Berlin

Texte über das Leben

Die Gewinnerinnen und Gewinner sowie die Jury im Literaturhaus Berlin in der Fasanenstraße Foto: Gregor Zielke

Sie ist klein, rechteckig und aus schwarzem Leder – die Tasche von Dana Vowinckel. Und was ist drin? »Ich zeige es Ihnen«, sagt die Berliner Autorin. Also: »Ein Portemonnaie und der teuerste Lippenstift, den ich besitze« – er ist dunkelrot.

Vowinckel hat aber nicht nur ihre Tasche geöffnet, in der sie das aufbewahrt, was für einen Abend wichtig sein könnte, sondern mit »In my Jewish Bag« auch ihre textliche Tasche für ein größeres Publikum aufgemacht. Und damit den Schreibwettbewerb »L’Chaim« gewonnen.

Er wurde am 17. März von der Kulturstaatsministerin, dem Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, dem Zentralrat der Juden in Deutschland und der Initiative kulturelle Integration ausgelobt. »Wir wollten wissen, was die Autorinnen und Autoren mit dem Jüdischsein verbinden«, sagte Zentraratspräsident Josef Schuster.

facetten Die vielen Facetten und Formen der Texte hätten ihn begeistert. »Außerdem haben die eingereichten Beiträge mir gezeigt, wie vielfältig der Blick auf jüdisches Leben ist.« So wie Vowinckels Text, der, so verriet Mirjam Wenzel, Jurymitglied und Direktorin des Jüdischen Museums Frankfurt am Main, in der zweiten Runde sowohl von ihr als auch von allen weiteren acht Jurykollegen »ganz besonders gemocht« wurde.

»Wir wollten wissen, was die Autorinnen und Autoren mit dem Jüdischsein verbinden.«

Zentralratspräsident Josef Schuster

Die 1996 geborene Dana Vowinckel erhielt für einen Auszug aus Gewässer im Ziplock, ihrem Debütroman, der im kommenden Jahr im Suhrkamp Verlag erscheinen soll, den Preis des Deutschlandfunks bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur 2021. 2020 war sie Stadtschreiberin des Studierendenwerks Berlin. Zu diesem Text habe sie, erzählt Vowinckel, eine Freundin inspiriert.

Dirk Clausmeier, dessen Text »Willkommen bei den Zuckermanns« einer der zehn Stücke war, die aus mehr als 180 Einsendungen ausgewählt wurden, kam auf den zweiten Platz. Seine Geschichte ist die eines Abendessens für den Geflüchteten Ahmed – ein Beäugen und ein Neugierigsein. Um Daten geht es im drittplatzierten Text »Chai« von Karoline Kay. Kay promoviert in Halle zu gesundheitlichen Folgen sozialer Ungleichheit, in ihrem Beitrag stellt sie aber die Frage: »Wie erzählt man der Welt, dass man Jüdin ist, ohne zu sagen, ›Ich bin Jüdin‹?«

kindheit Sieben Beiträge kamen auf den vierten Platz. Darunter »Großvaters letzter Witz« des Berliner Autors Ron Segal, »Ein Mann mit Migrationshintergrund« von Asaf Dvori. Auch unter den Viertplatzierten: »Eine moderne Komödie des Jüdischseins« von Evgenia Ivanchuk, ein Text, der die Erlebnisse der achtjährigen Mascha beschreibt. Für dieses autobiografische Stück habe sich Ivanchuk ganz bewusst in die Zeit ihrer Kindheit versetzt, wie sie der Jüdischen Allgemeinen sagte.

Ganz praktisch ist die 1999 in Rivne geborene Autorin, wenn es um die Frage nach dem Preisgeld geht. Sie suche derzeit eine Wohnung in Berlin, und vielleicht wäre ein neues Sofa dafür ganz passend. Auch für die Gewinnerin und Autorin im Hauptberuf ist neben der Freude über die Anerkennung der ganz praktische Nutzen des Preisgeldes nicht unwichtig: »Nebenkosten zahlen«, lautet die Antwort von Dana Vowinckel nach ihren Plänen. Ihre Tasche hält sie dabei locker fest – sie gehört ihr.

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

München

Nicht zu überhören

Klare Botschaften und eindrucksvolle Musik: Die 39. Jüdischen Kulturtage sind eröffnet

von Esther Martel  23.11.2025

Berlin

Gegen den Strom

Wie der Ruderklub »Welle-Poseidon« in der NS-Zeit Widerstand leistete und bis heute Verbindung zu Nachfahren seiner jüdischen Mitglieder pflegt

von Alicia Rust  23.11.2025

Porträt

Glücklich über die Befreiung

Yael Front ist Dirigentin, Sängerin, Komponistin und engagierte sich für die Geiseln

von Alicia Rust  22.11.2025

Berufung

Schau mal, wer da hämmert

Sie reparieren, organisieren, helfen – und hören zu: Hausmeister von Gemeinden erzählen, warum ihre Arbeit als »gute Seelen« weit mehr ist als ein Job

von Christine Schmitt  21.11.2025

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Interview

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Was beschäftigt Misrachim in Deutschland? Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025