Gemeindetag

Vier Tage im Dezember

One People, One Community. Ein Dach, eine Familie» – unter diesem Motto lädt der Zentralrat der Juden in Deutschland vom 8. bis 11. Dezember zum Gemeindetag nach Berlin ein. Familienbezogene Themen werden diesmal im Fokus der Vorträge, Diskussionen und Workshops stehen. Außerdem wird die Möglichkeit geboten, gemeinsam in Kleingruppen verschiedene für das Gemeindeleben relevanten Themen zu erarbeiten.

«Vor allem aber ist der Gemeindetag ein Fest der jüdischen Lebensfreude», schreibt Josef Schuster, Präsident des Zentralrats, in dem Einladungsschreiben an die Gemeinden. Obwohl es bis zum großen Event noch zweieinhalb Monate sind, wird der Gemeindetag in den jüdischen Gemeinden schon heiß diskutiert. «Mindestens zehn Gemeindemitglieder werden nach derzeitigem Stand in Berlin dabei sein», berichtet Alexander Drehmann, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim/ Ruhr-Oberhausen, «und es werden sicher noch mehr». In der nächsten Ausgabe der Gemeindezeitung, die im Oktober erscheint, werde die Veranstaltung Thema sein. «Aus Erfahrung kann ich schon jetzt sagen, dass sich sicher noch einige melden werden, die mitfahren möchten.»

kollegen Drehmann war bereits 2013 beim letzten Gemeindetag in Berlin. Es sei eine beeindruckende Veranstaltung gewesen, erinnert er sich. «Die Umsetzung war hochprofessionell, die gebotene Chance, mit Kollegen und intressanten Menschen zu kommunizieren, ist einfach großartig.» Drehmann umschreibt das, worauf er sich im Dezember in Berlin besonders freut, mit «Kommunikation, Kommunikation und nochmals Kommunikation». Der Gemeindetag biete einen Ort, um Kontakte aufzufrischen, neue Leute kennenzulernen, allgemein Networking zu betreiben. Das sei «einfach echt praktisch».

Auch Alexander Mazo hat den Gemeindetag vor drei Jahren in Berlin miterlebt. «Dieses Mal werde ich aus Termingründen leider nicht teilnehmen können», bedauert der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Schwaben-Augsburg. Damals sei er begeistert gewesen. «Die Organisation, das Programm, die Gespräche, die sich ergaben, alles war sehr gut», erinnert sich Mazo.

Er persönlich findet «solche Tage extrem wichtig, denn sie bringen uns Juden näher zusammen, und sie zeigen unsere Einigkeit, was heutzutage auch als Signal nach außen sehr notwendig ist. Denn der Gemeindetag zeigt: Wir sind leider nicht viele Juden in Deutschland, aber wir sind da.»

e-mail-verteiler Wie viele Mitglieder der Augsburger Gemeinde im Dezember nach Berlin fahren werden, steht derzeit noch nicht genau fest. «Es werden einige sein», ist Mazo sicher, «wir haben schließlich auch schon sehr breit informiert, und das auf allen uns möglichen Wegen, von der Gemeindezeitung über den E-Mail-Verteiler bis hin zu Plakaten, die unter anderem in unserem Wartebereich hängen.»

«Unser Vorstand wird fast komplett nach Berlin fahren», sagt Renate Wagner-Redding aus Braunschweig. Auch sie hat schon an mehreren Gemeindetagen teilgenommen – 2012 in Hamburg und ein Jahr später in Berlin. Daran erinnert sie sich noch sehr gut. Vor allem die Bustour auf den Spuren jüdischer Architekten hat es ihr damals angetan. Sie hofft auf ein ähnlich spannendes Programm in diesem Jahr. Sie selbst werde noch zwei Tage in Berlin «dranhängen, um mich mit Freunden zu treffen».

Dafür ist während des Gemeindetags kaum Zeit. Für die anderen Braunschweiger, die mitfahren, ist es auch ein kleines Dankeschön für die viele ehrenamtliche Arbeit, die sie das ganze Jahr über geleistet haben. «Ohne sie würde vieles in der Gemeinde nicht so reibungslos laufen», sagt Wagner-Redding.

