Libanon

»Nasrallah wird nicht länger in der Lage sein, die Welt zu terrorisieren«

Israels Todfeind und Terrorchef Hassan Nasrallah Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Der Chef der schiitischen Terrororganisation Hisbollah, Hassan Nasrallah, ist laut israelischen Angaben bei einem Angriff am Freitag in einem Vorort von Beirut getötet worden. »Hassan Nasrallah wird nicht länger in der Lage sein, die Welt zu terrorisieren«, teilte das israelische Militär am Samstagvormittag mit. Auch der wichtige Hisbollah-Kommandeur für den Süden des Landes, Ali Karaki, und weitere Kommandeure der Terrormiliz seien ums Leben gekommen. Zudem sei ein iranischer Brigadegeneral bei dem Angriff getötet worden.

Daniel Hagari, der Sprecher der israelischen Armee, sagte in einer offiziellen Erklärung: »Hassan Nasrallah, der Anführer einer bösartigen Terrororganisation, die mit ihm eliminierten hochrangigen Terroristen und die Zentrale, in der sie sich befanden, waren nach internationalem Recht legitime militärische Ziele.« Nasrallah habe das Hauptquartier der Hisbollah gezielt unter Wohnhäusern in Dahiya, Beirut, errichtet, »weil die Hisbollah libanesische Zivilisten absichtlich als menschliche Schutzschilde benutzt. Während die Hisbollah versucht, den Schaden für die Zivilbevölkerung zu maximieren, versucht Israel, ihn zu minimieren«, so Hagari.

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Am Mittag bestätigte die libanesische Hisbollah den Tod ihres Generalsekretärs. Nasrallah sei auf die »Seite seines Herrn« gewechselt und habe sich seinen »großen und unsterblichen Märtyrern angeschlossen«, teilte die pro-iranische Terrormiliz auf Telegram mit. Zu einem möglichen Nachfolger äußerte sie sich zunächst nicht.

Schwerster Schlag Israels gegen die Hisbollah seit Jahrzehnten

Der Tod des 64-jährigen Nasrallah, der die Organisation seit 30 Jahren anführte, ist der schwerste Schlag Israels gegen die Hisbollah und einen ihrer größten Feinde seit Jahrzehnten. Welche Folgen das für den Konflikt mit Israel, für die Nahost-Region sowie den Libanon selbst haben dürfte, ist zurzeit kaum absehbar.

Israels Militär griff nach eigener Darstellung das Hauptquartier der Hisbollah an, das sich demnach unter Wohngebäuden befunden haben soll. Nach dem Angriff im Vorort Haret Hreik nahe dem Flughafen waren dichte Rauchwolken zu sehen und anschließend große Trümmerberge, mehrere Gebäude wurden zerstört. Die Armee habe Informationen gehabt, dass Nasrallah und weitere Hisbollah-Kommandeure in dem Hauptquartier zusammengekommen seien.

Indes berichtete die »New York Times« unter Berufung auf drei israelische Quellen aus dem Bereich Verteidigung, dass der Aufenthaltsort Nasrallahs seit Monaten bekannt gewesen sei. 

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Israels Armeesprecher Daniel Hagari sagte, Nasrallahs Tod mache die Welt sicherer. Zugleich warnte er: »Es ist noch nicht vorbei, die Hisbollah hat noch mehr Möglichkeiten.«

»Die Botschaft an alle, die die Bürger des Staates Israel bedrohen, ist einfach: Wir werden wissen, wie wir sie erreichen können. Im Norden, im Süden und an weiter entfernten Orten«, sagte Generalstabschef Herzi Halevi. Der Angriff am Freitag, dem die Armee den Namen »Neue Ordnung« gab, sei lange vorbereitet worden. »Er kam zum richtigen Zeitpunkt und auf sehr scharfe Weise«, so Halevi weiter. Das Militär sei nun in höchster Alarmbereitschaft.

