Demonstrationen

Iraner bitten Israelis um Hilfe

Weltweite Solidarität: Eine Frau schneidet in Paris während einer Solidaritätskundgebung für Demonstranten im Iran ihre Haare ab. (2. Oktober 2022) Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Es war ungewöhnliches Material, das der israelische Fernsehkanal zwölf jüngst ausstrahlte: Zuerst ist ein vermummter Mann zu sehen, dann Bilder von einer Demonstration. »Schalom, Ohad. Ich bin bei den Demonstranten im Iran. Ich filme die Proteste mit einer versteckten Kamera.« Empfänger des Videos: Ohad Hemo, israelischer Reporter für einen TV-Sender. Iraner, die gegen ihre Regierung aufbegehren, wenden sich zunehmend an Israelis, um ihre Botschaft zu verbreiten.

DIKTATOR Der Kameramann nimmt kurz sich selbst (mit Maske) auf und zeigt dann die protestierende Menge, offenbar in Teheran, identifiziert Polizisten in Zivil und erklärt, was um ihn herum geschieht. Die demonstrierenden Frauen und Männer skandieren: »Tod dem Diktator« und »Wir haben keine Angst mehr«.

Seit drei Wochen schwappt eine Protestwelle durch den Iran, die größte seit Jahren. Nachdem die 22-Jährige Mahsa Amini am 16. September für tot erklärt wurde, nachdem sie von der berüchtigten Sittenpolizei in Teheran festgenommen worden war, gehen immer mehr Menschen auf die Straßen. Angeführt von Frauen, unterstützt von Männern, wollen sich die Demonstranten den Regeln der Unterdrückung des Regimes nicht mehr unterwerfen.  

»Diese Unruhen waren geplant. Sie wurden von Amerika und dem zionistischen Regime entworfen.«

ayatollah ali khamenei

Am Montag beschuldigte der politische und geistige Anführer Irans, der erzkonservative Ali Khamenei, die USA und Israel, die Proteste angezettelt zu haben. »Diese Unruhen waren geplant. Sie wurden von Amerika und dem zionistischen Regime und ihren Angestellten entworfen.« Er warnte, dass »diejenigen, die Unruhen schüren, um die Islamische Republik zu sabotieren, harte Verfolgung und Bestrafung verdienen«. Mittlerweile ist das Internet im Iran abgeschaltet, sämtliche sozialen Medien sind blockiert.  

KOPFTÜCHER Tatsächlich aber haben sich die Proteste zu einer echten Herausforderung für die iranische Führung entwickelt. So offen haben sich vor allem Frauen lange nicht widersetzt. Sie verbrennen Kopftücher, schneiden ihre Haare ab und schreien Parolen der Freiheit von den Balkonen. Und auch andere Missstände werden angeklagt: die steigenden Preise und hohe Arbeitslosigkeit im Land, die sozialen Einschränkungen und die massive politische Unterdrückung.

In dem auf Kanal zwölf ausgestrahlten Video ist eine Frau zu hören, wie sie gegen das obligatorische Tragen eines Kopftuches tönt. Dann sagt sie: »Die Polizei ist fertig. Lange werden sie das nicht mehr durchhalten.« Ein anderer Demonstrant sendet seine Botschaft direkt an das Regime: »Das Volk will euch nicht mehr. Wenn ich dieses Land führen sollte, ich würde ich einen weitaus besseren Job machen als ihr.«

FEUER Nach Angaben von Menschenrechtsgruppen sind mittlerweile mindestens 60 Demonstranten getötet worden. Die Polizei geht mit Tränengas, Metallpellets und in einigen Fällen scharfem Feuer gegen sie vor. Es starben angeblich zudem zwölf Sicherheitsbeamte.

Auch die israelische Pop-Diva Rita engagiert sich für die iranischen Demonstranten. In einem Interview hob sie hervor, wie wichtig es ihr sei, die Frauen im Iran zu unterstützen, weil sie ein Symbol für die Unterdrückung von Frauen seien: »Wir müssen ihnen Kraft und Stärke geben, um frei zu sein.«

»Iranische Frauen schickten mir Tausende von Nachrichten auf Instagram – bis die Behörden das Internet abschalteten.«

Sängerin Rita

Die Künstlerin, die mit ihren Eltern den Iran verließ, als sie acht Jahre alt war, erzählte, dass sie dauerhaft Nachrichten aus dem Iran erhalten habe, nachdem sie ein Video aufgenommen und veröffentlicht hatte, in dem sie ihre Unterstützung der Proteste deutlich macht.

STIMME »Iranische Frauen schickten mir Tausende von Nachrichten auf Instagram – bis die Behörden das Internet abschalteten. Sie sagten mir: ›Bitte sei unsere Stimme‹«. Die Zeit werde kommen, »in der wir Freundschaft haben können. Es gibt überhaupt keinen Grund, Feinde zu sein«.

Das bestätigt Prinz Reza Pahlavi, der Sohn des verstorbenen letzten iranischen Schahs. Er sagte in einem Interview mit der israelischen Zeitung Jerusalem Post: »Heute rufen Demonstranten ›Frauen, Leben, Freiheit!‹ Ich glaube, unsere jüdischen Freunde werden diesen Slogan mitfühlen. Und da wir mitten in den jüdischen Feiertagen sind, sage ich zu ihnen: Le’chaim! Zum Leben! Das iranische Volk strebt nach Freiheit für sich selbst und Koexistenz mit anderen. Wir hoffen, dass das Volk Israel und die Menschen aller Nationen uns in diesem Prozess unterstützen werden«.

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