USA

Verteidiger des Wissens

Sohn jüdischer Einwanderer: Lawrence S. Bacow Foto: Getty Images

Er ist der Sohn von Schoa-Überlebenden aus dem heute weißrussischen Minsk: Lawrence Bacow, neu berufener 29. Präsident der renommierten Harvard University in Cambridge/Massachusetts. Sein Vater kam nach dem Krieg in die USA, »um den Pogromen Osteuropas zu entkommen«, wie es Bacow einmal formulierte.

»Ich würde buchstäblich heute nicht hier stehen, wenn dieses Land meine Eltern abgewiesen hätte«, so der 66-jährige Universalgelehrte. Am 1. Juli soll Bacow sein Amt antreten – der Spross russischer Juden wird dann zum Gralshüter der amerikanischen Bildungselite.

bildungspionier Gegründet wurde die Harvard University im Jahr 1636 von dem puritanischen Theologen John Harvard, einem Bildungspionier aus dem britischen Stratford-upon-Avon. Heute tragen allein mehr als 360.000 Alumni den Namen ihrer Hochschule in die Welt hinaus, darunter viele aus Deutschland. Bacow wird nach Neil Rudenstine (1991–2001) und Lawrence Summers (2001–2006) der dritte jüdische Harvard-Präsident sein.

Mehr als 700 Namen potenzieller Kandidaten wurden der Findungskommission in den vergangenen Monaten genannt – doch einer tauchte immer wieder auf: der von Lawrence S. Bacow, der ein höchst erfolgreiches Jahrzehnt lang der renommierten Tufts University als Präsident vorgestanden hatte. Bill Lee, Chef der Findungskommission, hatte es nicht weit zum Bewerbungsgespräch, denn Bacow war selbst Kommissionsmitglied.

»Mehrere Mitglieder unserer Fakultäten fragten mich: ›Wie sieht’s mit Larry aus?‹«, schildert Lee den weiteren Findungsprozess. »Ich saß im Auto auf dem Weg nach Hause und dachte mir, es wäre verantwortungslos, ihn nicht wenigstens einmal zu fragen, ob ihn der Job interessieren würde.« Also rief Lee Bacow an. Der bat sich ein paar Tage Bedenkzeit aus und verschwand, ganz amerikanisch, mit seiner Frau Adele auf einen »Road-Trip«.

bildung Am 11. Februar wurde Bacow dann zum Nachfolger von Drew Faust gewählt, die zehn Jahre lang die Geschicke Harvards geleitet hat. Bei seiner Vorstellung gab sich Bacow kämpferisch: »Ich sehe dieses Amt als eine Chance, nicht nur Harvard zu dienen, sondern – in diesen besonderen Zeiten – dem gesamten System akademischer Ausbildung. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass Menschen den Wert universitärer Bildung anzweifeln und infrage stellen.«

Lawrence Bacow scheint genau der Richtige zu sein, um sich Donald Trumps Kampf gegen alles Intellektuelle zu stellen – und ihn perspektivisch auch zu gewinnen. Bacow, promovierter Jurist und Politologe, Ökonom sowie Experte in Sachen Umweltpolitik, wirkte 24 Jahre lang am Massachusetts Institute of Technology (MIT) als Professor für Umweltforschung, Dekan und Kanzler. Danach folgten seine Jahre in Tufts. Derzeit ist Bacow, der selbst in Harvard studiert hat, bereits an seiner Alma Mater beschäftigt: als Professor am Center for Public Leadership in Harvard.

Geboren wurde er am 24. August 1951 in Pontiac/Michigan, einem Vorort von Detroit. Seine Mutter, die mit 19 Jahren in die USA emigrierte, war die einzige Auschwitz-Überlebende ihrer Familie. »Wenn ich mir den Weg meiner Eltern in dieses Land vor Augen halte, weiß ich, was für ein Glück ich hatte«, sagt Bacow. »Wo sonst kann man innerhalb einer Generation ein Flüchtlingsschiff mit buchstäblich nichts verlassen, um dann den Lebensstil mit all seinen Möglichkeiten zu genießen, den meine Familie und ich führen dürfen? Es war die akademische Bildung, die all das ermöglicht hat.«

Bacow ist verheiratet und hat zwei Söhne. Entspannung findet er beim Laufen (fünf Marathons) und Klavierspielen. An seiner Bürotür auf dem altehrwürdigen Campus wird ab Juli gewiss auch wieder eine Mesusa hängen – so wie in seinem Dienstzimmer in Tufts.

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert