Meinung

Dumm und dümmer

Wenn man etwas besonders Dummes hören will, sagte Marcel Reich-Ranicki einmal im Gespräch mit dieser Zeitung, müsse man einen Schriftsteller nur nach seiner politischen Meinung fragen.

Spätestens seit dieser Woche wissen wir: Wenn man etwas ganz besonders Ekelhaftes und Menschenverachtendes hören will, muss man einen deutschen Rapper oft nur nach seiner Meinung zu Juden und Auschwitz fragen.

AUSCHWITZ Genau zu diesen Themen hat der hessische Battle-Rapper Kollegah, der mit bürgerlichem Namen Felix Blume heißt und als 15-Jähriger zum Islam konvertierte, eine klare Meinung. Auf seinem neuen Album Jung, brutal, gutaussehend 3 kamen er und sein Co-Rapper Farid Bang auf die glorreiche Idee, sich über das Leiden von Juden im Konzentrationslager Auschwitz lustig zu machen.

Jüdische Verbände und Schoa-Überlebende sind zu Recht entsetzt.

Jüdische Verbände und Schoa-Überlebende sind zu Recht entsetzt und protestieren gegen die Textzeile »Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen«.

Kein Einzelfall: Auf anderen Alben von Kollegah finden sich Zeilen wie »Mache Asche wie’n KZ-Ofen«, »Es ist die Endlösung der Rapperfrage: Kugeln ins Gesicht« und »Ich leih dir Geld, doch nie ohne ’nen jüdischen Zinssatz«.

ANTISEMIT Konfrontiert mit seiner Aussage, wiegelt Kollegah ab. Ein Antisemit will er nicht sein. Judenfeindliche Vorurteile? Nicht doch! »Hip-Hop ist so weit von Rassismus entfernt wie keine andere Kultur«, erklärt der Rapper nun in einem Video, das er auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat.

Es ist eine Zeichnung, die dem »Stürmer« alle Ehre gemacht hätte.

Doch während Kollegah in dem Video spricht, wird im Hintergrund eine antisemitische Karikatur eingeblendet, in der Männer mit Hakennasen und Kippot zu sehen sind. »Wer hat wirklich die Macht?« ist über dem Bild zu lesen. Es ist eine Zeichnung, die dem »Stürmer« alle Ehre gemacht hätte. Aber auch hier wehrt Kollegah ab: Er habe von der Karikatur nichts gewusst und distanziere sich von ihr.

Anstatt diese Musik zu ignorieren oder gar zu verurteilen, will der renommierte Musikpreis ECHO diesen geballten antisemitischen Hass nun womöglich auch noch eine Auszeichnung verleihen. Kollegah und Farid Bang sind für den ECHO 2018 in der Kategorie »Album des Jahres« nominiert! Verliehen wird die Trophäe am 12. April.

ETHIKBEIRAT Einen Preis für antisemitischen Hass und Menschenfeindlichkeit? Nachdem sich das Internationale Auschwitz-Komitee über die Nominierung beschwert hatte, kündigte der ECHO an, dass der Ethikbeirat des Preises die betreffenden Zeilen prüfen werde.

Einen Preis für antisemitischen Hass und Menschenfeindlichkeit?

Auf Anfrage sagte die ECHO-Geschäftsführerin Rebecka Heinz zu der Nominierung der Rapper: »Die Sprache des Battle-Rap ist hart, und verbale Provokationen sind ein typisches Stilmittel. Die Kunst- und Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut.«

Es ist richtig: Solange eine Textzeile nicht justiziabel ist, ist sie – auch wenn sie noch so falsch oder niederträchtig erscheint – von der Kunstfreiheit gedeckt. Doch eine Textzeile wie die von Kollegah auch noch mit einem der wichtigsten Musikpreise zu würdigen, ist eine andere Sache.

Wenn sich der ECHO nicht an der entwürdigenden Leichenfledderei und der Verbreitung antisemitischer Stimmungen der beiden Rapper beteiligen will, muss der Ethikbeirat jetzt handeln. Zu spät dafür ist es noch nicht. Es wäre ein wichtiges und notwendiges Signal.

Fernsehen

»Mord auf dem Inka-Pfad«: War der israelische Ehemann der Täter?

Es ist einer der ungewöhnlichsten Fälle der deutschen Kriminalgeschichte. Die ARD packt das Geschehen nun in einen sehenswerten True-Crime-Vierteiler

von Ute Wessels  01.05.2025

Geheimnisse & Geständnisse

Plotkes

Klatsch und Tratsch aus der jüdischen Welt

von Katrin Richter  01.05.2025

Donna Anna (Adela Zaharia) und Don Ottavio (Agustín Gómez) in »Don Giovanni/Requiem«

Oper

Requiem nach der Höllenfahrt

Der Exilrusse Kirill Serebrennikov erschüttert mit »Don Giovanni« in Berlin

von Maria Ossowski  01.05.2025

Sehen!

»Der Meister und Margarita«

In Russland war sie ein großer Erfolg – jetzt läuft Michael Lockshins Literaturverfllmung auch in Deutschland an

von Barbara Schweizerhof  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

Medien

Leon de Winter wird Kolumnist bei der »Welt«

Bekannt wurde er vor mehr als 30 Jahren mit Romanen wie »Hoffmanns Hunger«. Jetzt will der niederländische Autor Leon de Winter in Deutschland vermehrt als Kolumnist von sich hören lassen

von Christoph Driessen  29.04.2025

Fernsehen

»Persischstunden«: Wie eine erfundene Sprache einen Juden rettet

Das Drama auf Arte erzählt von einem jüdischen Belgier, der im KZ als angeblicher Perser einen SS-Mann in Farsi unterrichten soll. Dabei kann er die Sprache gar nicht

von Michael Ranze  29.04.2025

Berlin

Antisemitismusbeauftragter für alle Hochschulen soll kommen

Details würden derzeit noch im Senat besprochen, sagte Wissenschaftssenatorin Ina Czyborra

 29.04.2025

Jerusalem

Seltenes antikes Steinkapitell wird in Israel ausgestellt

Ein Fund aus dem Jahr 2020 gibt israelischen Archäologen Rätsel auf. Die Besonderheit des Steinkapitells aus römischer Zeit: Es ist mit einem mehrarmigen Leuchter - im Judentum Menorah genannt - verziert

 29.04.2025