Ein nicht zu überhörender Weckruf kurz vor den Hohen Feiertagen: Zwölf Rabbiner haben am Mittwochabend beim Neujahrsempfang der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin im Jüdischen Campus in Berlin-Wilmersdorf gemeinsam das Schofar geblasen. Mit den eindringlichen Tönen haben sie das Jahr 5786 feierlich willkommen geheißen.
Die Rabbiner repräsentierten die verschiedenen Standorte und Einrichtungen der Gemeinde im gesamten Stadtgebiet, unter anderem auch in Schöneberg, Steglitz, Friedrichshain und Mitte. Rabbiner Yehuda Teichtal betonte, dass Chabad sieben Synagogen in Berlin unterhalte. Im Bildungsbereich sei nun eine integrierte Sekundarschule und ein jüdisches Internat hinzugekommen. Und man wolle die Aktivitäten im kommenden Jahr noch ausweiten. Geplant sei der Bau der »größten aktiven Synagoge Deutschlands«. Sie soll 600 Plätze haben und »ein Ort der Begegnung, des Miteinanders und der Toleranz« sein, kündigte Teichtal an.
Gerade in Zeiten von wachsendem Antisemitismus und großen Herausforderungen sei das von besonderer Bedeutung. »Lasst uns entscheiden, dass unser Berlin der ganzen Welt zeigen wird, dass dies ein Ort von Licht und Zukunft sein wird. Das ist die Botschaft. Und wir werden das definitiv gemeinsam schaffen.« Die Vision sei, die Stadt zu einem Zentrum für jüdisches Leben in Europa zu machen, so Teichtal.
Starkes Signal
Der Gemeindevorsitzende konnte rund 300 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum Neujahrsempfang begrüßen, darunter den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner.
Wegner bezeichnete die Aktivitäten der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin als einen »Leuchtturm für den Zusammenhalt in unserer Stadt«. Von hier gehe ein starkes Signal aus: »Ein starkes Zeichen, dass Berlin sich nicht auseinandertreiben lässt, nicht spalten lässt. Und ja, auch ein starkes Zeichen, dass jüdisches Leben zu Berlin gehört. Und das lassen wir uns von niemandem und von nichts kaputtmachen.«
Der CDU-Politiker sprach im Zusammenhang mit den anhaltenden antisemitischen Protesten in der Stadt davon, dass die Versammlungsbehörden mehr Befugnisse bekommen müssten, um bestimmte Demonstrationen untersagen zu können, bei denen es um Hass und Hetze gehe, und es absehbar sei, dass Gewalt angewendet werde und antisemitische Parolen gebrüllt würden.
Er plädierte für eine Änderung des Versammlungsrechts. »Dass immer mehr Jüdinnen und Juden Angst in unserer Stadt haben, das ist ein Zustand, den ich als Regierender Bürgermeister nicht akzeptieren werde.« Wegner forderte ein gemeinsames Vorgehen gegen Judenhass. »Wir müssen gemeinsam etwas dafür tun, dass dieser Antisemitismus auf unseren Straßen zurückgedrängt wird. Das müssen wir in den Schulen tun, in den Kitas tun. Das müssen wir aber auch an den Universitäten, in den Kultureinrichtungen und auf unseren Straßen machen.«
Er hoffe, dass 5786 ein Jahr von Gesundheit, des Friedens und der Freude werde. »Aber ich wünsche mir auch, dass im Jahr 5786 endlich die verbliebenen israelischen Geiseln zu ihren Familien kommen, endlich nach Hause kommen«, ergänzte Wegner.