Abraham Geiger Kolleg

Rabbinerseminar will neue Strukturen schaffen

Erstmals seit Bekanntwerden der Vorwürfe am Potsdamer Abraham Geiger Kolleg (AGK) im Mai sind wieder Absolventen der Ausbildungsstätte des liberalen Judentums ordiniert worden. In der Synagoge in der Rykestraße in Berlin wurden am Donnerstag vier Rabbiner, Shimon Arseny Nikitenko, Alexander Kovtun, David Leo Eisencraft und Brian Doyle-Du Breuil, sowie zwei Kantoren, Itamar Cohen und Ivan Kohout, in ihr Amt eingeführt.

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, gratulierte den Absolventen: »Als Rabbiner und Kantoren nehmen sie eine zentrale Rolle für das Leben der jüdischen Gemeinschaft wahr. Sie werden gebraucht.« Zugleich versicherte er, dass der Zentralrat sich dafür einsetzen wird, dass die liberale und konservative Rabbinerausbildung in Potsdam eine Zukunft hat.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die Interimsdirektorin des Geiger-Kollegs, Gabriele Thöne, hat aus Anlass der Ordination angekündigt, dass sich das Rabbinerseminar neue Strukturen geben will. Diese würden derzeit erarbeitet. Weiterhin setze man sich mit den Vorwürfen auseinander. »Wir stellen uns den Fragen, die diese Krise aufwirft«, sagte Thöne. Der »Geist der Institution« sei nicht verletzt. Es gelte nun, im Gespräch zu bleiben, Transparenz zu schaffen und nicht in Sprachlosigkeit zu verfallen.

compliance-regeln Im Zusammenhang mit den Vorwürfen erklärte Thöne, sie habe »auf informeller Ebene« mit den ihr bekannten Betroffenen gesprochen. Es stellten sich viele Fragen, auch in Bezug auf die Compliance-Regeln, über die man noch sehr viel sprechen müsse: »Das lässt sich nicht einfach abhandeln innerhalb von ein paar Monaten oder mit ein paar Äußerungen.«

Auf die Frage nach der bereits vor Monaten angekündigten umfassenden Aufklärung der Vorwürfe antwortete sie: »Ich habe gesagt, dass ich begleite und schauen werde, wie ich dort tätig sein kann. Ich habe nicht gesagt, ich selber werde aufklären.« Ihr sei wichtig gewesen, die Würde der Betroffenen zu sehen und zu vermeiden, dass so etwas derzeit oder in Zukunft wieder passiert. Sie habe sich staats- sowie kirchenverfassungsrechtliche Fragen angeschaut. Es bestehe die Möglichkeit, sich als Betroffener an die mit der Untersuchung beauftragte Kanzlei Gercke Wollschläger zu wenden.

Im Zusammenhang mit den Vorwürfen erklärte Thöne, sie habe »auf informeller Ebene« mit den ihr bekannten Betroffenen gesprochen.

Im Frühjahr waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs gegen AGK-Gründer, Rabbiner Walter Homolka, öffentlich geworden. Eine Untersuchung der Universität Potsdam hatte Ende Oktober Vorhaltungen in Teilen bestätigt. Am Montag hatte er angekündigt, den Bericht der Universität juristisch anfechten zu wollen. Dazu sagte Thöne: »Wenn Professor Homolka den Bericht angreift, ist das seine individuelle Entscheidung.« Das Papier beinhalte sehr individuelle Vorwürfe, denen sich Homolka stellen werde. Welche Rolle er zukünftig bei der liberalen Rabbinerausbildung haben werde, ließ Thöne offen: »Wir machen unsere Struktur ohne Ansehen der Person.«

studierende Rabbiner Edward van Voolen, Leiter der Rabbinerinnen- und Rabbinerausbildung am AGK, betonte, dass sich derzeit 25 Studierende am Kolleg befinden und man im Gespräch mit Interessenten aus der ganzen Welt sei. Es freue ihn, dass das Kolleg das Vertrauen zukünftiger Kandidatinnen und Kandidaten finde. Überall werde über die aktuelle Situation gesprochen, »aber gleichzeitig stellen alle fest, dass unsere KantorInnen und RabbinerInnen einen guten Ruf besitzen«. Zugleich verwies er darauf, dass das Abraham Geiger Kolleg leider kein Einzelfall sei und es auch an anderen rabbinischen Ausbildungsstätten Vorwürfe gebe.

Das Rabbinerseminar an der Universität Potsdam wurde 1999 gegründet und bildet seit 2001 Geistliche der liberalen Strömung des Judentums aus. Seit 2006 absolvierten den Angaben zufolge 47 Rabbiner und Kantoren ihre Ausbildung am Abraham Geiger Kolleg. Die sechs neuen Absolventen stammen den Angaben zufolge aus Belarus, Brasilien, Großbritannien und der Ukraine. ja/epd/kna

Lesen Sie einen Bericht in der kommenden Printausgabe der Jüdischen Allgemeinen.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025