Innovation

Wellenbrecherische Energie

Die zehn Schwimmkörper im Hafen von Jaffa reichen aus, um etwa 100 Haushalte mit Strom zu beliefern. Foto: Sabine Brandes

Sie ist knallblau und schlägt mächtig Wellen: Die neue Installation des israelischen Unternehmens Eco Wave Power im Hafen von Jaffa ist die erste Wellenkraftanlage, die an das Netz der Stromversorgung des Landes angeschlossen wurde. Die Technologie wurde von einer Frau erfunden: Inna Braverman, der Gründerin und Geschäftsführerin von Eco Wave Power. Die 38-jährige Israelin, die in der Ukraine geboren wurde, kann es mit der Energie des Meeres locker aufnehmen. In ihrer unverblümten Art spazierte sie vor einigen Jahren zur Stadtverwaltung von Tel Aviv, stellte ihre Idee dem Stadtrat vor und überzeugte ihn, ihr ein Stückchen der Kaimauer vom Hafen in Jaffa zu überlassen, um ein Pilotprojekt zu errichten.

Schließlich baute sie die Anlage zusammen mit EDF Renewables Israel, einem Tochterunternehmen des französischen Staatskonzerns Électricité de France (EDF), und wurde sogar vom Chefwissenschaftler des Energieministeriums in Jerusalem unterstützt, der die Leistung von Eco Wave Power als »bahnbrechende Technologie« anerkannte.

Wasser bedeckt bekanntlich rund 70 Prozent der Oberfläche unseres Planeten. Braverman wollte einen Weg finden, diese Kraft zu nutzen, »denn heute erzeugt die Welt definitiv noch nicht genug saubere Energie«. Laut den Vereinten Nationen werden derzeit 60 Prozent der Treibhausgas­emissionen der Welt durch die Produktion von Strom aus fossilen Brennstoffen wie Öl, Kohle und Gas verursacht. Nur 20 Prozent des weltweiten Stroms stammen aus sauberen Energiequellen. »Die Quellen, die wir haben, Sonne und Wind etwa, sind wundervoll«, so die Unternehmerin. »Aber sie reichen nicht aus.«

Sogar das Salz im Wasser wird als Energiequelle genutzt

Bei ihrer Technologie sind es nicht nur die Wellen, die Energie erzeugen. Auch die Gezeiten, Strömungen und sogar das Salz im Wasser werden genutzt. Bravermans Erfindung, übrigens patentiert, ist neu, aber simpel. Schwimmkörper, die an einer Struktur befestigt sind, bewegen sich mit den Wellen des Meeres auf und ab. Die dabei aufgenommene Energie wird in Strom umgewandelt, der in das nationale Netz eingespeist werden kann.

Und genau das geschah jetzt in Jaffa, als die Pilotstation, die man in Kooperation mit der Stadtverwaltung und dem städtischen Unternehmen Atarim errichtete, angeschlossen wurde. Dafür drückte Bürgermeister Ron Huldai auf den Schalter eines Tablets. Innerhalb von Sekunden senkten sich die blauen Schwimmkörper ins Meerwasser. Er sei stolz, dass Tel Aviv diese innovative Technologie als erste Stadt einsetzt. »Jaffa, der älteste historische Hafen der Welt, ist heute ihr modernster geworden.«

Die Erfinderin hat Großes im Sinn: Sie will ganze Städte mit ihrem Konzept versorgt sehen.

Für Braverman ist die Inbetriebnahme des ersten Wellenenergiekraftwerks Israels »mehr als nur eine technologische Errungenschaft, sondern eine starke Aussage über die Zukunft, die wir uns vorstellen«. Das Projekt stelle einen historischen Meilenstein auf dem Weg zu erneuerbarer Energie dar und beweise, dass Meereswellen eine praktikable, saubere und zuverlässige Stromquelle sein können.

Gemeinsam mit den Kooperationspartnern will Eco Wave Power »Israel an die Spitze der Wellenenergie-Innovation« bringen. »Zusammen schaffen wir eine neue Welle von Möglichkeiten im Kampf gegen den Klimawandel.«

Zwar gibt es bereits Anlagen, die die Kraft der Wellen offshore nutzen, also mitten im Meer. Sie sind jedoch anfällig für Beschädigungen, da sie ungeschützt extremer Witterung ausgesetzt sind, die Instrumente inklusive. Darüber hinaus werden sie wenig umweltfreundlich im Meeresboden verankert. »Wir verbinden unsere Anlagen ausschließlich mit bestehenden, von Menschenhand geschaffenen Strukturen«, erklärt die Eco-Wave-Power-Chefin. »Und zwar greifen wir dabei auf Betonmauern zurück, die den Hafen vor Stürmen schützen sollen, und verwandeln sie in eine Quelle sauberer Elektrizität. Also verwenden wir tatsächlich etwas, das die Umwelt geschädigt hat, um daraus etwas Umweltfreundliches zu machen.« Zudem befänden sich alle teuren elektronischen Geräte in Gebäuden an Land.

Inna Braverman (3.v.r.) neben Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai bei der EröffnungFoto: Sabine Brandes

Die zehn Schwimmkörper im Hafen von Jaffa reichen aus, um etwa 100 Haushalte mit Strom zu beliefern. Doch Braverman hat Großes im Sinn: Sie will ganze Städte mit ihrer Innovation versorgt sehen. Der Weltenergierat schätzt, dass Wellenenergie doppelt so viel Strom liefern könnte, wie die Welt heute produziert. »Können Sie sich die Auswirkungen dieser Menge sauberen Stroms auf den Planeten vorstellen?«, fragt sie und strahlt vor Freude. Eco Wave Power wird in Kürze mit der Installation von Wellenenergieprojekten im Hafen von Los Angeles, auf Taiwan und in Portugal beginnen.

Bravermans Ehrgeiz hat einen ganz persönlichen Grund

Bravermans Einsatz hat einen persönlichen Hintergrund: »Ich war eines der Babys, das durch die Auswirkungen der Explosion im Atomkraftwerk Tschernobyl verletzt wurde. Ich erlitt einen Atemstillstand. Glücklicherweise war meine Mutter Krankenschwester und rettete mich mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung«, berichtet sie. Da ihr die »erste Chance« im Leben durch eine unsichere Art der Stromerzeugung beinahe genommen worden wäre, widmet sie ihre »zweite Chance« der Entwicklung einer »innovativen, höchst wirkungsvollen, erneuerbaren Energiequelle«.

Bei Eco Wave Power kommen mittlerweile Anfragen aus der ganzen Welt an, darunter der Türkei, Saudi-Arabien und sogar aus dem Iran. »Es ist eine eindrucksvolle Erinnerung daran, dass Technologie uns über alle Grenzen und die Politik hinweg zusammenbringen kann«, sagt die Gründerin. Der physische Beweis findet sich etwa zwei Autostunden von Tel Aviv entfernt. Dort sind kürzlich »ganz still und leise« rote Schwimmkörper zu Wasser gelassen worden, um Wellenenergie zu sammeln. In Gaza.

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