»Der geschwächte und angeschlagene Zustand der Hisbollah bietet ein kurzes Zeitfenster, um ihre strategischen Fähigkeiten weiter zu schwächen«, sagte Orna Mizrachi vom israelischen Institut für Nationale Sicherheit (INSS). Denn schon bald werde es wegen der zivilen Opfer im Libanon Druck auf Israel geben, die Einsätze einzustellen. Israel müsse gemeinsam mit den USA eine Ausstiegsstrategie entwickeln, um den Konflikt im Norden zu beenden, so die Forscherin der israelischen Denkfabrik.

Nasrallah stand seit 1992 an der Spitze der schiitischen Terrormiliz. Er war einer der schwierigsten Gegenspieler Israels. Er stimmte sich eng mit dem Iran und dessen Revolutionsgarden (IRGC) ab, dem wichtigsten Unterstützer der Hisbollah, und verwandelte die Miliz in eine deutlich mächtigere und gefährlichere Terrororganisation, als sie es in der Zeit seines Vorgängers Abbas al-Mussawi war. 

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Mit dem Tod Nasrallahs könnte der Konflikt mit Israel noch weiter außer Kontrolle geraten. Allerdings ist nicht klar, ob der Iran als wichtigster Unterstützer der Hisbollah im Fall eines Kriegs zu Hilfe eilt. Die neue iranische Regierung unter Präsident Massud Peseschkian kämpft mit einer schweren Wirtschaftskrise und strebt eine Wiederannäherung an den Westen an. Obwohl Irans militärische Führung nach der Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Haniyeh Ende Juli Vergeltung ankündigte, blieb diese bis heute aus.

Die Hisbollah wurde durch massive Angriffe Israels in den vergangenen Wochen schwer getroffen. Ihre Führung, Kommunikationsmittel, Raketen- und Waffenarsenale, Infrastruktur und wohl auch ihre Kampfmoral wurden deutlich geschwächt. 

Mehrere Szenarien jetzt möglich

Mehrere Szenarien wären jetzt möglich: Die Hisbollah könnte den Kampf vorerst aufgeben, den Beschuss Israels beenden, einer Waffenruhe zustimmen und sich – wie es eine UN-Resolution vorsieht – rund 30 Kilometer von der Grenze entfernt zurückziehen. Israel hätte ein Kriegsziel erreicht, wenn mehr als 60.000 Menschen in ihrer Häuser und Wohnungen im Norden des Landes zurückkehren können.

Oder die Hisbollah weitet ihre Angriffe gegen Israel aus, greift mit modernsten Raketen israelische Städte und militärische Ziele an und verursacht viele Todesopfer und Sachschäden. Damit würde eine weitere Eskalation der bisherigen Kampfhandlungen drohen.

Fraglich ist auch, inwieweit der Iran der Hisbollah zur Seite steht und wie sich andere nichtstaatliche Verbündete des Iran, wie die Huthi-Miliz im Jemen und Milizen im Irak, verhalten. Auch im Libanon ist unklar, in welcher Form die militärisch, politisch und sozial sehr mächtige Terrororganisation fortbestehen wird.

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Unterdessen hat US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Tag des israelischen Angriffs auf Hisbollah-Chef Nasrallah nach Angaben seines Ministeriums zweimal mit seinem israelischen Amtskollegen Yoav Gallant gesprochen. In den Telefonaten am Freitag habe Austin Israel die volle Unterstützung der USA im Kampf gegen von Iran unterstützte Terrorgruppen zugesagt, teilte das Pentagon mit. Er habe auch deutlich gemacht, dass die USA entschlossen seien, den Iran und mit ihm verbundene Gruppen daran zu hindern, »die Situation auszunutzen oder den Konflikt auszuweiten«. Man sei in der Lage, die US-Truppen in der Region zu schützen, und bliebe der Verteidigung Israels verpflichtet.

Seit dem 8. Oktober 2023 steht Israel unter Dauerbeschuss der Hisbollah. Israel reagiert mit Gegenangriffen, um die Attacken zu unterbinden und um seine Bürger zu schützen. Mehrere Zehntausend Israelis sind durch die Angriffe aus dem Libanon zu Binnenflüchtlingen geworden. dpa/ja

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