Tatjana Malafy, Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde Rottweil, war schon beim ersten Gemeindetag 2004 in Düsseldorf. «Es war ein großes Erlebnis», erinnert sie sich, «die Wärme, der Zusammenhalt – und dann durfte ich damals auch noch Paul Spiegel sel. A. kennenlernen, der so ein wunderbarer Mensch war.» Damals war die kleine Gemeinde mitten im Schwarzwald gerade erst neu gegründet worden, Paul Spiegel habe mit Rat und Tat geholfen und wertvolle Kontakte vermittelt. «Ich werde das nie vergessen», sagt Malafy wehmütig, «wir haben auf diesem für uns ersten Gemeindetag so viele neue Freunde gefunden und pflegen diese Freundschaften bis heute weiter.»

Treffen Die Kontakte zu Juden aus anderen Gemeinden sind für die Gäste aus Rottweil auch deswegen so wichtig, «weil wir ja nicht gerade im Zentrum liegen, bis zu jeder anderen jüdischen Gemeinde, also nach Stuttgart, Freiburg, Konstanz, sind es von uns aus rund 100 Kilometer». Entsprechend hilfreich sei der Austausch, «man muss ja nicht immer einer Meinung sein, aber wir können so viel voneinander lernen, ich frage deswegen auch immer gleich nach, welche neuen Ideen die anderen haben», erklärt Malafy ihre Begeisterung für den Gemeindetag. Und so wird sie auch im Dezember nach Berlin fahren, in der Hoffnung, «neue Freunde zu finden und alte wiederzutreffen. Allgemein ist der menschliche Kontakt für mich ganz, ganz wichtig».

Aber nicht nur sie wird von Rottweil in die Hauptstadt fahren. «Es werden sicher auch noch weitere Gemeindemitglieder mitkommen, wie viele, steht aber noch nicht fest.» Die Israelitische Kultusgemeinde Rottweil-Villingen-Schwennigen sei zwar mit rund 270 Mitgliedern recht klein, «aber wir sind eine sehr lebendige Gemeinde», freut sich Malafy. Im Februar 2017 kann sie sogar ihre neue Synagoge einweihen. «Wir sind fleißig und sparsam, dennoch ist es finanziell nicht einfach.» Vielleicht, so hofft die Geschäftsführerin, ergeben sich auf dem Gemeindetag ja auch dafür Anregungen und konkrete Ideen.

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  02.09.2025

Universität

Starke junge Stimme

Seit dem 7. Oktober 2023 versucht der Verband Jüdischer Studenten in Bayern, mit seinen Aktivitäten vor allem auf dem Campus einen Weg zurück zur Normalität zu finden

von Luis Gruhler  02.09.2025

Hilfe

»Licht in den Alltag bringen«

Naomi Birnbach über den Berliner Mitzwa Express, der mit Kindern arbeitet und den vom Terror schwer getroffenen Kibbuz Kfar Aza unterstützt

von Christine Schmitt  02.09.2025

Unterstützung

38.000 jüdische Kontingentflüchtlinge erhielten Rentenausgleich

Nach Angaben der Stiftung Härtefallfonds des Bundes wurden insgesamt 169.000 Anträge geprüft

 01.09.2025

Vorschau

Volk des Buches

Zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur

von Nora Niemann  01.09.2025

Meinung

Schlechte Zeiten für Frankfurts Juden

Durch die Radikalisierung der israelfeindlichen Szene ist die jüdische Gemeinschaft der Mainmetropole zunehmend verunsichert. In der Stadtgesellschaft interessiert das jedoch nur wenige

von Eugen El  01.09.2025

Vor 80 Jahren

Neuanfang nach der Schoa: Erster Gottesdienst in Frankfurts Westendsynagoge

1945 feierten Überlebende und US-Soldaten den ersten Gottesdienst in der Westendsynagoge nach der Schoa

von Leticia Witte  01.09.2025

Forschung

Storys per QR-Code

Studierende der TU recherchieren zu Geschichte und Gegenwart jüdischen Lebens im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf

von Helmut Kuhn  31.08.2025

Bildung

Mathe, Kunst, Hebräisch

Diese Woche ist die Jüdische Grundschule in Dortmund feierlich eröffnet worden. Warum entscheiden sich Eltern, ihr Kind auf eine konfessionell geprägte Schule zu schicken – und warum nicht?

von Christine Schmitt, Katrin Richter  31.08.2025