Nachruf

Trauer um Liam Rickertsen

Liam Rickertsen sel. A. (1946–2024) Foto: Uwe Steinert

Anrufe bei der Synagoge »Sukkat Schalom« wurden bis vor Kurzem von einem freundlichen Herrn entgegengenommen, der sich bemühte, alle Fragen eloquent zu beantworten und weiterzuhelfen. Doch nun ist diese Stimme verstummt: Liam Reinhard Rickertsen – Liam Amizur ben Arieh, langjähriger Vorsitzender der Gemeinde, ist verstorben. Zu seiner Beerdigung am 2. Januar auf dem Friedhof am Scholzplatz kamen mehr als 70 Freunde und Bekannte. Das Kaddisch sprach Rabbiner Andreas Nachama.

Liam Rickertsen wurde 78 Jahre alt. »Er war ein überzeugter Single, ein Einzelgänger, der allein lebte, aber viele Freundes- und Interessenkreise pflegte«, so der Rabbiner. Aus seinem Schulkollegium blieb so manche Freundschaft erhalten. Auch die Jungen aus der Schrockstraße, wo er aufgewachsen war, mitsamt seinem Cousin Peter Mäckel bildeten eine von ihm bis zum Schluss gepflegte feste Bezugsgruppe, die sich regelmäßig traf. Ferner engagierte er sich ehrenamtlich, beispielsweise als Schöffe im Gerichtssaal; zusätzlich leitete er als Präsident zwölf Jahre lang den Deutschen Verband der Lehrer für Bürowirtschaft (DVLB), dem er seit 1969 angehörte.

Aber mit am wichtigsten dürfte die Synagogengemeinde Sukkat Schalom für ihn gewesen sein. Für drei Legislaturperioden war er Vorsitzender der Gemeinde. »Er wäre auch noch einmal gewählt worden, aber er wollte nicht mehr, weil die Krebserkrankung ihn geschwächt hatte«, sagt Nachama. Er sei ein liebevoller, hilfsbereiter und gründlicher Mensch gewesen.

Bis ins kleinste Detail regelte er alles. Optimierung war immer sein Ziel. Nach den Hohen Feiertagen oder den Kidduschim setzte er sich gern mit anderen zusammen, um zu besprechen, was man hätte besser machen können. Damit nichts in Vergessenheit geriet, schrieb er das Protokoll – und zwar in Kurzschrift, der Stenografie, die er jahrzehntelang unterrichtet hatte. Ende 1968 bekam er eine Anstellung im staatlichen Schuldienst des Landes Berlin und war von dieser Zeit bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 als Lehrer für Textverarbeitung, später auch Informations- und Datenverarbeitung in Berlin tätig.

Reisen nach Polen und Israel

Er versuchte, nichts dem Zufall zu überlassen. »Seine ordnende Hand führte Vereinssatzungen oder auch Veranstaltungen von Sukkat Schalom immer behutsam«, erinnert sich Nachama. Auch seine eigene Beerdigung plante Liam Rickertsen.

1946 wurde er in Berlin geboren. Sein leiblicher Vater war ein jüdischer Angehöriger der polnischen Armee. »Seine Mutter hat ihm dies erst eröffnet, als er etwa 15 Jahre alt war. Er begriff diese Mitteilung im Jahr 1961 als zweite Geburt«, so der Rabbiner. Von da an wandte er sich dem Judentum zu, lernte Hebräisch, auch Polnisch. Er war dem Judentum tief verbunden. Reisen nach Polen und Israel waren Liam Rickertsen stets eine Herzensangelegenheit.

Liam Rickertsen hatte stets betont, dass das Judentum, die Gottesdienste in den Synagogen, jüdische Menschen ihn sein ganzes Leben lang begleitet haben. Sein Lebensmotto stammt aus den Pirkej Awot, den Sprüchen der Väter, und lautet: »Wer ist reich? Der, der mit seinem Teil zufrieden ist.«

»Liam ergänzte ihn mit dem Satz«, so Nachama: »Ich hatte bereits ein schönes und reich beschenktes Leben in dieser Welt – wie viel schöner wird es dann noch in meiner Welt sein!« Weiter sagt Rabbiner Andreas Nachama: »So kennen wir Liam: Mit einem feinen Lächeln, leise, bescheiden, aber immer zufrieden.«

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Das ist fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025