Judenhass

Interims-Geschäftsführer sieht documenta auf gutem Kurs

Alexander Farenholtz Foto: imago stock&people

Judenhass

Interims-Geschäftsführer sieht documenta auf gutem Kurs

Alexander Farenholtz soll die documenta nach den Antisemitismus-Eklats wieder auf Kurs bringen. Eine Prüfung der verbliebenen Kunstwerke werde es aber nicht geben, betont der Kulturmanager

 25.07.2022 07:24 Uhr

Seit ihrer Eröffnung Mitte Juni wird die documenta fifteen von diversen Antisemitismus-Skandals überschattet. Alexander Farenholtz, der nach dem Rücktritt der Generaldirektorin Sabine Schormann übergangsweise die Geschäfte der documenta gGmbH führt, sieht die Weltkunstausstellung auf einem guten Weg.

»Ich zweifle keine Sekunde daran, dass die Schau bis zum Ende ihrer Laufzeit fortgesetzt wird«, sagte der Kulturmanager nun in Kassel. Allein der Besuchererfolg zeige, dass ein Abbruch keine Option sei. »Die Zahlen sind sehr gut, die Stimmung auch. Ich glaube, dass die documenta als Ausstellung auf einem hervorragenden Kurs ist«, betonte Farenholtz.

Auf der documenta, die neben der Biennale in Venedig als wichtigste Ausstellung für Gegenwartskunst gilt, war kurz nach ihrem Beginn ein massiv antisemitsches Gemälde entdeckt und abgebaut worden. Bereits Monate zuvor waren Antisemitismus-Vorwürfe gegen das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa laut geworden. Jüdische Künstler aus Israel wurden bewusst nicht eingeladen.

Nach einem Beschluss des Aufsichtsrates um den Vorsitzenden, Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), und seine Stellvertreterin, Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne), soll die Ausstellung nun grundlegend reformiert werden. Dabei sollen externe Experten helfen.

Das Banner habe zu tiefgreifenden Verwerfungen geführt, sagte Farenholtz am Freitag. Er hoffe, nach den Konsequenzen, die der Aufsichtsrat nun gezogen habe, lasse sich die Ausstellung in ruhigere Bahnen leiten.

Der 68-Jährige, der von 1989 bis 1993 schon einmal die Geschäftsführung der documenta innehatte, betonte, dass es keine Prüfung der verbliebenen Kunstwerke geben werde: »Unter keinen Umständen darf der Eindruck entstehen, dass durch die fachwissenschaftliche Begleitung eine Kontrollinstanz eingeführt wird.«

Das Gremium werde vielmehr Empfehlungen und Ratschläge aussprechen. Es sei an den Kuratoren, in welcher Weise sie davon Gebrauch machen wollten. »Es ist ein Beratungsangebot für die Kuratoren. Es ist keine Einschränkung der kuratorischen Freiheit«, erklärte Farenholtz. Diese sei unbestritten. Bei als kritisch geltenden Werken könne das Kuratorenteam Vorschläge für eine Kontextualisierung von den Experten erbitten. »Aber auch das liegt im Ermessen der Kuratoren.«

Berufen werde das fachwissenschaftliche Gremium von der Stadt Kassel und dem Land Hessen als Gesellschaftern der documenta. Hessens Kunstministerin Angela Dorn (Grüne) und Kassels Kulturdezernentin Susanne Völker wählen Farenholtz zufolge aktuell die Mitglieder des Gremiums aus und rechnen in den kommenden zwei Wochen mit einem Ergebnis.

Die documenta gGmbH sei dabei zunächst nicht unmittelbar involviert. »Das ist wichtig, denn das reflektiert den Umstand, dass die Problematik einen so weitreichenden gesellschaftlichen Stellenwert hat, dass sie nicht in einem Zeitraum von 100 Tagen im Rahmen einer Kunstausstellung abzuarbeiten ist«, erläuterte Farenholtz.

»Die zu behandelnden Themen reichen sowohl inhaltlich als auch zeitlich weit über die documenta fifteen hinaus.« Daher seien sie richtigerweise bei politischen Entscheidungsträgern anzusiedeln, die über den Zeitraum der documenta hinaus handlungsfähig seien.

Seine Rolle, sagt der 68-Jährige, der von 2002 bis zum Erreichen der Altersgrenze im Januar 2020 Verwaltungsdirektor der Kulturstiftung des Bundes war, gleiche ein wenig der eines eingewechselten Fußballtrainers. »Wenn es beim Fußball einen Trainerwechsel gibt, hat man es oft einfach nur mit einem neuen Temperament zu tun. Und das kann ja vielleicht manchmal auch dazu beitragen, die Situation ein wenig zu beruhigen.«

Die documenta gehört für ihn auch weiterhin nach Kassel. »Das besondere an der documenta ist ja, dass sie die ganze Stadt auf den Kopf stellt. Das würde sie in Berlin, Budapest, Paris oder London nicht.« dpa

Österreich

Neue Direktorin für das Jüdische Museum Hohenems

Historikerin Irene Aue-Ben-David übernimmt die Leitung und bringt internationale Erfahrung aus Jerusalem mit

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Basel

Mann wollte Juden während des ESC angreifen

Kurz vor dem »Eurovision Song Contest« in der Schweiz wurde ein 25-Jähriger wegen konkreter Gewaltdrohungen festgenommen und ausgewiesen

von Nicole Dreyfus  16.12.2025

Berlin

Umstrittene 88: Der schwierige Umgang mit rechten Codes

Im Berliner Fußball sorgt die Debatte um die Rückennummer 88 und dem Hitler-Bezug für Kontroversen. Warum das Verbot erneut scheiterte und wie der Fußball insgesamt mit rechtsextremen Codes umgeht

von David Langenbein, Gerald Fritsche, Jana Glose  16.12.2025

Wien

ESC 2026: ORF will israelfeindliche Proteste nicht ausblenden

Die Debatte und der Boykott einzelner Länder wegen der Teilnahme Israels haben den ESC 2026 bisher überschattet. Auch beim Event im Mai selbst drohen Proteste. Wie geht der ORF damit um?

 16.12.2025

Washington D.C.

Trump sorgt mit Angriffen auf ermordeten Rob Reiner für Empörung

Der jüdische Regisseur sei an einem »Trump-Verblendungssyndrom« gestorben, schreibt der Präsident. Dafür erntet er seltene Kritik aus den eigenen Reihen

 16.12.2025

Nachruf

Filmproduzent mit Werten

Respektvoll, geduldig, präzise: eine Würdigung des sechsfachen Oscar-Preisträgers Arthur Cohn

von Pierre Rothschild  15.12.2025

Meinung

Xavier Naidoos antisemitische Aussagen? Haken dran!

Der Mannheimer Sänger füllt wieder Konzertsäle. Seine Verschwörungserzählungen über Juden und holocaustrelativierenden Thesen scheinen kaum noch jemanden zu stören

von Ralf Fischer  15.12.2025

Los Angeles

Bestürzung über Tod von Rob Reiner und Ehefrau Michele

Der jüdische Regisseur und seine Frau wurden tot in ihrem Haus aufgefunden. Die Polizei behandelt den Fall als mögliches Tötungsdelikt

 15.12.2025

Justiz

Gericht: Melanie Müller zeigte mehrmals den Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was im Berufungsverfahren zur Debatte steht

von André Jahnke  14.12.2025