Essen

Trutzburg jüdischer Geschichte

Repräsentativer Monumentalbau: Innenraum der Alten Synagoge Essen Foto: Alexandra Roth

Die Alte Synagoge Essen steht nicht gerade in einer verkehrsberuhigten Zone. Vierspurig brausen Autos und Busse an ihr vorbei. Groß und eindrucksvoll steht sie da, fast wehrhaft am Rande des einstigen historischen Stadtkerns von Assindia, wie die 843 gegründete Stadt auf Latein heißt, gegenüber dem Essener Münster.

Der trutzige Kuppelbau zeugt vom damaligen Selbstbewusstsein der Essener Juden. »Mitten hinein in das emsige Schaffen und Treiben der Stadt stellen wir das Heiligtum als ein ragendes Denkmal der Ehrfurcht und als einen ewigen Beweis, dass nicht vom Brote allein der Mensch lebt, sondern von allem, was hervorsprießt auf den Schöpferruf Gottes«, heißt es auf der Tafel, die zur Erinnerung an ihre Eröffnung am 25. September 1913 angebracht wurde.

Selbstbewusstsein Der von Edmund Körner von Juli 1911 bis 1913 errichtete Bau bot mehr als 1400 Betern Platz. Der repräsentative Monumentalbau mit Glasmalereien, farbenprächtigen Mosaikmedaillons und prächtigem Toraschrank mit Bronzekuppel entsprach damit der großen jüdischen Gemeinde und ihrer Stellung in der Stadt. Der Pädagoge und Vorbeter Moses Blumenfeld hatte eine Orgel einbauen lassen; um auch orthodoxeren Betern entgegenzukommen, gab es eine Frauenempore. Im Untergeschoss befanden sich eine Wochentagssynagoge sowie eine Mikwe und Gemeinderäume.

»Rabbiner Salomon Samuel hatte sich über Ausgrabungen in Palästina orientiert und jüdische Motive ausgewählt«, erklärt der heutige Leiter des Hauses der jüdischen Kultur, Uri Kaufmann, die Grundidee des Baus. »Der christliche Architekt Edmund Körner setzte diese im Jugendstil um.« Nach ihm ist heute der Vorplatz der Alten Synagoge benannt.

Doch nur 25 Jahre sollte der Bau als Treffpunkt für die Essener Juden dienen. In der Pogromnacht 1938 wurde die Synagoge von Nazi-Horden in Brand gesetzt. Die große Kuppel brannte im Inneren aus, blieb aber baulich erhalten. Selbst dem Bombardement im Zweiten Weltkrieg, das Essen zu 80 Prozent zerstörte, trotzte die Synagoge weitgehend. Nach dem Krieg wurde sie zunächst nur notdürftig instand gesetzt. Als 1959 die neue Synagoge in der Sedanstraße im Stadtteil Huttrop eröffnet wurde, ging die Alte Synagoge in den Besitz der Stadt über.

Museum Der Bau mit der Adresse Steeler Straße 29 beheimatete lange Zeit das Museum »Haus Industrieform« und das »Deutsche Plakat-Museum«. Erst Ende der 80er-Jahre wurde der Innenraum rekonstruiert, die Kuppel wieder freigelegt und die Empore wieder eingezogen.

Mit der Judaistin Edna Brocke erlebte die Alte Synagoge eine neue große Zeit, die Synagoge wurde zum »Haus der jüdischen Kultur«. Von 1988 bis 2011 setzte sich Brocke vehement dafür ein, dass hier ein Stück jüdisches Leben gezeigt wird. Seit zwei Jahren leitet Uri Kaufmann das Haus mit Ausstellungen, die den Blick auf das heutige Judentum richten. Zu den Donnerstagsgesprächen ist das interessierte Publikum regelmäßig eingeladen, über Themen wie Nahostkonflikt, Antisemitismus oder allgemeine jüdische Fragen zu diskutieren.

www.alte-synagoge.essen.de

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Spremberg

Gegen rechtsextreme Gesinnung - Bürgermeisterin bekommt Preis

Rechtsextreme sprechen im ostdeutschen Spremberg vor Schulen Jugendliche an. Die Schüler schütten ihrer Bürgermeisterin ihr Herz aus - und diese macht das Problem öffentlich. Für ihren Mut bekommt sie jetzt einen Preis

von Nina Schmedding  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025