Interview

»Ich weiß nicht, was dahinter steckt«

Rabbiner Zsolt Balla Foto: privat

Interview

»Ich weiß nicht, was dahinter steckt«

Rabbiner Zsolt Balla durfte seine Gebete zeitweise nicht mehr live auf Facebook übertragen. Die Hintergründe sind bislang offen - wie so häufig bei dem sozialen Netzwerk

 02.03.2021 12:25 Uhr

Herr Rabbiner Balla, normalerweise übertragen Sie wochentags zweimal täglich Gebete live auf Facebook. Nun aber waren Sie für mehrere Tage gesperrt. Was war passiert?
Ich habe die Lesung am Freitagmorgen an Purim wie immer über Zoom gemacht. Auf Facebook wurde sie auch live übertragen. Auf einmal hat Facebook die Lesung abgebrochen. Über die Facebook-App habe ich erfahren, dass ich eine Woche lang keine Livestreams mehr senden darf, da ein anstößiger Inhalt gemeldet wurde. Seit einem Jahr hatten wir überhaupt keine Probleme – bis jetzt.

Wie haben Sie auf die Sperrung reagiert?
Ich bin nicht wütend oder enttäuscht. Die Situation ist nicht tragisch, aber es ist seltsam. Auch die Reaktion von Facebook.

Haben Sie von Facebook eine Begründung für die Sperrung erhalten?
Bei solchen Meldungen kann man normalerweise nachvollziehen, was genau als anstößig gemeldet wurde. In meinem Fall waren in den Privatsphäre-Einstellungen keine Informationen dazu zu finden. Es war fast unmöglich, zu Facebook durchzudringen.

Haben Sie eine Vermutung, warum die Meldung abgegeben wurde?
Ich weiß leider nicht, was dahinter steckt. Ich vermute, dass die Person, die meinen Livestream als anstößig meldete, dies nicht in einer guten Absicht tat. Ich möchte aber nicht von Antisemitismus sprechen.

Wie stehen Sie generell zu dem Meldewerkzeug?
Ich denke, es ist sehr wichtig, wenn es bei Facebook solche Feedback-Möglichkeiten gibt. Es sollte möglich sein, einen Inhalt, den jemand als problematisch ansieht, sofort zu melden. Facebook ist ein sehr großes Netzwerk. Manchmal kommen Fehler vor. Ich denke, dass es normal ist. Besser aber wäre es, wenn nicht einfach pauschal gesperrt wird, sondern nur mit triftiger Begründung.

Wie haben Ihre Freunde und Follower auf Facebook reagiert?
Ich bin viel ruhiger als das Echo zu dieser Angelegenheit. Ich habe die Kommentare unter meinem Post gesehen, auf dem ich von der Sperrung berichtet habe. Einige haben leider sogar Verschwörungstheorien geäußert.

Wie haben Sie Ihre Freunde und Follower während der Sperrung erreicht?
Ich konnte weiterhin Inhalte auf Facebook hochladen und posten. Ich habe zum Beispiel die Hawdalah als Video hochgeladen.

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus diesem Vorfall? In der Vergangenheit gab es ja auch viele Probleme mit dem sogenannten Zoom-Bombing?
Bis jetzt waren meine Livestreams komplett offen. Jeder, der wollte, konnte sie sich anschauen. In der Zukunft werde ich das wahrscheinlich ändern und die Übertragungen nur für meine Bekannten freigeben.

Funktionieren Ihre Facebook-Livestreams inzwischen wieder?
Ja, ich werde heute wieder live senden.

Sind Sie erleichtert?
Ich möchte meinen Freunden und Followern für die Unterstützung danken, aber auch den Mitarbeitern von Facebook, die versuchen, unsere dortige Erfahrung zu schützen, auch wenn es nicht einfach ist und manchmal »Kollateralschäden« auftreten.

Mit dem Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig und Mitglied der Orthodoxen Rabbinerkonferenz sprach Eugen El.

Wettbewerb

»Habt Spaß, nutzt den Moment!«

Marat Schlafstein über das Motto der 22. Jewrovision, Zusammenhalt und einen guten Tipp für die Jugendzentren

von Katrin Richter  01.06.2025

Porträt der Woche

»Ich möchte Brücken bauen«

Iris Lea Bialowons ist Madricha, studiert Psychologie und arbeitet an einer Schule

von Matthias Messmer  01.06.2025

Essay

Nach 53 Jahren erstmals wieder in Israel

Unser Redakteur ist israelischer Staatsbürger, doch das letzte Mal war er in den 1970ern im jüdischen Staat. Für eine Konferenz flog er nun erneut in das Land. Ein persönlicher Bericht

von Imanuel Marcus  30.05.2025

Jewrovision

Spannung in der Luft

Wie bereiten sich die Teilnehmer auf die Acts vor – und worauf freuen sie sich am meisten? Wir haben einige dazu befragt

von Christine Schmitt  30.05.2025

Dortmund

1000 Wege zur Jewro

Viele Sänger und Tänzer nehmen weite Entfernungen in Kauf, um auf der Bühne zu stehen

von Christine Schmitt  30.05.2025

Jubiläum

»Wir sind eine Familie«

Mit rund 1000 Mitgliedern aus über 40 Nationen versteht sich der TSV Maccabi als gesellschaftlicher Brückenbauer. Nun feierte der Sportverein sein 60-jähriges Bestehen

von Luis Gruhler  28.05.2025

Medien

Presseschau zur Debatte um Deborah Feldmans »Weltbühne«-Artikel

In dem Blatt des umstrittenen Verlegers Holger Friedrich zieht die Autorin die Jüdischkeit des Chefredakteurs der Jüdischen Allgemeinen in Zweifel. In Zeitungskommentaren wird nun vernichtende Kritik an ihrem Text geübt

 26.05.2025

Philipp Peyman Engel bei der Preisverleihung in Berlin

Hintergrund

Diffamierungskampagne von Deborah Feldman: »Hier soll ein Kollege als Person diskreditiert werden«

Der Zentralrat der Juden, die WerteInitiative und der Verband Jüdischer Journalistinnen und Journalisten weisen die Unterstellungen der Autorin über JA-Chefredakteur Philipp Peyman Engel zurück

 26.05.2025

Berlin

»Ein Stück Heimat«

Was blieb übrig nach den NS-Verbrechen? Und was hatte es lange vorher gegeben? Das Leo-Baeck-Institut sammelt seit 70 Jahren Briefe, Tagebücher und Co. Und ist mit seinen Themen Einwanderung und Flucht brandaktuell

von Leticia Witte  26.05.2025