New York

Angekratztes Image

Kürzlich erschienen: die neue Studie über Fremdenfeindlichkeit, Islamophobie und Antisemitismus in New York Foto: Michael Thaidigsmann

Mehr als eine Million Einwohner von New York City sind Juden. Damit ist die Stadt die größte jüdische Metropole der Welt außerhalb Israels. Daneben übt New York seit Jahrzehnten auch eine enorme Anziehungskraft auf andere Gruppen aus. Vier Millionen der heute zehn Millionen Einwohner der Stadt wurden nicht in Amerika geboren. New York gilt seit jeher als multikultureller Schmelztiegel Amerikas.
Doch wie sicher fühlen sich Juden, Muslime, Hindus, Sikhs und andere Minderheiten im Big Apple heute?

Dieser Frage ging eine von der New Yorker Menschenrechtskommission in Auftrag gegebene Studie nach. Dazu wurden zwischen Juli 2016 und Dezember 2017 mehr als 3000 Angehörige religiöser Minderheiten in der Stadt zu ihren persönlichen Erfahrungen mit Hasskriminalität, Rassismus und Vandalismus befragt.

Belästigung Wer sich das Ergebnis der Studie anschaut, den beschleichen Zweifel, ob New York seinem internationalen Ruf, die offene und tolerante Stadt par excellence zu sein, noch gerecht wird.

Rund 40 Prozent der Befragten erklärten, schon einmal »verbale Belästigungen, Drohungen oder höhnische Bemerkungen in Bezug auf Rasse, Ethnizität oder Religion« erfahren zu haben. Einer von elf Befragten gab an, sogar schon Opfer rassistisch motivierter körperlicher Gewalt geworden zu sein.

Auch am Arbeitsplatz und bei der Jobsuche leidet laut der Umfrage jeder sechste Angehörige einer religiösen Minderheit in New York unter Diskriminierung. Das gilt besonders für Menschen, die durch ihre Hautfarbe oder durch ihre religiöse Kleidung als Mitglied einer bestimmten Community identifiziert werden können. Muslimische Frauen, die einen Hijab trugen, gaben zum Beispiel an, schon häufig auf U-Bahnsteigen angerempelt worden zu sein.

Einer von sieben Befragten gab an, in einem Geschäft aufgrund seiner ethnischen oder religiösen Herkunft diskriminiert worden zu sein. Meist fühlten sich die Betroffenen unter besonderer Beobachtung der Verkäufer oder des Sicherheitspersonals.

Gut die Hälfte der Teilnehmer der Befragung waren Muslime, ein knappes Drittel waren Juden. Vier von fünf der jüdischen Befragten erklärten, »sehr« oder »zumindest etwas« betroffen zu sein von antisemitisch motiviertem Vandalismus und Sachbeschädigung, beispielsweise Schmierereien an Synagogen.

Diskriminierung Vor allem orthodoxe Juden wurden besonders häufig Opfer von Diskriminierung am Arbeitsplatz und von Beleidigungen auf offener Straße. Besonders schlimm war ein Vorfall im April, als Menachem Moskowitz, ein 52-jähriger orthodoxer Jude, im Stadtteil Brooklyn am Schabbat auf dem Nachhauseweg von der Synagoge übel beleidigt und dann zusammengeschlagen wurde.

Moskowitz schilderte den Hergang der Tat so: »Ich sah einen Zigarre rauchenden Mann an einer Ecke stehen und grüßte ihn. Sofort schrie er mich an: ›Ihr falschen Juden grüßt mich? Ihr falschen Juden habt mein ganzes Geld gestohlen und mich ausgeraubt. Ich könnte euch alle umbringen!‹ Als ich weiterlief, sprang er auf mich zu und rief: ›Ich hasse Juden!‹ Anschließend nahm er mich in den Schwitzkasten. Als ich um Hilfe schrie, rief er: ›Du brauchst keine Hilfe mehr. Ich bringe dich hier und jetzt um!‹«

Das Opfer kam zwar mit Rippenbrüchen und einem blauen Auge davon, und der Angreifer, ein 40-jähriger New Yorker, wurde wenige Tage später festgenommen. Doch der brutale Angriff war nur einer von mindestens drei gewaltsamen Attacken auf New Yorker Juden allein in diesem Jahr.

