Russland

Veränderte Beweislage

Anwälte der Jewish Agency im Moskauer Bezirksgericht (19. August 2022) Foto: picture alliance/dpa/TASS

Am 19. August sollte die Entscheidung fallen. Ob und unter welchen Bedingungen die Jewish Agency (JA) in Russland weiterarbeiten kann, wird sich voraussichtlich jedoch erst exakt einen Monat später klären. Für diesen Tag ist der Folgetermin am zuständigen Moskauer Gericht anberaumt. Die Bitte um Einleitung eines Schlichtungsverfahrens zwischen der Jew­ish Agency und dem Justizministerium lehnte das Gericht am Freitag ab – mit Verweis auf die ablehnende Haltung der Behörde. Schließlich hatte das Ministerium am 21. Juli einen Antrag auf die Auflösung der in Russland registrierten Zweigstelle einer der ältesten Organisationen mit Bezug zum Staat Israel gestellt.

Entgegenkommen zeigte die Richterin Olga Lipkina jedoch hinsichtlich einer veränderten Beweislage. Die Jewish Agency legte neue Dokumente vor, um glaubhaft darzulegen, die angekreideten Verstöße seien aus der Welt geräumt. Andrej Grischajew, der als Anwalt die Organisation vertritt, äußerte sich optimistisch. Entweder vereinfache sich nun die Beschlussfassung oder aber sie werde überflüssig, sagte er vor Gericht. Im Anschluss an die Verhandlung wurde er dann noch deutlicher: »Wir rechnen damit, dass die Organisation ihre Arbeit in Russland fortsetzt«, zitierte ihn die russische Tageszeitung »Kommersant«.

FRIST Zumindest bestehen innerhalb der ausstehenden Frist theoretisch nach wie vor Optionen für eine außergerichtliche Beilegung des Konflikts. Zwar sorgt das Gericht für die formale Klärung, doch steht außer Frage, dass aufgrund der politischen Dimension einer möglichen Schließung der Jewish Agency auch die Suche nach alternativen Lösungen fortgesetzt werden wird.

Ende Mai führten Angehörige des russischen Justizapparats eine Überprüfung der Arbeit der Jewish Agency durch. Mit offiziellen Mitteilungen über die konkreten Vorwürfe der Behörde hielten sich beide Streitparteien zurück, der israelische Fernsehsender Reshet 13 verwies auf einen Brief an russische Stellen in Israel. Daraus ließe sich die Folgerung ziehen, dass Moskau Anstoß nehme an der Förderung eines »brain drains« aus Russland, da über die Jewish Agency viele gebildete Juden das Land verlassen. Der Kreml bestritt diese Interpretation.

Im Gespräch mit der Deutschen Welle legte der vormalige Leiter der Jewish Agency, Natan Sharansky, der selbst als Dissident in der Sowjetunion eine lange Haftstrafe absaß, seine Version der Hintergründe dar. Bereits nach der Krim-Annexion vor acht Jahren, als der Krieg im Donbass begann, sei die Jewish Agency ins Visier der russischen Behörden geraten. In der Zeit danach habe sich zudem die Rechtsgrundlage verändert. Russland verabschiedete zahlreiche neue Gesetze und erließ ein Verbot, Daten über russische Staatsangehörige im Ausland zu erfassen und zu speichern. Damit werde die Arbeit im Kern getroffen, denn ohne die Datenerfassung könnte die Organisation ihre Aufgaben gar nicht erfüllen.

BÜROS Derzeit unterhält die Jewish Agency in Russland Büros in Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg, Irkutsk, Nowosibirsk, Chabarowsk, Samara, Rostow und Pjatigorsk. Sollten sie wirklich aufgelöst werden müssen, bedeutet dies indes keineswegs das völlige Aus. Ausreisetechnische Formalitäten erledigen ohnehin die israelischen Konsulate. Für die praktische Abwicklung des Gesamtprozederes ergäben sich zwar Änderungen, aber die Repatriierung russischer Juden ließe sich auch online oder telefonisch über einen Mitarbeiterstab in Israel organisieren, schrieb die »Jerusalem Post«.

Auch Bildungsprogramme zur Unterstützung der jüdischen Gemeinschaft ließen sich auf andere Weise organisieren. Zahlreiche russische Nichtregierungsorganisationen, die unter Druck, als sogenannte »ausländische Agenten« eingestuft zu werden, ihre Arbeitsweise geändert hätten, lieferten praktikable Modelle. So werden beispielsweise Einzelmaßnahmen finanziell unterstützt oder im Bedarfsfall kompetente Personen für kurze Zeit nach Russland entsandt. Jetzt kommt es darauf an, dass Gericht und politische Entscheidungsträger die Zeit bis zum 19. September dafür nutzen, damit es so weit gar nicht erst kommt.

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025