Finale

Der Rest der Welt

Season’s Greetings mit Chanukka-Plätzchen Foto: Getty Images / istock

Als ich klein war, haben wir am 24. Dezember immer rauschende Weihnukka-Partys gefeiert. Klar, war ja auch sonst völlig tote Hose an allen Fronten. Shoppen? Vergiss es! Kino? Hat zu. Freunde? Anderweitig beschäftigt.

Es blieb also nichts übrig, als sich zu Hause einzuigeln, das Waffeleisen anzuschmeißen, Marshmallows in die Kakaotassen zu verteilen und – nolens volens – das ARD-Weihnachtsprogramm zu schauen. (Netflix, DVD und, ach ja, Video war damals noch nicht! Wir reden hier über die frühen 80er.) Ab und zu klingelte es, und irgendwelche zugeschneiten Gemeindemitglieder standen vor der Tür, die ebenfalls am Weihnukka-Syndrom litten und nicht so recht wussten, wohin mit sich.

NIKOLAUS Leider gab es kein Weihnukka-Pendant für den 6. Dezember, an dem alle Klassenkameraden zu Nikolaus so richtig fett absahnten und ich leer ausging.

Ich bettelte meine Eltern auf Knien um einen Weihnachtsbaum an.

Auch für die Adventszeit nicht, wenn sich von Woche zu Woche mehr Keksteller, Adventskalender-Ausbeute, Marzipan, Apfelsinen und allgemeines Wohlgefallen überall ausbreiteten – nur bei uns zu Hause nicht. Pünktlich eine Woche vor Weihnachten hatte mich dann die Weihnachtspropaganda mürbe gemacht.

Ich bettelte meine Eltern auf Knien um einen Weihnachtsbaum an. Nur einen ganz kleinen! Bitte! Einen batteriebetriebenen Minibaum vielleicht? Nein? Einen fürs Auto zum Aufhängen? Bis sich meine Mutter – wiederum durch meine Tränen erweicht – ans Backen der fantastischsten, perlenglitzernden, regenbogenfarbenen Chanukka-Plätzchen machte und diese dann, mit hübschen bunten Bändchen geschmückt, an unseren Großvater-Lüster im Wohnzimmer hängte, sodass ich mich endlich mal in der allgemeinen Bewunderung meiner Freundinnen sonnen konnte.

BELGIEN Heute, fast 30 Jahre später, ist Weihnachten irgendwie von der Bildfläche verschwunden. Vor allem, weil ich nach Belgien umgezogen bin und feststellen musste, dass die Belgier – anders als die Deutschen – keine Weihnachtsfanatiker sind. Marzipan, Lebkuchen und all das steht eigentlich nur bei Lidl und Aldi rum. Weihnachtslieder? Fehlanzeige! Die Flamen gelten als extrem unmusikalisch. Und dann die nebbiche Weihnachtsdeko an den Straßen!

Weil es den gemütlichen Wallonen einfach zu viele Umstände macht, kilometerweise Lichtgirlanden auf- und abzuhängen, bleiben die Dinger einfach das ganze Jahr hängen und stauben vor sich hin. Und werden pünktlich eine Woche vor Weihnachten einfach angeknipst. Und dann am 1. Januar wieder ausgeknipst. Voilà.

Außerdem fällt in Belgien die Vorweihnachtszeit stets in die Periode der allgemeinen Schul-Examen. Ab der 4. Klasse wird der gesamte Lernstoff in einer mega-gemeinen Prüfungswoche im Dezember wiederholt, sodass niemandem bei der ständigen Büffelei besonders vorweihnachtlich warm ums Herz wird.

Chanukka on Ice! Krapfen mit Eierlikörfüllung! Chanukka-Pokerrunden!

Aber dann! Wenn die Examen vorbei sind und der erste Chanukka-Abend näherrückt, machen die sonst so spießigen Antwerpener Juden das ganz große Fass auf: Chanukka on Ice! Krapfen mit Eierlikörfüllung! Chanukka-Pokerrunden! Chanukka-Rollschuh-Disko! Kurzum, eine Party jagt die andere. Und Weihnachten? Wird in dem ganzen Trubel einfach vergessen. Schade eigentlich.

Mythos

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