Portugal

Ein echter Sefarde?

Roman Abramovich Foto: picture alliance/dpa/POOL

Portugal

Ein echter Sefarde?

Der Oligarch Roman Abramovich hat nun auch einen EU-Pass. Ermittler untersuchen die Zertifizierung durch die jüdische Gemeinde

von Kevin Zdiara  29.01.2022 22:16 Uhr

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Bottalk ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Bottalk angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Mehr als 32.000 Menschen mit sefardischen Wurzeln haben seit 2015 die portugiesische Staatsbürgerschaft erhalten. Damals wurde das Staatsangehörigkeitsgesetz geändert, um es Nachfahren sefardischer Juden zu ermöglichen, Bürger des Landes zu werden, aus denen einst ihre Vorfahren vertrieben wurden.

Antragsteller müssen sich dafür von den jüdischen Gemeinden der Hauptstadt Lissabon und der nordportugiesischen Stadt Porto die sefardische Abstammung bestätigen lassen.

kritik Allerdings stößt dieses vereinfachte Verfahren in Portugal schon seit Längerem auf Kritik. Die sozialistische Regierungspartei hatte 2020 vorgeschlagen, das Gesetz dahingehend zu ändern, dass Antragsteller mindestens zwei Jahre im Land wohnen müssen. Dieser Vorschlag wurde aber nach massiven Protesten wieder zurückgezogen.

Kritiker des Staatsangehörigkeitsgesetzes werden sich durch einen aktuellen Fall in ihrer Position bestätigt sehen: Wie im vergangenen Jahr bekannt wurde, hatte auch der russische Oligarch Roman Abramovich einen Antrag gestellt. Bis dato war über die Herkunft seiner Familie von der Iberischen Halbinsel nichts bekannt. Aber die jüdische Gemeinde in Porto stellte ihm das entsprechende Zertifikat über die sefardische Abstammung aus, und er erhielt darauf im April 2021 die portugiesische Staatsangehörigkeit.

Abramovich ist nicht unumstritten, weshalb auch portugiesische Medien sich der Sache angenommen haben. Die Diskussion hatte am 18. Dezember mit einem Artikel in der größten Tageszeitung »Público« begonnen.

wikipedia-eintrag Darin wurde berichtet, dass Hugo Miguel Vaz, ein Mitglied der jüdischen Gemeinde in Porto und Kurator des neu eröffneten Holocaust-Museums der Gemeinde, mehrfach den Wikipedia-Eintrag zu Abramovich im Hinblick auf seine sefardischen Wurzeln angepasst habe. Heikel daran ist, dass Vaz in der Kommission sitzt, die für die Zertifizierung zuständig ist, und dass der Oligarch zu den Geldgebern des dortigen Museums zählt.

Eine Woche später meldete sich der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny per Twitter zu Wort. Er warf Portugal vor, dem vermeintlichen Putin-Vertrauten für ein paar Koffer Schmiergeld die Staatsangehörigkeit eines EU-Landes verliehen zu haben.

Abramovich ist nicht unumstritten, weshalb auch portugiesische Medien sich der Sache angenommen haben.

Diese Anschuldigungen hatten in Portugal hohe Wellen geschlagen. Sogar der portugiesische Außenminister Augusto Santos Silva schaltete sich in die Debatte ein und verteidigte das Staatsangehörigkeitsverfahren. Er wies die Vorwürfe Nawalnys als unbegründet zurück und betonte, dass für Abramovich dieselben Standards gelten wie für Tausende Antragsteller vor ihm.

anschuldigungen Allerdings sahen sich die Behörden des Landes durch die Veröffentlichung zum Handeln gezwungen. So haben die Anschuldigungen dazu geführt, dass das für die Staatsbürgerschaft zuständige Institut für Register- und Notariatswesen eine Untersuchung des Verfahrens veranlasst hat. Das Ergebnis soll im Februar veröffentlicht werden.

Unabhängig davon hat in der vergangenen Woche auch die portugiesische Generalstaatsanwaltschaft in Lissabon eine Untersuchung der Zertifizierung durch die jüdische Gemeinde in Porto eingeleitet. Die Gemeinde selbst hat unmittelbar darauf reagiert. In einer Mitteilung ließ Rabbiner Daniel Litvak verlauten, dass die Gemeinde dieses Vorgehen unterstütze.

»Wir sehen den Untersuchungen positiv entgegen, da durch sie unbegründete Behauptungen widerlegt werden können – über vermeintliche Freimaurer-Tricks und undurchsichtige Machenschaften, bei denen es angeblich um Geldkoffer geht.«

Es werde sich zeigen, »dass es sich um ein Staatsangehörigkeitsverfahren handelt, bei dem alle gesetzlichen Anforderungen erfüllt wurden und lediglich zwei Zahlungen von 250 Euro getätigt wurden: zum einen die offizielle Registrierungsgebühr und zum anderen die Bearbeitungsgebühr der Gemeinde«, so Rabbiner Litvak in seiner Stellungnahme.

Es bleibt abzuwarten, ob die Untersuchungen wirklich neue Erkenntnisse zutage fördern oder das Vorgehen der Gemeinde bestätigen. In den sozialen Medien Portugals zeigt sich bereits jetzt, dass der Fall Abramovich dem Staatsangehörigkeitsgesetz großen Schaden zugefügt und dem Antisemitismus Vorschub geleistet hat.

Österreich

Jüdische Familie aus Taxi geworfen

In Wien beschimpfte ein Uber-Fahrer seine jüdischen Gäste und attackierte dann den Familienvater

von Nicole Dreyfus  19.08.2025

Tschechien

Im Versteck der Zeit

Auf einem Hügel über Brünn liegt die Villa Wittal, fast unberührt seit der Deportation ihrer Bewohner 1942. Bald wird sie ein Ort für Gäste aus aller Welt – und das Herz eines Festivals, das Geschichte und Gegenwart verbindet

von Kilian Kirchgeßner  19.08.2025

Schweiz

Ein Mandat, das für Irritationen sorgt

Der World Jewish Congress fordert von der UBS mehrere Milliarden Dollar Entschädigung und holt dafür Urs Rohner, Ex-Verwaltungsratspräsident der früheren Credit Suisse, ins Boot

 19.08.2025

Österreich

Auge in Auge mit Antizionisten

Wie spricht man mit Menschen, die Israel hassen? Und was, wenn sie Juden sind? Ein Selbstversuch in Wien

von Gunda Trepp  18.08.2025

Berlin

Sam Altman: Ehrung von Axel Springer SE

Der amerikanische Jude gilt als Vordenker auf dem Feld der KI und als Architekt einer neuen technologischen Ära

 18.08.2025

Meinung

Soll die Schweiz Palästina anerkennen?

Eine Anerkennung von Palästina wäre für die Schweiz ein außenpolitischer Kurswechsel, von dem niemand profitiert

von Nicole Dreyfus  17.08.2025

USA

»Don’t dream it, be it!«

Auch die »Rocky Horror Picture Show« hat jüdische Seiten. Und dabei geht es nicht nur um Bagels. Mazal tov zum Fünfzigsten!

von Sophie Albers Ben Chamo  17.08.2025

Zürich

Die gute Seele der Gemeinde

Seit 13 Jahren sorgt der muslimische Hausmeister Michel Alassani dafür, dass im Gebäude der Israelitischen Cultusgemeinde alles rundläuft

von Nicole Dreyfus  14.08.2025

Slowakei

»Wir würden es als großen Verlust empfinden«

Durch beherztes Handeln konnte die Stadtverwaltung von Prešov die Schließung des örtlichen Jüdischen Museums verhindern

von György Polgár  12.08.2025