Geschichte

Unbequemer Mahner

Der erste Jude Deutschlands» – so nannte sich selbst einmal der 1992 verstorbene Heinz Galinski, langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde zu Berlin und Präsident des Zentralrats der Juden. Heinz Galinski war eine feste Größe in der Bonner Republik, in seinem Büro in der Berliner Fasanenstraße empfing er Ministerpräsidenten, gelegentlich stimmte die Bundesregierung außenpolitische Fragen mit ihm ab.

Galinski war ein unbequemer Mahner, jemand, der unablässig den Finger in die Wunde legte und an von Deutschen verursachtes Leid erinnerte. Er bekämpfte den Antisemitismus und mischte sich in politische und kulturelle Debatten ein. Dabei bewies er in seinem Urteil und seinen Einschätzungen stets eine besondere Weitsichtigkeit.

rolle Dass über diesen Mann erst vor Kurzem eine umfangreiche Biografie geschrieben wurde, ist angesichts seiner herausragenden Rolle im demokratischen Deutschland ungewöhnlich. In dieser Woche lud das Jüdische Museum Berlin in Kooperation mit dem be.bra-Verlag und der Jüdischen Volkshochschule zu einer Lesung mit der Autorin Juliane Berndt ein.

Ich weiß, ich bin kein Bequemer ... ist anlässlich Galinskis 100. Geburtstags erschienen. Zwar war dem Buch 2004 in den Jüdischen Miniaturen Heinz Galinski: ein Berliner unter dem Davidsschild von Klaus Schütz vorausgegangen; allerdings eher ein Heftchen als eine umfassende Biografie. Ich weiß, ich bin kein Bequemer... ist nicht nur die Lebensgeschichte Heinz Galinskis, sondern darüber hinaus ein Stück deutsch-jüdische Geschichte. Die Autorin Juliane Berndt arbeitete sich durch mehrere Aktenmeter und interviewte zahlreiche Freunde und Weggefährten Galinskis, darunter Eberhard Diepgen und Wolfgang Schäuble.

Lebenslinien Berndt zeichnet die Lebenslinien Galinskis nach, sie erzählt von seiner Jugend im preußischen Marienburg, der ersten kurzen Zeit in Berlin, von Ausschwitz, wo seine erste Ehefrau und seine Mutter ermordet wurden, und der Rückkehr nach Berlin. Es folgen die Jahre des Aufbaus der Gemeinde und der Positionierung des Zentralrats.

Weiter widmet sich Juliane Berndt dem «Außenpolitiker» Galinski. Er engagierte sich etwa aktiv gegen die Eröffnung eines PLO-Büros in Ost-Berlin 1973. «Galinski war ein Ruheloser, jemand, dessen Engagement grenzenlos war. Er arbeitete 16, manchmal 18 Stunden am Tag, selbst im Italienurlaub», sagte die Autorin bei der Lesung in Berlin.

Juliane Berndt, Andreas Nachama (Hrsg.): «Ich weiß, ich bin kein Bequemer ... Heinz Galinski – Mahner, Streiter, Stimme der Überlebenden», be.bra, Berlin 2012, 334 S., 19,95 €

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025

Begegnung

Raum für das Unvergessene

Jede Woche treffen sich Schoa-Überlebende im Münchner »Café Zelig«, um Gemeinschaft zu finden im Schatten der Geschichte. Ein Ortsbesuch

von Katrin Diehl  23.04.2025

Interview

»Das Gedenken für Jugendliche greifbar machen«

Kurator Pascal Johanssen zur neuen Ausstellung im ehemaligen Jüdischen Waisenhaus in Pankow

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.04.2025

Porträt der Woche

Austausch mit Gleichen

Maria Schubert ist Gemeindesekretärin in Magdeburg und tanzt gern

von Alicia Rust  18.04.2025