Niederlande

Jüdisch, jung und nachhaltig

Mit Köpfchen: ökologische Kippa Foto: Marinna Trembowler

Niederlande

Jüdisch, jung und nachhaltig

Mit der »Grünen Kippa« landet die Studentenorganisation »Gezellig Joods« einen PR-Erfolg

von Tobias Müller  22.03.2010 18:03 Uhr

Gespannte Stille im Publikum. Der Fernsehmoderator möchte wissen, wie die jüdische Studentenvereinigung »Gezellig Joods« von sich reden machte. Der Künstler Henk Schiffmacher zeigt sich gut informiert und antwortet: »Die grüne Kippa«. Diese Szene war vor einigen Monaten in der Promi-Quiz-Sendung »De slimste« (der Schlaueste) des niederländischen Privatsenders RTL 4 zu sehen. Es war der Höhepunkt der Popularitätswelle, die der knallgrünen jüdischen Kopfbedeckung in letzter Zeit zuteil wurde. Zudem erschienen Artikel in landesweiten Zeitungen, und in den jüdischen Medien ist die vor knapp einem Jahr gestartete Initiative ohnehin bestens bekannt.

Die Grüne Kippa besteht aus recyceltem Karton, sieht aber aus wie aus Leder. Sie wird in Israel hergestellt und ist ein Renner. Rund 1.000 ökologische Käppchen haben Menachem Evers und Nathan Bouscher schon verkauft. Zum Teil werden sie per Mailorder versandt, das Stück kostet 7,70 Euro – eine Anspielung auf das jüdische Jahr 5770. Bei den Veranstaltungen der Gezellig Joods gibt es sie gratis. M&N, die Initialen ihrer Vornamen, haben Evers und Boucher auf die Innenseite drucken lassen. Trotz des ökologischen Prinzips handelt es sich hier aber nicht um eine Umweltorganisation. Menachem und Nathan sind die Gründer der Initiative Gezellig Joods (Gesellig Jüdisch), die monatliche Veranstaltungen für jüdische Jugendliche und Studenten in Amsterdam organisiert. Die Teilnehmer sind zwischen 18 und 35 Jahre alt. »Bist du jüdisch und fühlst dich jung? Dann bist du hier richtig«, so das Motto.

Anfänge Geburtshelfer der Gruppe war Matisyahu, der Urvater des chassidischen Reggae. Als er 2007 in Amsterdam auftrat, lernte der Jurastudent Nathan Bouscher den jungen Rabbiner Menachem Evers kennen. Sie verabredeten sich auf ein Bier und beschlossen, eine Lücke zu füllen: Aktivitäten für jüdische Studenten und junge Erwachsene.

Wichtig war den beiden, dass es zwanglos und offen zugehen würde. Dafür sprechen nicht zuletzt ihre unterschiedlichen Hintergründe: Nathan hatte »nie besonders viel mit Religion zu tun«, Menachem kommt aus einem orthodoxen Rabbinerhaushalt. Genauso wie die beiden sich auf Anhieb verstanden, sollte Gezellig Joods junge Juden aller Richtungen zusammenbringen. Und das, so Nathan Bouscher, mit einem fröhlichen Grundgedanken. »Wir wollten weg von der Assoziation des Judentums mit Schwerem, mit Krieg und Antisemitismus.«

hersteller Der Sinn für markante Initiativen zeichnet Gezellig Joods von Beginn an aus: Bei der ersten Veranstaltung gab es gratis Pizza, es folgten Filmabende und Lesungen wie »Kabbala für Dummies«, »Judentum und Sex« oder eine Diskussion zur Frage »Warum jüdisch heiraten?«. In diesem Umfeld tauchte die Grüne Kippa vergangenes Jahr erstmals auf. Geboren wurde die Idee aus der Not. »Wir luden öfter zu Veranstaltungen in Synagogen ein, und immer wieder hatten etliche Leute keine Kippa dabei. Da dachten wir: ›Machen wir doch unsere eigenen‹«, so Nathan Bouscher. Im Internet stießen sie auf den israelischen Produzenten, der schickte ihnen per Schiff bald die erste Lieferung.

Inzwischen ist das Produkt den beiden Männern über den Kopf gewachsen. Während ihre Veranstaltungen von 50 bis 200 Gästen besucht werden, hat die Grüne Kippa bereits um die 1.000 neue Besitzer gefunden. »Auch Mädchen nehmen gerne eine mit, für Brüder oder Väter. Dazu kom- men Bestellungen aus dem ganzen Land. Und nicht alle Namen klingen jüdisch«, sagt Boucher. Momentan warten Bouscher und Evers auf neue Lieferung.

Ungarn

Wo der Wunderrabbi wirkt

Zur 100. Jahrzeit von Reb Shayele pilgern Tausende Chassidim nach Kerestir – im festen Glauben, dass seine Kraft bis heute fortlebt. Zu Besuch an einem Ort voller Hoffnung und Geschichte

von György Polgár  06.07.2025

Antisemitismus

Angriff auf Synagoge und Restaurant in Melbourne

Während etwa 20 Menschen Schabbat feierten, setzte ein Mann die Tür des Gebäudes in Brand. Kurz darauf wurde ein koscheres Restaurant gestürmt. Nun hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen

 06.07.2025 Aktualisiert

Belgien

»Gaza gleich Auschwitz«-Karikatur gewinnt Wettbewerb

Der erste Preis des Press-Cartoon-Belgium-Wettbewerbs ging in diesem Jahr an eine Zeichnung einer Landkarte, in der die Umrisse des Eingangstores von Birkenau auf die des Gazastreifens gelegt sind

von Michael Thaidigsmann  04.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025