück der Erdoberfläche«, wo das jüdische Volk friedlich und in Sicherheit leben kann. Frieden und Sicherheit sind auch in Israel noch immer ein ferner Traum, das Lebensgefühl aber ist ein gänzlich anderes. Was für mich Zionismus bedeute, fragte der Moderator zum Schluss: »Überleben – selbstbewusst und frei!«

Die Autorin ist Journalistin und Filmemacherin.

Meinung

Amichai Chikli: Ein Minister gegen die Diaspora

Statt die Beziehungen zu den Juden außerhalb Israels zu pflegen, gefährdet der Diasporaminister diese. Jüngstes Beispiel: Auf Einladung des Likud-Politikers besucht derzeit der britische Rechtsextremist Tommy Robinson den jüdischen Staat

von Ruben Gerczikow  16.10.2025

Kommentar

Europa ist im Nahen Osten bedeutungsloser denn je

Während die USA unter Präsident Donald Trump keinen Zweifel darüber haben aufkommen lassen, wo es steht, hat Europa komplett versagt

von Daniel Neumann  13.10.2025

Meinung

Jetzt kann das Herz heilen

In ganz Israel erhebt sich an diesem historischen Tag die Erleichterung wie ein kollektiver tiefer Atemzug – teils Seufzer, teils Schluchzen, teils freudiger Gesang

von Sabine Brandes  13.10.2025

Meinung

Neues Semester, alter Antisemitismus?

Seit zwei Jahren sind deutsche Hochschulen keine sicheren Orte mehr für jüdische Studierende. Es wird viel Mühe kosten, diese Entwicklung zurückzudrehen

von Ron Dekel  13.10.2025

Kommentar

Kein Wunder in Bern

Bei gewaltbereiten Demonstrationen in der Schweizer Bundeshauptstadt hat sich ein Teil der Palästina-Solidarität einmal mehr selbst entlarvt: Es ging nie darum, das Leid im Gazastreifen zu beenden oder einen angeblichen Genozid zu stoppen

 12.10.2025

Kommentar

Deutschland braucht Israels Geheimdienste, Herr Wadephul

Der Außenminister behauptet in einem Interview, die Bundesregierung sei nicht auf Erkenntnisse israelischer Spionagedienste angewiesen. Mit dieser Falschaussage riskiert er das Leben vieler Menschen in Europa

von Remko Leemhuis  11.10.2025 Aktualisiert

Meinung

Warum die Netanjahu-Hasser die ganze Zeit falsch lagen

Wir sollten jenen danken, die eine Rückkehr der restlichen Hamas-Geiseln ermöglicht haben – egal wie unpopulär dies im Fall des israelischen Ministerpräsidenten sein mag

von Imanuel Marcus  10.10.2025

Meinung

Das peinliche Schweigen der Linkspartei zu Trumps Gazadeal

Die Reaktion der Linken auf das absehbare Ende des Kriegs ist ein Offenbarungseid. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Partei den Konflikt mehr braucht als den Frieden

von Jessica Ramczik  10.10.2025

Meinung

Außen hui, innen pfui: Trumps Umgang mit den Juden

Während sich der US-Präsident um die Juden in Israel verdient macht, leidet die jüdische Gemeinschaft im eigenen Land unter seiner autoritären Innenpolitik. Das sollte bei aller Euphorie über den Gaza-Deal nicht vergessen werden

von Joshua Schultheis  09.10.2025