Nachruf

Trauer um »Anatevka«-Star Chaim Topol

»Die Kinoleinwände füllte er mit seiner Präsenz komplett aus, während er unsere Herzen eroberte«: Chaim Topol in »Flash Gordon« (1980) Foto: picture alliance / Mary Evans Picture Library

Nachruf

Trauer um »Anatevka«-Star Chaim Topol

Der legendäre Schauspieler ist im Alter von 87 Jahren in seiner Geburtsstadt Tel Aviv gestorben

von Imanuel Marcus  09.03.2023 10:47 Uhr

In Israel verbreitete Isaac Herzog am Donnerstagmorgen die traurige Nachricht: »Chaim Topol war einer der herausragendsten israelischen Bühnenkünstler«, so der Präsident auf Twitter. Der gebürtige Israeli sei ein begabter Schauspieler gewesen, der viele Bühnen eingenommen habe, sowohl in Israel als auch in Übersee. »Die Kinoleinwände füllte er mit seiner Präsenz komplett aus, während er unsere Herzen eroberte.«

»Ein lebendiges Zeugnis von Topols sozialem Engagement und seiner Sensibilität war das von ihm geleitete Projekt Kfar Nahar Jordan für kranke und behinderte Kinder und ihre Familien«, hob Israels Staatspräsident hervor . »Ich hatte das Privileg, ihn während der Gründung des einzigartigen Dorfes näher kennenzulernen und seine Arbeit auch außerhalb des Rampenlichts zu sehen.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Beileid »Topol war einer der ganz großen der israelischen Kultur«, erklärte Herzog, der der Familie des Verstorbenen sein Beileid ausdrückte. Mit seiner Beschreibung Topols übertrieb das Staatsoberhaupt kein bisschen.

»Fiddler on the Roof« war das vom ebenfalls jüdischen und kürzlich verstorbenen Walter Mirisch produzierte Werk, in dem Topol nicht nur die Welt, sondern auch diverse Jurys überzeugte. Als »Bester ausländischer Schauspieler« bekam er den renommierten italienischen David di Donatello-Preis. Der Beste war er auch in den Augen der Hollywood Foreign Press Association, die ihm für den 1971 erschienen Film mit dem Golden Globe ehrte. Eine Oscar-Nominierung gab es auch.

Topol machte den »Fiddler« (deutscher Titel: »Anatevka«) mit seiner schauspielerischen Leistung zu einem Kultstreifen. Jahrzehnte später, nämlich in den Jahren 2001 und 2019, war er dann in Dokumentarfilmen über das Werk zu sehen und sprach über seine Erfahrungen.

Durchbruch Der erste Kinofilm, in dem Chaim Topol auftauchte, war »I Like Mike« des kanadischen Regisseurs Peter Frye von 1961. Der Durchbruch ließ nicht lange auf sich warten. Er erfolgte bereits 1964 mit der Sozialsatire »Sallah Shabati« (deutscher Titel: »Sallah – oder: Tausche Tochter gegen Wohnung«).

Niemand geringerer als Ephraim Kishon schrieb das Drehbuch und fungierte als Regisseur. Auch für ihn und den ebenfalls jüdischen Produzenten Menachem Golan war dieser Streifen der Durchbruch.

In »Cast a Giant Shadow« (»Der Schatten des Giganten«), einem Actionkracher, der 1966 in die Kinos kam, feierte Chaim Topol schließlich auch in Hollywood Erfolge. Hier spielte er an der Seite seiner deutschen Kollegin Senta Berger, aber auch Kirk Douglas, Yul Brynner, John Wayne, Frank Sinatra und Angie Dickinson.

Dieser Kassenschlager erzählte die Geschichte des jüdisch-amerikanischen Offiziers David »Mickey« Marcus, der im arabisch-israelischen Krieg von 1948 Einheiten der neu gegründeten IDF kommandierte.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

In Topols Filmkarriere ging es aber nicht immer um Israel oder jüdische Helden. Seine Fans waren überrascht, als ihr Idol 1981 in dem James Bond-Film »For Your Eyes Only« (»In tödlicher Mission«) sein markantes, sympathisches Gesicht mit vielen Lachfalten an der Seite von Roger Moore zeigte — und zwar in der Rolle des konstant Pistazien konsumierenden, griechischen Schmugglers Milos Columbo.

Mongo Noch bevor er dem 007-Club beitrat, war Chaim Topol Teil der Kino-Adaption der Comic-Reihe »Flash Gordon«. Hier spielte er den verrückten Wissenschaftler Hans Zarkov, der den Helden mit irgendeiner Rakete zum Planeten Mongo beförderte.

Das Wort Multitalent ist bei Topol durchaus angebracht.

Nein, Chaim Topol war nicht nur ein Schauspieler, der die Leinwand ausfüllte, sondern auch ein Bariton, dessen Stimme auf Schallplatten verewigt wurde. Er sang für Kinder, aber auch israelische Kriegslieder für die Moral der Soldaten, die den jüdischen Staat immer wieder verteidigten und dies noch heute tun. Auch ist Topols Stimme im Soundtrack für »Fiddler on the Roof« zu hören.

MULTITALENT Topol wäre nicht Topol gewesen, wenn er nicht auch noch Bücher geschrieben hätte, darunter eine Autobiografie und ein Werk über »Jüdischen Humor, jüdische Scharfsinnigkeit und Weisheit«. Darüber hinaus war er Illustrator für Bücher anderer Autoren. Das Wort Multitalent ist bei Topol durchaus angebracht.

Sein von Präsident Herzog erwähntes Sozialprojekt hilft Kindern mit speziellen Bedürfnissen. Die Organisation veranstaltete zum Beispiel ein Camp für arabische und jüdische Kinder mit lebensbedrohlichen Krankheiten.

Im vergangenen Jahr wurde bei Chaim Topol Alzheimer diagnostiziert. Er hinterlässt zwei Töchter, einen Sohn und seine Frau Galia Finkelstein, die er 1956 heiratete. Als er am Mittwoch starb, war er 87 Jahre alt.

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025