Washington

US-Demokraten empört über israelisches Einreiseverbot

Nancy Pelosi war bis 2023 Sprecherin des Repräsentantenhauses Foto: dpa

Das israelische Einreiseverbot für die US-Abgeordneten Rashida Tlaib und Ilhan Omar ist auf scharfe Kritik führender Demokraten in Washington gestoßen. Der demokratische Fraktionschef im US-Repräsentantenhaus, Steny Hoyer, rief den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu am Donnerstag dazu auf, die »unerhörte« Entscheidung zu überdenken.

Der Fraktionschef der Demokraten im Senat, Chuck Schumer, warnte, das Einreiseverbot werde die bilateralen Beziehungen und die Unterstützung für Israel in den USA negativ beeinflussen.

BDS Netanjahu begründete das Einreiseverbot damit, dass die beiden Abgeordneten der Demokraten sich im Kongress für Gesetze zum Boykott Israels einsetzten. Ziel ihres Besuches sei gewesen, »Israel Schaden zuzufügen«, teilte Netanjahu mit. »Deshalb hat der Innenminister beschlossen, ihren Besuch nicht zu erlauben, und ich als Ministerpräsident unterstütze seine Entscheidung.«

Nancy Pelosi, die Vorsitzende des US‐Repräsentantenhauses, nannte das Einreiseverbot »ein Zeichen der Schwäche und unter der Würde des großartigen Staates Israel«.

Tlaib und Omar gelten als Unterstützerinnen der anti-israelischen BDS-Bewegung (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen). US-Präsident Donald Trump hatte zuvor per Tweet indirekt an die israelische Regierung appelliert, die beiden Frauen nicht ins Land zu lassen.

Es wäre ein Zeichen großer Schwäche, wenn Israel die Abgeordneten einreisen ließe, schrieb der Republikaner auf Twitter. »Sie hassen Israel und alle Juden«, ergänzte er. »Sie sind eine Schande!«

Repräsentantenhaus Trump wollte am Donnerstag vor Journalisten nicht sagen, ob er mit seinem engen Verbündeten Netanjahu über den geplanten Besuch der beiden demokratischen Abgeordneten gesprochen habe. »Ich will nicht kommentieren, mit wem ich gesprochen habe«, sagte er. »Aber ich habe mit Menschen dort drüben gesprochen.« Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, die Demokratin Nancy Pelosi, nannte das Einreiseverbot »ein Zeichen der Schwäche und unter der Würde des großartigen Staates Israel«. Trumps Äußerungen seien respektlos.

Netanjahu warf Tlaib und Omar vor, Israel die Legitimität abzusprechen. Der Reiseplan, den seine Regierung vor wenigen Tagen erhalten habe, nenne als Reiseziel Palästina und nicht Israel. Anders als alle anderen demokratischen und republikanischen Abgeordneten, die Israel besuchten, hätten Tlaib und Omar nicht um Treffen mit Vertretern der israelischen Regierung oder Opposition gebeten.

Affront Omar kritisierte das Einreiseverbot gegen sie und ihre Parteikollegin Tlaib. Es sei ein Affront, dass Netanjahu unter dem Druck von Trump gewählten Vertretern des US-Kongresses die Einreise verweigere. Omar warf dem israelischen Premier vor, er verweigere sich konsequent Friedensbemühungen, beschränke die Bewegungsfreiheit für Palästinenser und tue sich mit Islamfeinden wie Trump zusammen. Netanjahu ist ein enger Verbündeter Trumps.

Die beiden Abgeordneten sind die ersten beiden Musliminnen im US-Kongress. Nach unterschiedlichen Medienberichten war ihre Ankunft auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion in der Nähe von Tel Aviv bis Sonntag erwartet worden. Sie sollen demnach einen Besuch auf dem für Juden und Muslime heiligen Tempelberg in Jerusalem geplant haben – in Begleitung von palästinensischen Repräsentanten. Sie wurden auch in den Städten Bethlehem, Hebron und Ramallah im Westjordanland erwartet. Offizielle Angaben zu ihren Reiseplänen gab es bislang nicht.

