Noah Gordon

Trauer um den Medicus

Bestseller-Autor Noah Gordon Foto: imago/Marius Schwarz

Manche Schriftsteller tauchen besonders intensiv in die Materie ein, über die sie schreiben wollen. »Medicus«-Autor Noah Gordon ist ein Beispiel dafür. Am Dienstag ist der Autor kurz nach seinem 95. Geburtstag gestorben, wie seine Familie nun mitteilte.

Geboren 1926 in Worcester, Massachusetts, sollte Gordon eigentlich Medizin studieren und Arzt werden. So wollten es seine Eltern, denn damit wäre er finanziell abgesichert gewesen. Gordon folgte zunächst ihrem Wunsch. Das kostete ihn wenig Überwindung, sein ausgeprägtes Interesse an Naturwissenschaften hielt bis zuletzt an. Größer allerdings war seine Liebe zur Literatur und zum Journalismus.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Journalistik Gordon verband seine Interessen auf produktive Weise miteinander: Nach einem Journalistikstudium arbeitete er als Lektoratsassistent in mehreren New Yorker Verlagen. Vor allem aber schrieb er als Wissenschaftsjournalist für den »Boston Herald«. Zu seinen Aufgaben gehörten dabei auch Berichte über die großen Krankenhäuser und Forschungslabors in Boston.

Um seine im Krankenhaus-Milieu angesiedelten Romane möglichst authentisch schreiben zu können, ließ er sich sogar zum chirurgischen Techniker ausbilden. Später kam noch eine Ausbildung als Notfallassistent hinzu. Inzwischen war er mit seiner Familie aufs Land gezogen und arbeitete für den chirurgischen Notdienst. Dadurch kam er in Berührung mit Notfällen auf den umliegenden Farmen - eine wertvolle Quelle für seine historischen Romane.

Romane zu schreiben war der Traum des Journalisten Gordon - aber er tat sich schwer damit. Er leide am Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS), sagte er einmal in einem »Stern«-Interview. Für ihn sei es eine gewaltige Anstrengung, sich über einen langen Zeitraum auf ein Thema zu konzentrieren. Durchschnittlich vier Jahre arbeitete Gordon an einem Roman, allein für die Recherche benötigte er ein ganzes Jahr.

Und doch gehörte Durchhaltevermögen offensichtlich zu seinen Stärken: Gleich sein erster Roman, »Der Rabbi« schaffte es in die Bestsellerlisten. Die nächsten drei floppten - Gordon machte trotzdem weiter. »Der Rabbi« erschien 1967 in Deutschland. Darin thematisiert er die Liebe, aber auch die Konflikte, denen die Ehe eines Rabbiners mit einer Christin ausgesetzt sind. Gordon ist selbst Jude - und seine Religion einer der roten Fäden, die sich durch seine Romane ziehen.

Das gilt auch für die »Medicus«-Trilogie, mit der er in Deutschland bekannt wurde. 1987 erschien der erste Band »Der Medicus« in deutscher Übersetzung. Rob Cole, Stammvater einer Ärztedynastie und mit besonderem Einfühlungsvermögen begabt, reist darin im 11. Jahrhundert bis nach Persien, um dort die Geheimnisse der Heilkunst zu erlernen.

Faktenwissen Die Mischung aus Spannung, farbigem, historischem Hintergrund und Faktenwissen erreichte in Deutschland ein Millionenpublikum. »Wahrscheinlich hat kein anderes Werk das Bild der Deutschen vom hohen Mittelalter so nachhaltig geprägt wie dieses«, schrieb etwa »Die Welt«. In Spanien ist Gordon geradezu ein Kultautor. Zwei weitere Romane, »Der Medicus von Saragossa« und »Der Katalane«, sind hier angesiedelt.

Der Erfolg in Europa wirkte auf den amerikanischen Buchmarkt zurück, trotzdem war »Der Medicus« in den USA weit weniger erfolgreich. Die beiden Folgeromane »Der Schamane« (1992) und »Die Erben des Medicus« (1995) fallen gegenüber dem ersten Band ab, wurden in Deutschland aber trotzdem in großer Zahl gekauft. Schließlich wollten die Leser wissen, wie es mit den Coles weiterging.

2013 kam die Verfilmung in die Kinos, auch sie wurde zum Welterfolg. Fans und Autor hatten lange darauf gewartet, aber anfangs haderte Gordon mit der stark gekürzten und veränderten Drehbuchfassung. Inzwischen gibt es den »Medicus« auch als Musical.

Zuletzt lebte Gordon in einer Seniorenresidenz, wo er sich um die von ihm und seiner Frau gestiftete Bibliothek kümmerte. Seinen letzten Geburtstag am 11. November habe er mit viel Freude gefeiert, heißt es auf seiner Homepage: »dankbar für das lange und ereignisreiche Leben, das er geführt hat«.

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  06.09.2025 Aktualisiert

Essay

Das Gerücht über Israel

Die Geschichte des Antisemitismus ist eine Geschichte der Lüge. Was früher dem Juden als Individuum unterstellt wurde, wird nun Israel als Nation vorgeworfen

von Daniel Neumann  06.09.2025 Aktualisiert

Schweden

Jazz-Musiker David Hermlin wirft Festival Cancelling vor

Der Musiker habe auf einem Swing-Festival propalästinensischen Aktivisten Fragen gestellt. Plötzlich sei ihm »Einschüchterung« vorgeworfen worden

 05.09.2025

TV-Tipp

Über 100 Jahre alt - und immer noch prägend - In einer Arte-Doku machen fünf Frauen ein Jahrhundert lebendig

Arte begleitet fünf Frauen, die über 100 Jahre alt sind. Sie alle haben mit außergewöhnlicher Willenskraft auf ihre jeweilige Weise Großes geleistet. Ihre Lebenswege führen von Atatürk bis zur kubanischen Revolution

von Esther Buss  05.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert

Kolumne

Hoffnung als portatives Vaterland

Ein Trost trotz Krieg und viel zu vielen Toten: Mitten in Stockholm spielt ein mutiger Musiker die Hatikwa, die israelische Nationalhymne

von Ayala Goldmann  05.09.2025

Berlin

Festival erinnert an Hans Rosenthal

Der jüdische Entertainer wurde vor 100 Jahren geboren. Ein Event stellt den Moderator, der schon in jungen Jahren beim Radio von sich reden machte, in den Mittelpunkt

 05.09.2025

Ferdinand von Schirach

»Sie werden von mir kein Wort gegen Israel hören«

Der Jurist und Schriftsteller war zu Gast bei Markus Lanz - es war eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Sendung

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025

Chemnitz

Kunstfestival: Beauftragter hält einige Werke für judenfeindlich

Thomas Feist warf einigen Beteiligten »die Übernahme von ›Fakten‹ vor, die nichts als Übernahme von Hamas-Propaganda sind«

 04.09.2025