Montefiores Mühle

Kriegsschauplatz und Ausflugsziel

Feinste weiße Farbe, 200 neue Flügelklappen, 72 neue Zähne für das Bremsrad und 50 neue Zähne für die Steinritzel. Die Bestellliste aus dem 19. Jahrhundert ist heute wieder aktuell: Was 1867 für die allererste Renovierung der Montefiore-Windmühle gebraucht wurde, müssen die Projektplaner der Jerusalem-Stiftung so oder ähnlich nun noch einmal ordern. Denn: Das Bauwerk wird zurzeit restauriert. Im September 2012 sollen sich die Segel der historischen Mühle endlich wieder drehen – zum ersten Mal seit 136 Jahren.

Das Objekt im historischen Viertel Mishkenot Sha’ananim gehört zu den Wahrzeichen Jerusalems. Moses Montefiore, der bekannte jüdische Philanthrop aus England, ließ die Windmühle 1857 errichten.

»Es ist ein Bauwerk mit Symbolcharakter«, erklärt Irene Pollak von der Jerusalem-Stiftung. »Montefiore sagte den Juden in Jerusalem damals: Ihr könnt ausziehen aus der Altstadt. Mit der Mühle hat er Mishkenot Sha’ananim, die erste jüdische Siedlung außerhalb der Stadtmauern, autark und die Bewohner unabhängig gemacht.«

legenden Jedoch nicht dauerhaft: Um die Mühle und ihre Betriebsdauer ranken sich zahlreiche Gerüchte und Legenden. So sollen arabische Arbeiter das Projekt damals sabotiert und sogar mit einem Fluch belegt haben. Außerdem habe es an dem Standort nicht genügend Wind gegeben. Und auch das lokale Getreide sei für die nach englischem Vorbild errichtete Mühle zu hart gewesen.

»Dass sie niemals funktioniert haben soll, ist aber völliger Quatsch«, sagt Haim Barimboim, Technischer Leiter der Jerusalem-Stiftung. »Wir wissen aus verschiedenen historischen Quellen, dass sie gut zwanzig Jahre in Betrieb war.« Ab etwa 1876 sollen die Flügel dann jedoch dauerhaft stillgestanden haben.

bombardiert Nachdem die Windmühle in den 30er- Jahren von der britischen Mandatsmacht mit angrenzender Parkanlage zum Naherholungsgebiet für Städter umfunktioniert wurde, gelangte sie während des Unabhängigkeitskrieges 1948 plötzlich noch einmal zu enormer Wichtigkeit für die jüdischen Bewohner Jerusalems – allerdings nicht zu Versorgungszwecken: Die Hanah errichtete einen Scharfschützenposten auf dem Dach. In der »Operation Don Quixote« sprengte die britische Armee daraufhin die Kuppel.

Erst zwanzig Jahre später, 1968, wurde eine neue Kupferkonstruktion aufgesetzt. Im Jahre 1998 renovierte die Jerusalem-Stiftung erstmals Kuppel und Segel. Allerdings handelte es sich hierbei um eine rein kosmetische Maßnahme, um das geschichtsträchtige Bauwerk vor dem Verfall zu retten. Die Flügel standen nach wie vor still.

»Vor zwei Jahren haben dann die ›Christen für Israel‹, eine niederländische Organisation, die Idee gehabt, die Mühle wieder zum Arbeiten zu bringen«, erzählt Haim Barimboim. »Als Touristenattraktion.«

stadtlandschaft Die von Jerusalems legendärem Bürgermeister Teddy Kollek 1966 gegründete Jerusalem-Stiftung, die für zahlreiche Projekte in der Stadtlandschaft verantwortlich zeichnet, war gleich von der Idee begeistert. »Und es war auch nicht schwierig, die Stadtverwaltung zu überzeugen.«

Aus der Montefiore-Mühle soll nun ein »lebendiges Museum« werden, wie Barimboim es ausdrückt. »Die Mühle soll sich nicht nur wieder drehen. Es wird auch gezeigt werden, wie man damit Mehl herstellt.«

Eine ständige Ausstellung in dem Bauwerk soll israelischen Schulkindern und Besuchern alles über Getreide und den Mahlvorgang erklären. Schließlich ist so eine Windmühle ein seltener Anblick im Land. Laut Barimboim gibt es nur zwei weitere in Israel: eine im Jerusalemer Stadtteil Rehavia, eine dritte steht in Haifa.