Antisemitismus Israel hat 2018 festgelegt, Aktivisten bestimmter Organisationen, die zu einem Israelboykott aufrufen, die Einreise zu verweigern. Die internationale BDS-Bewegung setzt sich für Sanktionen und einen Boykott Israels wegen der Palästinenserpolitik der israelischen Regierung ein. Diese wirft der Bewegung vor, sie sei antisemitisch und gehe einseitig gegen den jüdischen Staat vor.

Im Februar hatte sich Omar nach heftigen Antisemitismusvorwürfen für einen Tweet entschuldigt. In dem Tweet hatte sie gesagt, dass Geld die Haltung der US-Abgeordneten zu Israel bestimme.

Tlaib wurde im Mai nach einem Interview scharf kritisiert, in dem sie sagte, ihre palästinensischen Vorfahren hätten einen »sicheren Hafen« für Juden nach dem Holocaust geboten. Sowohl israelische als auch palästinensische Wissenschaftler wiesen die Aussage zurück.

Vorwürfe Trump hatte Omar und Tlaib in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich kritisiert, ihnen Antisemitismus vorgeworfen und sie – neben zwei weiteren demokratischen Abgeordneten – dazu aufgerufen, in ihre vermeintlichen Heimatländer zurückzugehen. Alle vier Frauen sind amerikanische Staatsbürgerinnen.

Tlaib ist Tochter palästinensischer Einwanderer, geboren in Detroit. Omar kam zwar in Somalia auf die Welt, wurde aber schon als Teenager in den USA eingebürgert. Trumps Angriffe auf die Demokratinnen hatten heftige Diskussionen ausgelöst: Führende Demokraten warfen dem Präsidenten Rassismus, weißen Nationalismus und Scharfmacherei vor.  dpa

Meinung

Eurovision: Mobbing statt Musik

Eigentlich versteht jeder, dass Musiker nicht mit ihren Regierungen identisch sind. Wenn es um den jüdischen Staat geht, scheint diese Logik jedoch nicht zu gelten

von Sabine Brandes  07.12.2025

Israel

Ein zarter Neuanfang

Bei seinem Antrittsbesuch in Jerusalem wollte Bundeskanzler Friedrich Merz das zuletzt stark belastete Verhältnis zum jüdischen Staat kitten. Ist es ihm gelungen? Eine Analyse

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Gesellschaft

»Hamas hält letzte Geisel als Faustpfand«

Anti-Regierungsproteste lösen die wöchentlichen Kundgebungen zur Befreiung der Geiseln ab

von Sabine Brandes  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 07.12.2025 Aktualisiert

Gaza

Clanchef und Hamas-Gegner Abu Shabab ist tot

Der Milizanführer Yasser Abu Shabab sei am Wochenende bei einem »internen Streit« erschossen worden, heißt es

von Sabine Brandes  07.12.2025

Geschichte

Heimat für die Jeckes

Das »Museum des deutschsprachigen jüdischen Erbes« bekommt an der Universität Haifa ein neues Zuhause

von Sabine Brandes  07.12.2025

Yad Vashem

Merz: »Wir werden die Erinnerung lebendig halten«

Es ist einer der wichtigsten Antrittsbesuche für Kanzler Merz. Der zweite Tag in Israel beginnt für ihn mit dem Besuch eines besonderen Ortes

 07.12.2025

Israel

Herzog: Israel entscheidet selbst über Netanjahu-Begnadigung

US-Präsident Trump hat wiederholt eine Begnadigung des wegen Korruption angeklagten israelischen Regierungschefs Netanjahu gefordert. Israels Staatspräsident Herzog hat eine klare Meinung dazu

 07.12.2025

Jerusalem

Merz: Deutschland wird immer an der Seite Israels stehen

Der Bundeskanzler bekräftigt bei seiner Israel-Reise die enge Partnerschaft. Am Sonntag besucht er die Yad Vashem und trifft Premierminister Netanjahu

von Sara Lemel  07.12.2025 Aktualisiert