Es war Donnerstag, der 9. Oktober 2025, kurz vor halb sieben Uhr morgens und noch herbstlich dunkel draußen. Ich wollte meinen Mann nicht wecken, der länger schlafen konnte, und hatte mich möglichst lautlos fertig gemacht, um zur Arbeit zu gehen.
Doch als ich im Flur gewohnheitsmäßig einen Blick auf die israelischen Nachrichten auf meinem Mobiltelefon warf, musste ich das erste Mal seit zwei Jahren lächeln. Ein leichtes Lächeln natürlich nur, denn die Hoffnung der Menschen, die sich um die Geiseln in Gaza sorgen, die ein Ende des Krieges und des Leids herbeisehnen, wurde in den vergangenen Monaten immer wieder bis zum Bersten strapaziert.
In meinem Kopf begann es, leise zu summen: »Die Geiseln kommen nach Hause. Sie kommen endlich nach Hause, vielleicht schon am Wochenende.« Das Summen wurde lauter. Und ich weckte meinen Mann, damit auch er lächeln konnte.
Es gab jedoch Menschen, die sich aus gutem Grund nicht trauten, zu lächeln, die sagten: »Ich glaube es erst, wenn es passiert.« Diese Antwort bekam ich vier Mal an diesem Tag, und ich wusste, dass sie recht haben. Andererseits hat meine beste Freundin in Tel Aviv am Telefon an diesem Morgen nur noch geweint, und sie ist einer der zynischsten Menschen, die ich kenne.
Ich wollte hoffen, mehr noch als sonst, was vielleicht auch mit dem Urlaub zusammenhing, aus dem wir am Vorabend zurückgekehrt waren. Der Abstand hatte offensichtlich meine Reserven gefüllt. Und so konnte ich lächeln. So wie meine Freundin endlich weinen konnte. Und so begann vielleicht die Heilung, die wir alle zum Weiterleben brauchen.
Niemand weiß, was nach dem Ende des Krieges passieren wird, wie es den Geiseln wirklich geht, ob Frieden wirklich möglich ist.
Niemand weiß, was nach dem Ende des Krieges passieren wird, wie es den Geiseln wirklich geht, ob Frieden wirklich möglich ist. Plötzlich hatte ich die Worte einer christlichen Amerikanerin im Kopf: »Die Hoffnung ist das Ding mit Federn / das in der Seele sich verbirgt / und Weisen ohne Worte singt / und niemals müde wird / Am süßesten klingt es in den Böen / und schrecklich muss der Sturm sein / der das Vögelchen erschrecken könnte / das so viel Wärme schenkt«, komponierte Emily Dickinson Ende des 19. Jahrhunderts ihr berühmtestes Gedicht, und ich höre und verstehe sie über die Zeiten hinweg.
So wie den großartigen, leider verstorbenen Rabbi Jonathan Sacks: »Die Hoffnung ist einer der größten Beiträge des Judentums zur westlichen Zivilisation, weshalb ich das Judentum als ›Stimme der Hoffnung im Dialog der Menschheit‹ bezeichne.« In derselben Abhandlung zitiert er den US-Soziologen Peter Berger mit den Worten: »Der Mensch existiert, indem er sein Sein ständig in die Zukunft ausdehnt, sowohl in seinem Bewusstsein als auch in seinem Handeln. Eine wesentliche Dimension dieser ›Zukunftsorientierung‹ des Menschen ist die Hoffnung. Durch die Hoffnung überwinden die Menschen die Schwierigkeiten des Hier und Jetzt. Und durch die Hoffnung finden sie einen Sinn angesichts extremen Leidens.«
Wer hätte in den letzten Tagen und Monaten dieser vergangenen zwei Jahre noch zu hoffen gewagt, dass ein Tag wie der 9. Oktober 2025 mit einem Lächeln beginnen könnte? Nun war es so weit. Ein Schritt nach vorn schien endlich möglich, in Richtung Leben, immer dem Ding mit Federn nach.