Covid-19

Impfstoff zum Schlucken?

Wissenschaftler auf der Suche nach dem Impfstoff Foto: Flash 90

Das Forschungsinstitut Migal liegt im Zentrum der Kleinstadt Kirjat Schmona, im äußersten Nordosten Israels. Die libanesische Grenze ist nur rund einen Kilometer Luftlinie entfernt.

300 Mitarbeiter hat das staatlich geförderte Zentrum. Seit einigen Jahren schon forscht man dort zum Coronavirus. Migals Hauptaugenmerk galt bislang aber nicht der für den Menschen gefährlichen Variante des Virus, das vor einigen Monaten erstmals in der chinesischen Provinz Hubei festgestellt wurde.

GEFLÜGEL Vielmehr hatten die israelischen Forscher ursprünglich den Auftrag, einen Impfstoff gegen eine Variante des Erregers zu entwickeln, der besonders Geflügel heimsucht.

Seit einigen Jahren schon forscht man am Institut zum Coronavirus.

Durchschnittlich 87 Kilo Hähnchen, Truthahn und anderes Geflügel verzehrt jeder Israeli im Jahr. Damit liegt das Land weltweit an der Spitze. Ein möglichst wirksames und einfach einzusetzendes Mittel gegen den Vogelgrippe-Erreger zu finden, ist daher von großer wirtschaftlicher Bedeutung für das Land.

»Der Auftrag, den wir vom Landwirtschaftsministerium bekommen haben, war klar: einen Impfstoff zu entwickeln, der sicher, preiswert und einfach einzusetzen ist«, sagt Chen Katz, der Leiter von Migals Mikrobiologie-Abteilung. Man arbeite deshalb an einem Mittel, das oral verabreicht werden könne.

PROTEIN Klassischerweise würden Impfstoffe injiziert, um die Bildung von Antikörpern zu stimulieren, so der Wissenschaftler. Das sei bei dem Präparat auf der Basis von Proteinen, an dem sein Institut arbeite, jedoch anders. Der optimale Effekt lasse sich hier durch eine orale Einnahme erzielen.

Dadurch würde der Wirkstoff im Körper erst richtig aktiviert. Zudem könne man mögliche Nebenwirkungen deutlich reduzieren, erklärte Katz am Montag in einem von der Organisation Keren Hayesod organisierten Webinar.

Das Hauptproblem sieht Katz nicht in der Wissenschaft, sondern eher in der Gesundheitsbürokratie.

Er wiederholte auch die Ankündigung seines Instituts, binnen einiger Wochen ein effektives Mittel gegen die Covid-19-Variante des Erregers vorzulegen. Damit hatte Migal Anfang März weltweit für Schlagzeilen gesorgt.

Das Hauptproblem sieht Katz nicht in der Wissenschaft, sondern eher in der Gesundheitsbürokratie, die strikte und langwierige Tests für Impfstoffe vorsehe, bevor diese beim Menschen zum Einsatz kämen.

Für den oral einzunehmenden Impfstoff, den sein Forschungsinstitut in einigen Wochen vorlegen wolle, gebe es bislang noch keine Richtlinien und rechtlichen Vorgaben – im Gegensatz zu Präparaten, die per Injektion verabreicht würden.

TIERVERSUCHE Den neuen Impfstoff zu prüfen, sei zwar relativ einfach, aber, so Katz, »die Pharmaindustrie ist da sehr streng. Es ist schwer, ein neues Mittel zu entwickeln und auf den Markt zu bringen«. Vorgeschrieben sei meist eine Serie von Tierversuchen, bevor ein neuer Wirkstoff beim Menschen eingesetzt werden dürfe – und das nicht nur bei Hähnchen, sondern auch bei Säugetieren.

Angesichts der weltweiten Notlage, die Covid-19 verursacht hat, rechnen Experten aber mit beschleunigten Zulassungsverfahren für Gegenmittel. Auch Forscher in anderen Ländern haben angekündigt, bald einen Impfstoff gegen die aktuelle Variante des Coronavirus auf den Markt zu bringen.

Der Impfstoff solle auch gegen mögliche neue Varianten des Coronavirus schützen.

So teilt das japanische Biotechnologie-Unternehmen AnGes vergangene Woche in einer Pressemitteilung mit, man wolle in Kürze schon mit Tierversuchen starten. Das AnGes-Präparat basiert auf einem inaktiven Virus und könnte so den Angaben des Unternehmens zufolge schneller hergestellt werden als ein Impfstoff auf Protein-Basis.

POLIO Das besondere Problem mit Covid-19 sei, dass es wohl kein saisonales Phänomen sei und wie andere Grippeviren vor allem in der kalten Jahreszeit auftrete, erklärt Chen Katz. Vielmehr breite sich das Virus weltweit stetig aus, bisherigen Erkenntnissen zufolge unabhängig von klimatischen oder meteorologischen Gegebenheiten.

Der Impfstoff, den Migal gegenwärtig entwickle, solle auch gegen mögliche neue Varianten des Coronavirus schützen. Die Dauer des Schutzes hänge vom Immunsystem eines jeden Einzelnen ab. Je mehr Menschen geimpft seien, desto effektiver sei der Schutz aber.

Katz ist optimistisch, dass man durch eine breit angelegte Impfung der Pandemie erfolgreich begegnen kann. Er verweist dabei auf das erfolgreiche Vorgehen gegen das Polio-Virus: Durch Impfkampagnen sei diese Krankheit in vielen Ländern vollständig besiegt worden.

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert

Palästinensischer Terror

Auch Hamas-Geisel Guy Gilboa-Dalal wurde in Gaza sexuell missbraucht

Der Täter setzte ihm ein Messer an den Hals und sagte: »Wenn du jemandem davon erzählst, bringe ich dich um«

 21.11.2025

Tourismus

Totes Meer: »Enttäuschende Sehenswürdigkeit«

Warum bekommt ein so schöner Ort eine so miese Bewertung? Welche Touristenorte stehen noch auf der wenig ruhmreichen Liste der enttäuschendsten Urlauberziele auf der Welt?

 21.11.2025

Jerusalem

Gideon Sa’ar verurteilt steigende Terror-Renten der Palästinenser

»Die Palästinensische Autonomiebehörde hat ihre Zahlungen an Terroristen nicht eingestellt. Tatsächlich verdoppelt sie diese fast«, so der Außenminister

 21.11.2025

Meinung

Alles muss ans Licht

Eine unabhängige Untersuchungskommission über die Terroranschläge des 7. Oktober ist ein Akt von Pikuach Nefesch

von Sabine Brandes  21.11.2025

Jerusalem

US-Botschafter: Radikale Siedler nicht repräsentativ für gesamte Gemeinschaft

US-Botschafter: Israel nimmt das Problem ernst und dämmt die gewalttätigen Gruppen ein

 21.11.2025

Geiseln

»Alon – du bist nicht allein«

Der israelisch-deutsche Doppelstaatsbürger Alon Ohel spielt auf dem Klavier, das eigens auf dem Platz der Geiseln für ihn aufgestellt wurde

von Sabine Brandes  20.11.2025

Gaza-Gefangenschaft überleben

»Wut zerstört dich«

Der nach mehr als zwei Jahren aus der Hamas-Gefangenschaft entlassene Avinatan Or hat eine zutiefst bewegende und motivierende Rede über Resilienz gehalten. Eine Dokumentation

von Avinatan Or  20.11.2025