Moskowitz’ Frau Channah wurde gegenüber dem Sender CBS deutlich: »Es herrscht Angst. Da draußen gibt es Leute, die uns umbringen wollen, nur weil wir Juden sind.«

In der Studie verneinten fast drei Viertel die Frage, ob sie Vorfälle anzeigen würden, und selbst bei rassistisch motivierter Gewalt ging nur weniger als ein Fünftel der Betroffenen zur Polizei. Die Dunkelziffer ist hoch.

Als Grund für die geringe Bereitschaft, Hasskriminalität zur Anzeige zu bringen, wurden von den Befragten Zweifel genannt, ob Beschwerden ernst genommen werden und zu praktischen Konsequenzen führen.

Die Chefin der New Yorker Menschenrechtskommission, Carmelyn Malalis, hat nun konkrete Schritte zur Bekämpfung von Vorurteilen, Rassismus und Antisemitismus angekündigt. Die von Malalis geleitete Kommission kann Strafgelder in Höhe von bis zu 250.000 Dollar für »vorsätzliche und bösartige« Menschenrechtsverletzungen verhängen und den Opfern Entschädigungen zusprechen.

Pluralismus Tony Carnes, Chefredakteur des Online-Magazins »A Journey Through NYC Religions«, meint zwar, die Studie leiste einen wichtigen Beitrag zur Benennung von Problemen beim Zusammenleben verschiedener Gruppen in der Stadt, doch warnt er davor, die Lage zu dramatisieren.

Andere Studien hätten wiederholt gezeigt, dass eine große Mehrheit der New Yorker nach wie vor fest am Modell einer pluralistischen und solidarischen Gesellschaft festhalte.

»Was wir hier gerade erleben, ist der Übergang von der säkularen in die postsäkulare Gesellschaft, in der religiöse und nichtreligiöse Communitys sich gegenseitig unterstützen müssen«, so Carnes im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Es reiche nicht, nur auf sich selbst zu schauen und die eigenen Probleme zu beklagen. »Die nächste Studie der Menschenrechtskommission muss auch andere gesellschaftliche Gruppen einbeziehen.«

www1.nyc.gov/site/cchr/media/MASAJS-survey.page

Großbritannien

Nike hat es »nicht böse gemeint«

Der Sportartikel-Konzern hing zum London Marathon ein Banner auf, das aus Sicht von Kritikern die Schoa lächerlich gemacht hat. Jetzt hat sich das Unternehmen entschuldigt.

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Sport

Nach Anti-Israel-Eklat: Jetzt sprechen die Schweizer Fechter

Bei der Nachwuchs-EM der Fechterinnen und Fechter kommt es in Estland zu einer viel diskutierten Szene. Nun haben sich die verantwortlichen Schweizer erklärt

 28.04.2025

Fecht-EM

Schweizer Fechter schauen bei israelischer Hymne demonstrativ weg

Nachdem die U23-Mannschaft der Schweizer Fechter gegen Israel protestierte, äußert sich nun der Schweizer Fechtverband und verurteilt den Vorfall

von Nicole Dreyfus  28.04.2025

Großbritannien

Israelfeindliche Aktivisten stören London-Marathon

Mitten im London-Marathon kommt es zu einer Protestaktion gegen Israel. Zwei Aktivisten springen auf die Strecke und streuen rotes Pulver

 27.04.2025

Essay

Wir gehen nicht allein

Zum ersten Mal hat unsere Autorin mit dem »Marsch der Lebenden« das ehemalige KZ Auschwitz besucht. Ein Versuch, das Unvorstellbare in Worte zu fassen

von Sarah Maria Sander  27.04.2025

Frankreich

Serge Klarsfeld: »Wir müssen vorbereitet sein«

Der Holocaust-Überlebende und Nazi-Jäger hat in »Le Figaro« einen dringenden Appell veröffentlicht und erneut für rechte Parteien geworben. Das Judentum sei bedrohter denn je, glaubt er

 25.04.2025

USA

Sharon Osbourne vs. die Anti-Israel-Popkultur

Rock-Veteranin Sharon Osbourne hat sich mit dem irischen Rap-Trio Kneecap angelegt, das offensichtlich meint, mit Hassrede gegen Israel seine Fanbase vergrößern zu können

von Sophie Albers Ben Chamo  25.04.2025

KZ-Gedenkstätte Auschwitz

Israels Präsident Isaac Herzog und Eli Sharabi beim »Marsch der Lebenden«

Auf dem Weg von Auschwitz nach Birkenau sind diesmal auch ehemalige israelische Geiseln der Hamas dabei. Israels Präsident Herzog erinnerte an die weiterhin in Gaza gefangen gehaltenen israelischen Geiseln

 24.04.2025