Düsseldorf

Solidarisch per Internet

Die Initiatoren: Sebastian Mohr, Gabriel Goldberg und Roger Bückert (v.l.) wollen Internetverbindungen für Solidaritätskundgebungen nutzen. Foto: Bettina Engel-Albustin

Die Bibliothek im Verwaltungsgebäude der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf ist gut gefüllt. Doch am Sonntag drängeln sich hier keine Leser, sondern Besucher, die eine große Idee verfolgen: die Gründung eines Netzwerks, in dem sich israelsolidarische Organisationen und Einzelpersonen aus Nordrhein-Westfalen sammeln sollen.

Ein solches Netzwerk fehlte nämlich, als im Mai 2011 eine Veranstaltung des »Palestinian Return Center« stattfinden sollte und man von jüdischer Seite nichts davon wusste, bemängeln Sebastian Mohr und Gabriel Goldberg. »Ich habe damals nur durch Zufall mitbekommen, was in Wuppertal geplant war«, erzählt Mohr vom Mideast Freedom Forum Berlin. »Diese Leute haben ziemlich revisionistische Ansichten, wenn es um Israel geht.«

Kurzfristig Man habe also in Wuppertal angerufen und erfahren, dass zwar Proteste geplant waren, aber noch viel zu wenig Leute erreicht werden konnten. Da blieben nur noch sechs Tage Zeit, um eine Kundgebung zu organisieren. »Am Ende haben sich dort zum Beispiel israelsolidarische Aktivisten aus Siegen, Köln und Berlin versammelt.

Aber hätte die Gemeinde in Wuppertal gewusst, an wen sie sich hätte wenden können, dann wären noch viel mehr Menschen gekommen«, sagt Gabriel Goldberg vom Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Wie wichtig eine Vernetzung der israelsolidarischen Gruppen in NRW ist, wurde damals besonders deutlich. Und bald war die Idee geboren, ein Treffen zu veranstalten.

50 Teilnehmer kamen schließlich am Sonntag zum ersten Vernetzungstreffen. Bei der Vorbereitung wandten sich die Veranstalter zunächst an die Organisatoren des Israelkongresses in Frankfurt. Auch von den Kontakten aus Wuppertal habe man noch gezehrt. »Hinzu kamen die lokalen Deutsch-Israelischen Gesellschaften und Einzelpersonen«, erklärt Mohr.

Der Landesverband informierte außerdem die jüdischen Gemeinden und Schwesterverbände. Mit im Boot ist auch Roger Bückert von Honestly Concerned. »Bis vor zehn Tagen hatten wir gerade mal 15 Anmeldungen«, sagt Mohr. Doch am Tag des Treffens müssen immer mehr Tische und Stühle in den Raum geschoben werden. Köln, Aachen, Hagen, Duisburg – die Organisatoren begrüßen Gäste aus ganz NRW.

Einer von ihnen ist Blogger Herbert Eiteneier, bekannt als Heplev. »Mich stört es schon lange, dass es so schwer ist, miteinander in Kontakt zu kommen«, sagt er. »Wo gibt es noch engagierte Leute? Mit wem kann man arbeiten? Das weiß man kaum.« Aus dem Internet kenne er zwar viele Autoren, er könne dort auch verfolgen, was sie schreiben, doch ein persönlicher Kontakt würde die Zusammenarbeit erleichtern. »So ist man nicht mehr nur die Gestalt aus dem Internet«, erklärt Eiteneier. »Wenn man dann mal schnell was wissen oder Ideen sammeln möchte, reagieren die Leute ganz anders.«

Die Vernetzung hat bereits bei diesem ersten Treffen funktioniert. »Wir haben sogar einen Punkt erreicht, an dem sich die Veranstaltung verselbstständigt hat«, resümiert Mohr am Abend. »Die unterschiedlichsten Leute sind aufeinander zugegangen.« Am liebsten hätten sie es ohnehin, wenn die Teilnehmer Eigeninitiative zeigten. »Wir können nur mit Infrastruktur und dem ersten Impuls helfen.«

Doch in Düsseldorf wurden nicht nur Nummern und Adressen ausgetauscht, sondern auch Ideen. Die Teilnehmer kamen nach einer kurzen Kennenlernrunde in Arbeitsgruppen zusammen: Es ging um Fundraising, um die Vernetzung im Internet, um gemeinsame Veranstaltungen – und um den »Tag X«. Die Arbeitsgruppe mit diesem Titel hat es sich zur Aufgabe gemacht, Informationen zusammenzutragen und Erklärungen zu formulieren, die man zeitnah je nach den Entwicklungen im Nahen Osten veröffentlichen möchte.

Argumentationshilfe »Wir gehen davon aus, dass viele antiimperialistische Gruppierungen schon Texte in den Schubladen haben, die sie zum Beispiel nach Militäreinsätzen verbreiten können«, erklärt Mohr. »Wir allerdings wären so unvorbereitet, dass wir uns dann erst vernetzen und treffen würden, Erklärungen verfassen, abstimmen und veröffentlichen würden. Bis dahin sind dann schon 20 Demonstrationen gegen Israel gelaufen«, räumt Goldberg ein.

Im September wollen die Organisatoren erneut nach Düsseldorf einladen. Was sie schon mit dem ersten Treffen erreicht haben, wurde bereits nach drei Stunden deutlich: Die erste Arbeitsgruppe kündigte an, sich in der nächsten Woche wieder zu treffen. »Das ist das beste Beispiel für Vernetzung«, sagt Goldberg. »Wir werden von diesen Arbeitsgruppen noch viel hören.«

Berlin

Für mehr Sichtbarkeit

Wenzel Michalski wird Geschäftsführer des Freundeskreises Yad Vashem. Eine Begegnung

von Christine Schmitt  30.04.2025

Hanau

Das zarte Bäumchen, fest verwurzelt

Vor 20 Jahren gründete sich die jüdische Gemeinde – zum Jubiläum wurde eine neue Torarolle eingebracht

von Emil Kermann  30.04.2025

20 Jahre Holocaust-Mahnmal

Tausende Stelen zur Erinnerung - mitten in Berlin

Selfies auf Stelen, Toben in den Gängen, Risse im Beton - aber auch andächtige Stille beim Betreten des Denkmals. Regelmäßig sorgt das Holocaust-Mahnmal für Diskussionen. Das war schon so, bevor es überhaupt stand

von Niklas Hesselmann  30.04.2025

KZ-Befreiungen

Schüler schreibt über einzige Überlebende einer jüdischen Familie

Der 18-jährige Luke Schaaf schreibt ein Buch über das Schicksal einer Jüdin aus seiner Heimatregion unter dem NS-Terrorregime. Der Schüler will zeigen, »was Hass und Hetze anrichten können«

von Stefanie Walter  29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025

Berlin

Bebelplatz wird wieder zum »Platz der Hamas-Geiseln«

Das Gedenkprojekt »Platz der Hamas-Geiseln« soll laut DIG die Erinnerung an die 40 in Geiselhaft getöteten Israelis und an die 59 noch verschleppten Geiseln wachhalten

 28.04.2025

Berlin

Jüdische Gemeinde erinnert an Warschauer Ghetto-Aufstand

Zum Abschluss der Namenslesung vor dem Jüdischen Gemeindehaus in der Berliner Fasanenstraße ist für den Abend ein Gedenken mit Totengebet und Kranzniederlegung geplant

 28.04.2025

Düsseldorf

Erinnerungen auf der Theaterbühne

»Blindekuh mit dem Tod« am Schauspielhaus stellt auch das Schicksal des Zeitzeugen Herbert Rubinstein vor

von Annette Kanis  27.04.2025

Hanau

Jüdische Gemeinde feiert Jubiläum

»Im Grunde genommen ist es mit das Größte und Schönste, was eine Gemeinde machen kann: eine neue Torarolle nach Hause zu bringen«, sagt Gemeinde-Geschäftsführer Oliver Dainow

 25.04.2025