Belgien

Aalster Karneval erneut mit antisemitischen Motiven

Orthodoxe Juden, zwischen denen Goldbarren liegen, beim Aalster Karneval Foto: dpa

Der Straßenkarneval im belgischen Aalst ist am Sonntag ungeachtet israelischen Protests gegen antisemitische Darstellungen gestartet.

Zu sehen waren unter anderem Karikaturen orthodoxer Juden, zwischen denen Goldbarren liegen, sowie als orthodoxe Juden verkleidete Teilnehmer. Schon im vergangenen Jahr gab es Kritik an der traditionellen Parade, nachdem auf Umzugswagen judenfeindlichen Klischees abgebildet waren, wie etwa auf Geldsäcken sitzende Männer mit Schläfenlocken und Hakennasen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Hassbotschaft Vor dem diesjährigen Umzug hatte Israels Außenminister Israel Katz Belgien aufgefordert, die Festlichkeiten zu verbieten. »Belgien als westliche Demokratie sollte sich dafür schämen, eine solch giftige antisemitische Darstellung zu erlauben«, hatte Katz am Donnerstag auf Twitter geschrieben. Auch Europaabgeordnete hatten im Vorfeld an Aalst appelliert, diesmal jede Art von Hassbotschaft zu unterbinden.

Vor dem diesjährigen Umzug hatte Israels Außenminister Israel Katz Belgien aufgefordert, die Festlichkeiten zu verbieten.

Aalsts Bürgermeister Christoph D’Haese hat die Anwohner vor dem Umzug aufgerufen, »nicht um des Verletzens willen zu verletzen«. Gegenüber der belgischen Zeitung »Het Laatste Nieuws« sagte er, Karneval sei »ein spezieller Kontext« und »Humor eine wichtige Äußerung in einer freien Gesellschaft«.

Reaktionen Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Rabbiner Pinchas Goldschmidt, erklärte am Sonntag: »Der satirische Umzug mit antisemitischen Darstellungen im belgischen Aalst ist äußerst beleidigend und missbraucht die Macht der Redefreiheit, die ein so wesentlicher Bestandteil jeder liberalen Demokratie ist.« Diese Art von Antisemitismus erinnere »an einige der dunklen Momente der europäischen Vergangenheit«.

Es sei nicht akzeptabel, »dass führende Politiker wie der König von Belgien zuletzt beim Holocaust-Gedenken eine Woche lang ‚Nie wieder‘ erklären und dann untätig zusehen, wenn antisemitische Symbole nur Wochen später auf ihren Straßen auftauchen«, erklärte Goldschmidt.

Den Veranstaltern hätte klar sein müssen, »dass sie genau mit solchen judenfeindlichen Motiven mit zum Wiedererstarken des Antisemitismus in Europa beitragen«.

Den Veranstaltern hätte klar sein müssen, »dass sie genau mit solchen judenfeindlichen Motiven mit zum Wiedererstarken des Antisemitismus in Europa beitragen«. Rabbiner Pinchas Goldschmidt

Die geschäftsführende Premierministerin Sophie Wilmès sagte, die Vorgänge in der flämischen Kleinstadt am Sonntag schadeten dem guten Ruf Belgiens. »Die Verwendung von Andeutungen und Stereotypen, die Gemeinschaften und Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer Herkunft stigmatisieren, führt zu Spaltungen«, erklärte Wilmès in einer Pressemitteilung.

Das sei besonders »bei bewussten und wiederholten Handlungen« ein Problem, so die liberale Politikerin in Anspielung auf die Vorgeschichte des Umzuges.

schande Der diesjährige Aalst-Karneval sei »eine Schande«, sagte Joël Rubinfeld, Präsident der Belgischen Liga gegen Antisemitismus, der selbst vor Ort war. Er habe dort Hakennasen gesehen und die Darstellung der Klagemauer, als sei sie mit Goldbarren erbaut.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

»Es ist ein Schaden, dass wir dies in unserem Land im Namen der Meinungsfreiheit geschehen lassen«, so Rubinfeld. Die problematischen Motivwagen machten zwar nur fünf Prozent des gesamten Umzugs aus, aber sie blieben in den Köpfen der Menschen hängen.

Das American Jewish Committee (AJC) forderte die belgischen und europäischen Behörden auf, die antisemitische Karnevalsprozession von heute zu »verurteilen«.

Das American Jewish Committee (AJC) forderte die belgischen und europäischen Behörden auf, die antisemitische Karnevalsprozession von heute zu »verurteilen«.

UNTERSUCHUNG »Nachdem sich die flämischen und föderalen belgischen Behörden geweigert haben, diese groteske Darstellung antisemitischen Hasses zu verbieten und sie in einigen Fällen sogar unterstützt haben, sollte die Europäische Union unverzüglich eine Untersuchung einleiten«, sagte Schwammenthal, der Direktor des Brüsseler Büros der Organisation.

Er ging noch einen Schritte weiter und forderte die EU-Kommission auf, ein Strafverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen das Land einzuleiten. Aktuell läuft ein solches Verfahren gegen Ungarn.

Das Antwerpener Forum der jüdischen Organisationen (FJO) bedauerte, dass in Aalst wieder antijüdische Karikaturen verwendet wurden. Sie seien noch peinlicher als im letzten Jahr gewesen, wurde FJO-Sprecher Hans Knoop vom flämischen TV-Sender VRT zitiert. »Damals konnten wir annehmen, dass es wohl nicht die Absicht war, uns zu beleidigen. Was da aber jetzt geschieht, trotzt wirklich jeglicher Vorstellungskraft«, so Knoop.

WELTERBE Wie andere Narrenfeste der Region geht auch der Umzug in der Karnevalshochburg Aalst auf die Tradition zurück, mit Karikatur und Satire politische Kritik zu üben. Wegen wiederkehrender rassistischer und judenfeindlicher Darstellungen hat der Aalster Karneval 2019 seinen Status als Weltkulturerbe eingebüßt.

Am Sonntag waren auch Karnevalisten zu sehen, die als »UNESCO« verkleidet den Umzug begleiteten.  ja/dpa

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Wien

Österreichs Regierung mit neuer Strategie gegen Antisemitismus

KI-gestützte Systeme zum Aufspüren von Hate Speech, eine Erklärung für Integrationskurse, vielleicht auch Errichtung eines Holocaust-Museums: Mit 49 Maßnahmen bis zum Jahr 2030 will Wien gegen Antisemitismus vorgehen

 10.11.2025

Jerusalem

Zerstrittene Zionisten

Der Zionistische Weltkongress tagt zum 39. Mal seit seiner Gründung im Jahr 1897 durch Theodor Herzl. Doch das Treffen droht zum Fiasko für die Organisation zu werden. Die Hintergründe

von Joshua Schultheis  10.11.2025