Paris

Dabei sein ist alles

Als Eli Dershwitz, seines Zeichens amerikanischer Weltmeister im Säbelfechten, im Hinblick auf seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris gefragt wurde, wie gut denn sein Französisch sei, antwortete der 28-jährige US-Amerikaner mit polnischen Vorfahren auf Spanisch: »No bueno.«

Paris sind die dritten Spiele für den fechtenden Witzbold. Zuvor war er 2016 in Rio und 2021 in Tokio angetreten. Damals hatte er sich dielympischen Ringe auf den Arm tätowieren lassen. Diesmal ist er als Favorit angereist, nachdem er bei den Weltmeisterschaften 2023 in Mailand erstmals Weltmeister wurde. Als erster Amerikaner, der am Säbel den Einzeltitel gewinnen konnte. Im Halbfinale focht er gegen Áron Szilágyi aus Ungarn, holte gegen den dreimaligen Olympiasieger einen 4:10-Rückstand auf und gewann.

Im Finale bezwang er dann den amtierenden Europameister Sandro Bazadze aus Georgien deutlich mit 15:6. »Ich habe fast mein ganzes Leben lang auf diesen Moment, dieses Turnier und auf Paris 2024 hingearbeitet«, sagte Dershwitz danach. »Worte können nicht beschreiben, wie dankbar ich all denen bin, die mir auf diesem Weg geholfen haben«, postete er auf Instagram. Als im März feststand, dass er wieder zu den Spielen fahren würde, bedankte er sich bei seiner Familie, seiner Freundin, seinen Trainern und Teamkollegen und einfach allen.

»Ich bin der Enkel von zwei Holocaust-Überlebenden«

Dershwitz ist zudem eng mit der Makkabi-Sportbewegung verbunden. Bei der Makkabiade 2017 erfocht er sich zwei Goldmedaillen – im Einzel und mit der Mannschaft, und bei der Eröffnungsfeier war er Fahnenträger des amerikanischen Teams. »Ich bin stolz darauf, ein jüdisch-amerikanischer Olympiasportler zu sein. Die jüdische Gemeinschaft hat mich auf meinem Weg zu den Olympischen Spielen sehr unterstützt«, hat er einmal gesagt.

»Ich bin der Enkel von zwei Holocaust-Überlebenden«, sagt der Fechter über seine Wurzeln. »Meine Großmutter mütterlicherseits wurde in Tarnow, Polen, geboren und überlebte mit ihrer Familie den Krieg, indem sie sich in einer Scheune bei einem polnischen nichtjüdischen Bauern und dessen Familie versteckte. Mein Großvater mütterlicherseits wurde auch in Polen geboren, in Jaslo. Er und seine Familie flohen und zogen ostwärts, bevor sie sich in Samarkand in Usbekistan niederließen.« Als ihr Enkel Eli im Februar 2019 einen Säbel-Weltcup in Warschau gewinnen konnte, postete er auf Instagram: »Ein erstaunlicher und emotionaler Tag, denn meine Mutter hat mir heute Morgen gesagt, dass meine polnischen Großeltern, die vor 75 Jahren nach Amerika kamen, heute über mich wachen würden.«

»Die jüdische Gemeinschaft hat mich auf dem Weg zu Olympia sehr unterstützt.«

Eli Dershwitz

Der Legende nach war Dershwitz fünf Jahre alt, als er seinen großen Bruder im renommierten »Zeta Fencing Club« in Natick, Massachusetts, beim Fechttraining besuchte und sich dachte: »Wie cool! Ich kann Leute mit einem Schwert verhauen und kriege keinen Ärger dafür«. Es sollte noch vier Jahre dauern, bis er selbst mit dem Fechttraining begann. Allerdings erregte sein Talent sofort das Interesse des Trainers Zoran Tulum, der damals schon Fechter zu Olympia geführt hatte. Der nahm den Jungen unter seine Fittiche.

Als Eli Dershwitz später zum Studium an die Elite-Universität Harvard wechselte, ging Tulum mit. Neben dem Fechttraining studierte Dershwitz in Harvard Geschichte und machte 2019 seinen Abschluss. Tulum ist bis heute sein Trainer. »Fechten ist meine Leidenschaft, denn ich liebe die Intensität und den Wettkampfgeist, ich liebe den physischen und mentalen Kampf, der während der Wettkämpfe aufkommt, aber ich liebe auch die Erfahrung, die mir der Sport gegeben hat«, so Dershwitz.

Tokio 2021, die wegen der Covid-Pandemie um ein Jahr verschobenen Olympischen Spiele, waren allerdings eine Enttäuschung für ihn. »Es ist nicht leicht, das zuzugeben, aber heute habe ich die schlechteste Leistung in elf Jahren auf dem internationalen Parkett geboten«, hat er danach notiert. »Es ist hart, wenn man das Gefühl hat, sich selbst und seine Teamkollegen im Stich gelassen zu haben. Aber das ist der Vorteil, wenn man Mannschaftskameraden hat, die man als Brüder betrachtet, die zur Familie gehören, und die einen auffangen, wenn es einem schlecht geht.« Er versprach seinem Team und allen, die an ihn glauben, in Paris 2024 stärker und besser zurückzukommen.

Er hat diesmal Zeit bis 2028, und dann muss er nicht einmal weit reisen.

Eingelöst hat er das Versprechen leider nicht. Im Einzelwettkampf ist Dershwitz am Sonntag bereits in der ersten Runde ausgeschieden. In einem durchaus spannenden Duell gegen den ungarischen Fechter Csanád Gémesi gelang ihm ein starker Auftakt, doch dann landete sein Gegner fünf Treffer hintereinander. Die Möglichkeit zum Ausgleich für den vermasselten Einzelwettbewerb – auch die Kollegen hatten kein Glück – bot der Säbel-Teamwettbewerb am Mittwoch. Doch es wurde auch nur der siebte Platz. Ein Trostpflaster ist immerhin die Bronzemedaille für Dershwitz jüdischen Fechtkollegen am Florett, Nick Itkin.

»Kaum vorstellbar«

Trotz erneuter Enttäuschung ist Dershwitz vor allem dankbar, dass er überhaupt teilgenommen hat. Dass er es einmal bis zu den Olympischen Spielen schaffen würde, habe ihn immer am meisten überrascht. Als er sich vor acht Jahren das erste Mal qualifizierte, sagte er, dass allein die Tatsache, dass aus einem um drei Uhr morgens begeistert anfeuernden Zuschauer im Schlafanzug ein Teilnehmer am größten Sportevent überhaupt geworden ist, für ihn »kaum vorstellbar« sei.

Nach der großen Enttäuschung von Tokio sagte Eli Dershwitz: »Man fängt an, sich selbst infrage zu stellen.« Es sei schwer gewesen, danach nach Hause zu gehen und weiter zu trainieren. Doch damals hat er sich wieder aufgerappelt und weitergemacht. Dazu hat er nun Zeit bis 2028, und dann muss er nicht einmal weit reisen, denn die nächsten Olympischen Sommerspiele werden in Los Angeles ausgetragen.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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