Auszeichnung

Mit Herz und Verstand

Henryk M. Broder hat am Montagabend in Berlin den Scopus Award der Hebräischen Universität Jerusalem erhalten. »Er wird mit diesem Preis für seinen mutigen Einsatz für Humanismus und Toleranz geehrt«, sagte Günter Stock vom Freundeskreis der Hebräischen Universität in Deutschland. Stock hob zudem Broders Streitlust und sein engagiertes Eintreten für Israel hervor.

In seinem Grußwort lobte Springer-CEO Mathias Döpfner den Geehrten als einen seiner »absoluten Lieblingsautoren« – und fügte rasch hinzu: »Auch wenn man das als Verleger genauso wenig sagen sollte wie als Vater, dass man ein Lieblingskind hat.« Döpfner charakterisierte Broder als einen Autor, der nicht vor unbequemen Wahrheiten zurückschrecke. »Was in Zeiten der Political Correctness noch wichtiger als ohnehin schon ist.« Es gelte in Deutschland nach wie vor der Satz von Kurt Tucholsky: »Derjenige, der auf den Schmutz hinweist, gilt für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.«

linke Die Laudatio auf Henryk M. Broder hielt der niederländische Schriftsteller Leon de Winter (Hoffmans Hunger, Das Recht auf Rückkehr). Er berichtete davon, wie er vor über 30 Jahren Broders Buch Der ewige Antisemit gelesen hatte – und wie stark ihn die Ausführungen über linken Antisemitismus beeindruckten. »Vor der Lektüre hatte ich selbst noch mit meinem eigenen linken Background zu kämpfen. Danach nicht mehr«, sagte de Winter. »Henryks Artikel sind dank seines beißenden Sarkasmus ein reines Vergnügen und im Vergleich zu vielen seiner Kollegen präzise und eindeutig.«

In seiner Dankesrede erklärte Broder, was ihn unter anderem mit de Winter verbinde: das Leben als Jude und das Schreiben über Juden. »Ich bin Jude, also schreibe ich über Juden. Wäre ich ein Pferd, würde ich über Pferde schreiben«, zitierte Broder eine Interviewaussage von de Winter.

An einer anderen Stelle der Rede sagte Broder, dass er sich zu Beginn seiner Karriere vor 50 Jahren niemals eine solche Auszeichnung hätte vorstellen können. An »Welt«-Herausgeber Stefan Aust gerichtet, sagte er schmunzelnd: »Hier sieht es schon ein bisschen anders aus als früher bei den St.-Pauli-Nachrichten, oder?« Bei dem Männermagazin waren Broder und Aust in den 70er-Jahren Redakteure.

Flüchtlinge Seit dieser Zeit habe sich an seinen Interessen nichts geändert, führte Broder aus. »Das Einzige, was mich wirklich interessiert, ist das Schreiben. Wenn ich nicht schreibe, lese ich, und wenn ich nicht lese, schlafe ich, um mich vom Schreiben und Lesen zu erholen. Früher hat man so etwas vermutlich einen Partial-Idioten genannt, heute nennt man das wohl politisch korrekt ›Inselbegabung‹.«

Broder betonte auch, dass der Antisemitismus in der muslimischen Gemeinschaft und unter Flüchtlingen gegenwärtig so tabuisiert werde wie damals der linke Judenhass. »Wer angesichts der Flüchtlingskrise kein Mitleid empfindet, der hat kein Herz«, schrieb Broder jüngst. »Wer aber nur Mitleid empfindet, der hat keinen Verstand.« Es sind kluge Sätze wie diese, für die Broder an diesem Abend ebenfalls geehrt wurde.

An der Preisverleihung im Axel-Springer-Haus in Berlin nahmen unter anderem der frühere Bundespräsident Joachim Gauck, die Verlegerin Friede Springer, der Publizist Hamed Abdel-Samad, Israels Botschafter Jeremy Issacharoff, »Welt«-Chefredakteur Ulf Poschardt und die Schriftstellerin Monika Maron teil.
Benannt ist die Auszeichnung nach dem Scopusberg, dem Gründungsort der Hebräischen Universität Jerusalem.

Ideale Die Ehrung ist die höchste Würdigung, den die Freundeskreise der Universität vergeben. Er wird an Personen oder Institutionen verliehen, die sich um die Ideale der Universität – Humanismus, Toleranz und herausragende Leistungen – verdient gemacht haben.

Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem Frank Sinatra, Elie Wiesel, Liz und Brigitte Mohn, Charlotte Knobloch sowie Zubin Mehta. ppe

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025

Feiertage

Weihnachten mit von Juden geschriebenen Liedern

Auch Juden tragen zu christlichen Feiertagstraditionen bei: Sie schreiben und singen Weihnachtslieder

von Imanuel Marcus  14.12.2025

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

von Christiane Oelrich  12.12.2025

Computerspiel

Lenny Kravitz wird James-Bond-Bösewicht

Als fieser Schurke will der Musiker im kommenden Jahr dem Agenten 007 das Leben schwer machen – allerdings nicht auf der Kinoleinwand

 12.12.2025

Berlin

Jüdisches Museum bekommt zusätzliche Förderung

Das Jüdische Museum in Berlin gehört zu den Publikumsmagneten. Im kommenden Jahr feiert es sein 25. Jubiläum und bekommt dafür zusätzliche Mittel vom Bund

 12.12.2025

Aufgegabelt

Latkes aus Dillgürkchen

Rezepte und Leckeres

 12.12.2025

Kulturkolumne

Lieber Chanukka als Weihnachtsstress?

Warum Juden es auch nicht besser haben – was sich spätestens an Pessach zeigen wird

von Maria Ossowski  12.12.2025

Kommerz

Geld oder Schokolade?

Der Brauch, an den Feiertagen um Münzen zu spielen, hat wenig mit den Makkabäern oder dem traditionellen Chanukkagelt zu tun. Der Ursprung liegt woanders

von Ayala Goldmann  12.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Singend durch Paris oder Warum unser Chanukka-Song der beste ist

von Nicole Dreyfus  12.12.2025