USA

Sollst sejn wie a Lomp

Laut und zornig: Worte mit Sprengkraft Foto: Getty

USA

Sollst sejn wie a Lomp

Eine Website mit jiddischen Flüchen für Juden, die republikanisch wählen

von Hannes Stein  16.10.2012 12:26 Uhr

Wofür ist die jiddische Sprache mit Recht berühmt? Für ihre Flüche. »Sollst sejn wie a Lomp – hängen bei Tug und brennen in der Nacht.« Jiddische Flüche zeichnen sich durch Fantasiereichtum, Ausführlichkeit sowie eine Logik aus, die mitunter wunderliche und wunderbare Haken schlägt. Sehr beliebt: ein Fluch, der anfängt wie ein Segen, sich dann aber radikal in sein Gegenteil verkehrt. »A grojs Geschäft sol er hobn mit Schrojre: Wus er hot, sol men bei ihm nit fregn, und wus men fregt, sol er nit hobn.«

beschwerden Viele jiddische Flüche haben – das versteht sich bei einem hypochondrischen Volk eigentlich von selbst – mit gesundheitlichen Beschwerden zu tun. Der Klassiker: »Ale Zäjn soln bei ihm arojsfaln, nor ejner sol ihm bleibn ojf Zohnwäjtong.« Es geht aber auch kürzer und böser: »Er sol kackn mit Blit un mit Eiter.«

Es gibt jetzt eine amerikanische Website, die sich nachgerade liebevoll solchen Juden widmet, die bei den Präsidentschaftswahlen des Jahres 2012 ihre Stimmen nicht Obama, sondern Mitt Romney geben wollen. Sie heißt: »Yiddish Curses for Republican Jews«. Hinter der Website stehen Rachel Shukert – eine junge Schriftstellerin und Dramatikerin, die aus Nebraska stammt – und ihr geplagter Ehemann Ben Abramowitz.

wut Sie sagt, die Idee wurde geboren, als sie im Flur vor dem Badezimmer darauf wartete, dass ihr Mann sich zu Ende rasiert. Sie war voller Wut auf die amerikanische Politik und die Republikaner, vor allem aber auf jene entfernten Verwandten, die konservative Neigungen haben.

Sie wünschte jenen Verwandten alles Schlechte – da ging über ihrem Kopf plötzlich das Licht an. »Mögen deine einzigen Enkel Katzen haben, und mögest du Allergien haben, und möge dein Apotheker sich völlig legal weigern, dir deine verschreibungspflichtigen Allergietabletten auszuhändigen, weil sie von derselben Firma produziert wurden, die auch Abtreibungspillen herstellt!« Oder: »Mögest du eine seltene Krankheit haben und eine Operation benötigen, die nur ein Mensch auf der Welt durchführen kann, der den Nobelpreis für Medizin gewonnen hat.

Und möge er nicht imstande sein, die Operation durchzuführen, weil er deine Versicherung nicht anerkennt. Und möge dieser Medizinnobelpreisträger dein Sohn sein!« Oder: »Mögest du bald zu deinen Vorfahren versammelt werden, die allesamt sozialistische Angestellte der Kleiderindustrie waren!«

Erfolg Ganz schön gemein. Sogar jemand, der von Haus aus nicht unbedingt den Demokraten zuneigt, muss zugeben: Diese Website ist sehr lustig. Sie ist außerdem erfolgreich. Viereinhalb Millionen Menschen in aller Welt sollen sie schon aufgerufen haben, »darunter vier im Iran, die ich gern alle zum Kaffee einladen würde«, schreibt Rachel Shukert.

Offenkundig konnte eine solche Idee nur von jemandem geboren werden, der Jiddisch noch aus nächster Nähe erlebt hat. Rachel Shukert ist Amerikanerin der zweiten Generation – für sie war Jiddisch also eine Großelternsprache. Doch um die entscheidende Frage kommen wir nicht herum: Warum gibt es solche saftigen Flüche nicht auch von der Gegenseite? Wo, bitte, bleiben die »Yiddish Curses for Jewish Democrats«? Sollte das schreckliche Gerücht wahr sein, dass Konservative über keinen Humor verfügen? Dann soll der schlimmste Fluch von allen gelten: »Mögen deine Kinder, Freunde, Geschwister, Nichten und Neffen dir jeden Tag den Link zu dieser Website schicken!«

www.yiddishcursesforrepublicanjews.com

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert

Australien

16 Tote bei antisemitischem Massaker in Sydney

Zwei Attentäter schießen auf Juden, die sich am Bondi Beach in Sydney zu einer Chanukka-Feier versammelt hatten

von Michael Thaidigsmann  15.12.2025 Aktualisiert

Australien

Judenfeindlicher Terroranschlag in Sydney: Zwei Personen in Polizeigewahrsam

Die Polizei ruft nach dem Angriff in Sydney dazu auf, das Gebiet des Angriffs weiter zu meiden. Der Einsatz dauere an

 14.12.2025

Terror

Medienberichte: Terroranschlag in Australien bei Chanukka-Feier

Die Polizei warnt vor einem »sich entwickelnden Vorfall« am Bondi Beach. Ersten Berichten zufolge soll das Ziel ein Chanukka-Fest gewesen sein. Australische Medien berichten von mehreren Opfern

von Denise Sternberg  14.12.2025 Aktualisiert