Spanien

Der Preis der Aufklärung

Holocaust-Memorial im Juan-Carlos-Park in Madrid Foto: dpa

Spanien geht auf dem Weg, sein Verhältnis zum Judentum neu zu bestimmen und zu verbessern, unbeirrt weiter. Nach dem Angebot Madrids, allen Nachkommen von Sefarden, die 1492 aus dem Land vertrieben wurden, ein Rückkehrrecht einzuräumen, ist nun eine öffentliche Diskussion darüber entbrannt, ob in den Schulen genügend für die Erinnerung an den Holocaust getan wird.

Kein Schüler soll die Schule verlassen, ohne Kenntnis über die millionenfache Vernichtung jüdischen Lebens während des Zweiten Weltkriegs in Europa erhalten zu haben – so sehen es die Richtlinien der zuständigen Ministerien in allen spanischen Provinzen vor. Aber die Wirklichkeit wird dem oft nicht gerecht. »In vielen Fällen ist es so, dass der Fortschritt des Unterrichts oder die Vorlieben des Lehrers darüber bestimmen, ob dieses geschichtliche Ereignis überhaupt behandelt wird«, schrieb die angesehene Tageszeitung El Pais im Januar.

Defizite Auch der Vizepräsident der Vereinigung spanischer Geschichts- und Geografielehrer, Luis Horrillo, räumt ein, dass diesbezüglich erhebliche Defizite bestehen: »Oft geht man oberflächlich darüber hinweg – man wertet den Holocaust als ein drittklassiges Thema.« Horrillos Meinung nach fehle immer wieder die Zeit, ihn angemessen zu behandeln. »In dem entsprechenden Kurs soll die Zeitspanne vom 18. Jahrhundert bis hin zum 11. September 2001 den Schülern vermittelt werden, da wird es natürlich manchmal eng.«

Steht die Schoa dennoch auf der Unterrichtsagenda, so stellt sich die Frage, wie man dieses Jahrtausendverbrechen der Jugend von heute nahebringt, wenn sie weder von den Opfern noch von den Tätern abstammt.

Enrique Mesa, Philosophieprofessor am Erziehungsinstitut El Espinillo in Madrid, las mit seinen Schülern in der gymnasialen Oberstufe das Buch Ist das ein Mensch? von Primo Levi (1919–1987), in dem der Autor seine Leidenserfahrungen in Auschwitz thematisiert. »Ich gab ihnen eine historische Einführung, und anschließend konnten sie Fragen stellen«, schildert Mesa sein Vorgehen. »Sie taten sich schwer, das, was damals geschehen war, in einen Kontext zu stellen, weil die Geschichte und die räumliche Entfernung für sie zu weit weg waren. Um ihnen Werte zu vermitteln, halte ich es für interessanter, dass man das Thema allgemein behandelt – etwa den Rassismus, in den man dann den Holocaust als konkrete Tatsache einbettet.« Es sei wichtig, so Mesa weiter, »dass die Schüler lernen, dass der tägliche Rassismus in einem Holocaust enden kann«.

Staatshaushalt Die jüdischen Gemeinden des Landes hoffen, dass die spanische Regierung künftig dafür Sorge tragen wird, dass das Thema Schoa nicht vom Unterrichtstempo oder den Vorlieben des Lehrers abhängig ist. Die Sprecherin der jüdischen Dachorganisation Federación de Comunidades Judias en Espana (FCJE), Maria Royo, weist in diesem Zusammenhang auf ein finanzielles Problem hin. Sie erinnert daran, dass es im spanischen Staatshaushalt einen Posten gibt, der für die Fortbildung der Lehrer in dieser Hinsicht bereitgestellt worden sei. Im Rahmen der Wirtschaftskrise, unter der Spanien seit mehreren Jahren leidet, sei dieser Posten jedoch in Vergessenheit geraten. Nun hofft man auf jüdischer Seite, dass er wieder für seinen ursprünglichen Zweck verwendet wird.

Auch für Daniel, einen in Madrid lebenden Juden aus Deutschland, wäre es wichtig, dass nicht das große Vergessen Einzug hält. »Ich habe eine kleine Tochter, Alicia. Sie soll erfahren, was damals geschehen ist, denn es ist Teil ihrer Identität«, sagt der 29-Jährige. Daniel will mit seiner Familie in seinem Gastland bleiben. Dass es jüdischem Leben aufgeschlossen gegenüber steht, freut ihn.

Damaskus

Syriens Regierung erteilt erster jüdischer Organisation Lizenz

Mit Rabbiner Henry Hamras Stiftung »Jüdisches Erbe in Syrien« wird erstmals seit dem Ende der Assad-Dikatur wieder eine jüdische Organisation in dem arabischen Land aktiv sein

 11.12.2025

Museum

Auschwitz-Gedenkstätte zeigt neue Ausstellung

Mit einer neuen Ausstellung will die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau das Schicksal der Häftlinge des Konzentrationslagers zeigen

von Christiane Laudage  11.12.2025

USA

An der Columbia University war Theodor Herzl Antisemit

Ein Abschlussbericht zum Antisemitismus an der New Yorker Elite-Universität zeigt, wie tief die Israel- und Judenfeindlichkeit im Lehrplan verankert war

 11.12.2025

USA

Wer hat Angst vor Bari Weiss?

Sie gilt als eine der einflussreichsten konservativen Medienmacherinnen des Landes. Aber was will die neue Chefin von CBS News eigentlich?

von Sarah Thalia Pines  11.12.2025

Brigitte Macrons Ausfall gegen Aktivistinnen entfacht eine landesweite Debatte.

Frankreich

First Lady an Abittans Seite – und gegen Feministinnen

Brigitte Macrons Ausfall gegen Feministinnen wirft ein Schlaglicht auf Frankreichs Umgang mit Protest, sexueller Gewalt und prominenten Beschuldigten.

von Nicole Dreyfus  11.12.2025

Nachruf

Gebäude wie Jazzmusik

Frank Gehry hat die Architektur tanzen lassen – was auch mit seinem Judentum zu tun hatte

von Johannes Sadek, Christina Horsten  10.12.2025

Hollywood

»Stranger Things« trotzt Boykottaufrufen

Während Fans den Start der letzten Staffel des Netflix-Hits feiern, rufen Anti-Israel-Aktivisten zur Ächtung der Serie auf

von Sophie Albers Ben Chamo  10.12.2025

Toronto

20 Mesuot aus Seniorenheim gestohlen

Die Polizei geht von einem Hassverbrechen aus

 09.12.2025

Frankreich

Aus Judenhass Gift ins Essen gemischt?

In Nanterre läuft der Prozess gegen eine 42-jährige Algerierin. Sie wird beschuldigt, während ihrer Tätigkeit als Kindermädchen bei einer jüdischen Familie Lebensmittel und Kosmetika absichtlich mit Seife und Haushaltsreiniger vermischt zu haben

 09.12.2025