Ausstellung

Dunkelkammer des Dichters

In der Dunkelkammer des Schreibens. Übergänge zwischen Text, Bild und Denken.» Glücklicherweise präsentiert sich die von Péter Nádas selbst eingerichtete Ausstellung im Kunsthaus Zug mit dem ebenso philosophisch-verrätselnden wie poetisch-verführerischen Titel nicht so erdrückend wie die monumentalen Romane, mit denen sich der Schriftsteller, der ursprünglich Fotograf war, im deutschen Sprachraum einen Namen gemacht hat: Buch der Erinnerung und insbesondere Parallelgeschichten, dessen deutsche Übersetzung im Februar erschienen ist und von dem das Begleitbuch zur Ausstellung vorsichtshalber warnt, es sei ein «zumindest vorerst nicht auslotbares Werk».

vielschichtig Ganz anders die Ausstellung. Sie gibt sich aufgeräumt, präsentiert die Fülle von Material ordentlich gruppiert. Was dazu führt – und das macht die Sache letztlich doch vielschichtig und komplex –, dass die Schau eigentlich aus drei Ausstellungen besteht, die sich wiederum jeweils aus verschiedenen kleinen Präsentationen zusammensetzen.

Die schriftstellerische Arbeit von Nádas dokumentieren Notizen, Manuskripte und Bildvorlagen, ausgebreitet auf zwei als überdimensionierte Schreibtische gestalteten Vitrinen. Vor allem aber wird eine Auswahl seiner Fotos gezeigt, Porträts etwa, Aufnahmen des städtischen und ländlichen Lebens in Ungarn, Bilder von Bäumen sowie Kompositionen aus Licht und Schatten. Ihnen vorangestellt sind Werke der frühen ungarische Moderne, Experimente der 60er-Jahre und ungarische Fotografie seit dem Ersten Weltkrieg, darunter bekannte Namen wie Brassaï (eigentlich Gyula Halász), André Kertész oder Robert Capa, die den heimatlichen künstlerischen Kontext von Nádas aufzeigen.

tod Die im Untertitel der Schau avisierten Übergänge zwischen Text, Bild und Denken, aber auch zwischen Buch und Ausstellung demonstriert exemplarisch eine Serie von über 500 Polaroid-Aufnahmen eines Baums, die im Zusammenhang mit dem autobiografischen Text Der eigene Tod entstanden ist. Im Buch selbst ist jeweils das Bild eines Baums auf der einen Seite dem Text auf der anderen Seite gegenüber- oder entgegengestellt. Doch für Nádas besteht das Buch eigentlich aus dem Raum dazwischen, dem unbedruckten, weißen Abstand zum Buchfalz, dem Nichts oder der Leere, jedenfalls dem, was weder mit einem Bild noch der Sprache ausgedrückt werden kann.

Der Nimbus-Verlag, der das Begleitbuch zur Ausstellung herausgegeben hat, veröffentlicht gleichzeitig eine Kassette mit den Fotobänden Schattengeschichte und Lichtgeschichte sowie dem Essayband Arbor mundi. Anlass ist der 70. Geburtstag von Nádas, der am 14. Oktober 1942 in Budapest geboren wurde. Das Museum hatte ein anderes Motiv, die Ausstellung auszurichten. Das Projekt kam zustande, nachdem 2009 die Dialog-Werkstatt Zug ein Stipendium an Christina Viragh für ihre preisgekrönte Übersetzung der Parallelgeschichten vergab.

Offen bleibt, ob die Exkurse über ungarische Kunst und Fotografie, abgesehen davon, dass sie Gelegenheit bieten, Nádas auch als versierten Kunstvermittler mit großem Fachwissen vorzustellen, dazu angelegt sind, dem Schriftsteller seinen Platz in der Geschichte der Kunst beziehungsweise Fotografie zu sichern, oder ob es sich hauptsächlich um PR für die Galerie und die Budapester Filiale der Kette der Ludwig-Museen handelt, von denen zahlreiche Leihgaben stammen.

Péter Nádas: In der Dunkelkammer des Schreibens. Übergänge zwischen Text, Bild und Denken. Kunsthaus Zug, bis 25. November

www. kunsthauszug.ch

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Glosse

Der Rest der Welt

Ab jetzt nur noch mit Print-Abo oder Es gibt viele Gründe, auf 2026 anzustoßen

von Katrin Richter  20.12.2025

Gastbeitrag

Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum schweigt ihr?

Jan Grabowski fragt die deutschen Historiker, warum sie es unwidersprochen stehen lassen, wenn ein Holocaust-Experte für seine Forschungsarbeit diskreditiert wird

von Jan Grabowski  19.12.2025

Film

Spannend, sinnlich, anspruchsvoll: »Der Medicus 2«

Wieder hat sich Regisseur Philipp Stölzl kräftig vom Bestseller-Autor Noah Gordon anregen lassen

von Peter Claus  19.12.2025

Musik

Louis-Lewandowski-Festival hat begonnen

Der Komponist Louis Lewandowski hat im 19. Jahrhundert die jüdische Synagogenmusik reformiert. Daran erinnert bis Sonntag auch dieses Jahr ein kleines Festival

 18.12.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Bettina Piper, Imanuel Marcus  18.12.2025

Ausstellung

Pigmente und Weltbilder

Mit »Schwarze Juden, Weiße Juden« stellt das Jüdische Museum Wien rassistische und antirassistische Stereotype gleichermaßen infrage

von Tobias Kühn  18.12.2025

Kulturkolumne

Vom Nova-Festival zum Bondi Beach

Warum ich keine Gewaltszenen auf Instagram teile, sondern Posts von israelischen Künstlern oder Illustratorinnen

von Laura Cazés  18.12.2025

Neuerscheinung

Mit Emre und Marie Chanukka feiern

Ein Pixi-Buch erzählt von einem jüdischen Jungen, der durch religiöse Feiertage Verständnis und Offenheit lernt

von Nicole Dreyfus  18.12.2025