Vier Millionen Schekel, umgerechnet etwa 810.000 Euro, sind für die Restaurierung veranschlagt. Finanziert wird das Projekt von der Jerusalemer Stadtverwaltung, dem Tourismusministerium, den »Christen für Israel« sowie der Jerusalem-Stiftung.

originalteile Wie schon damals beim Bau der Mühle hat auch heute bei der Renovierung ein Engländer das Sagen: Vincent Pargeter aus Essex ist einer der wenigen verbliebenen Mühlenbauer des Königreichs, der für das Projekt engagiert wurde, um den ursprünglichen Charakter des Baus zu wahren.

Sein Entwurf bleibt so nah wie möglich am Original des Architekten Thomas Richard Holman, der die Windmühle 1857 errichtete. »Die Originalteile kamen alle aus England«, erklärt Barimboim. »Auch jetzt bestellen wir die meisten Eisenelemente von dort.« Nur manche Holzteile würden aus den Niederlanden geordert werden.

»Aus England wird dann alles nach Holland verschifft und von dort aus durch den niederländischen Vertragspartner schließlich auf den Weg nach Israel gebracht«, sagt Barimboim. Die Planungsphase stehe kurz vor dem Abschluss, die Arbeiten können demnach bald beginnen. »Und dann hoffen wir, dass wir im August, September 2012 fertig sein werden.«

Bei aller Nähe zum Originalbauplan wird auf ein Modul aus der Moderne definitiv nicht verzichtet werden: Ein kleiner Motor soll dafür sorgen, dass sich die Segel der Montefiore-Windmühle auch wirklich immer drehen. »Damit die Schulklassen und Touristen nicht umsonst kommen«, schmunzelt Barimboim.

Israel

Antisemitismus-Beauftragter wirft Sophie von der Tann Verharmlosung der Hamas-Massaker vor

Die ARD-Journalistin soll in einem Hintergrundgespräch gesagt haben, dass die Massaker vom 7. Oktober eine »Vorgeschichte« habe, die bis zum Zerfall des Osmanischen Reiches zurückreiche

 25.11.2025

Ramallah

Nach Hammer-Angriff auf Israeli - mutmaßlicher Täter getötet

Vor mehr als einem Jahr kam ein israelischer Wachmann im Westjordanland bei einem Angriff ums Leben. Seitdem haben israelische Sicherheitskräfte nach dem flüchtigen Täter gesucht

 25.11.2025

Waffenruhe

Hamas-Terroristen übergeben mutmaßliche Geisel-Leiche

Die Terroristen müssen noch die sterblichen Überreste von drei Geiseln übergeben

 25.11.2025

Wetter

Sturzfluten in Israel

Nach extremer Hitzewelle bringen erste heftige Stürme und Niederschläge Überschwemmungen im ganzen Land

von Sabine Brandes  25.11.2025

Hochzeit des Jahres

Hochzeit des Jahres

Daniel Peretz und Noa Kirel haben sich getraut

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Gesellschaft

Familienforum für Geiseln schließt seine Pforten

Nach mehr als zwei Jahren des unermüdlichen Einsatzes der freiwilligen Helfer »ist der Kampf vorbei«

von Sabine Brandes  24.11.2025

Meinung

Der Weg zum Frieden in Nahost führt über Riad

Donald Trump sieht in Saudi-Arabien zunehmend einen privilegierten Partner der USA. Die Israelis müssen gemäß dieser neuen Realität handeln, wenn sie ein Abkommen mit dem mächtigen Ölstaat schließen wollen

von Joshua Schultheis  24.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  24.11.2025

Sderot

Zweitägiges iranisches Filmfestival beginnt in Israel

Trotz politischer Spannungen will das Event einen Dialog zwischen Israelis und Iranern anstoßen

von Sara Lemel  24.11.2025