Schwabach

Hasenjagd in der Sukka

Dependance des »Jüdischen Museums Franken« in Schnaittach in der Fränkischen Schweiz. Das Haus bietet eine Dauerausstellung zum jüdischen Landleben in Mittelfranken. Foto: dpa

Das »Jüdische Museum Franken« soll eine dritte Dependance erhalten. In der Synagogengasse 10 in Schwabach wird nach Fürth und Schnaittach schon bald ein drittes Museum entstehen, berichtet der Onlinedienst nordbayern.de. Eröffnet werden soll es voraussichtlich am 23. Mai nächsten Jahres, heißt es weiter. Der Umbau laufe bereits.

Museumsleiterin Daniela Eisenstein betonte bei einer Pressevorstellung in der vergangenen Woche, dass es bei dem neuen Projekt nicht nur um jüdische, sondern vor allem auch um die Schwabacher Geschichte gehen solle. »Das wird ein kleines, aber feines Museum«, sagte Eisenstein weiter. Den Mittelpunkt des Museums bilde die Laubhütte, die 2002 bei Sanierungsarbeiten des Hauses durch einen Arbeiter entdeckt worden war.

Unterstützer Die Hütte ist mit einer Kassettendecke und symbolreichen Wandmalereien ausgeschmückt. »Sie ist ein einmaliges Zeugnis jüdischen Kulturerbes«, betonte Eisenstein. »Wir freuen uns, dass wir die Laubhütte bald so präsentieren können, wie sie es verdient«, erklärte auch Oberbürgermeister Matthias Thürauf.

Das Projekt hat bereits prominente Unterstützer gefunden. So hat sich Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland und Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München oder Oberbayern, für eine Fundraising-Veranstaltung im Dezember zur Verfügung gestellt. Die Schirmherrschaft hat der ehemalige Ministerpräsident Günther Beckstein übernommen.

Die Kosten für das Museum werden sich auf rund 380.000 Euro belaufen. 70.000 davon will die Stadt übernehmen, berichtet nordbayern.de. Hinzu kämen Gelder aus diversen Kulturfonds. Zusätzlich ist der Trägerverein auf Sponsoren angewiesen.

Das Kernstück des Museums, die Sukka, befindet sich in dem einstigen Wohnhaus des Schwabacher Kaufmann Moses Löw Koppel. Er hatte es 1795 gekauft und nicht nur das Dach umgebaut, sondern auch Wandmalereien mit religiösen Motiven anbringen lassen. Unter anderem eine Hasenjagd als eine Art Erinnerungshilfe für die Gebetsreihenfolge.

Dekoration »Das Hasenjagdmotive kennen wir sonst nur aus hebräischen Drucken des 17. und 18. Jahrhunderts, jedoch nicht als Wanddekoration in einer Laubhütte oder einer Synagoge«, betonte Daniela Eisenstein. »Das ist ein erstes Alleinstellungsmerkmal der Schwabacher Laubhütte.« Die zweite Besonderheit in Schwabach sei das Ensemble in der Synagogengasse. »Hier sind die Gebäude, in denen jüdisches Leben stattgefunden hat, noch erhalten: die Synagoge, die Laubhütte, das Lehrhaus, das derzeit saniert wird, das Rabbinerhaus«, nannte Eisenstein die wichtigsten Beispiele. »Das ist nicht nur jüdische, sondern auch fränkische und Schwabacher Geschichte. Deshalb hoffe ich, dass die ersten Besucher die Schwabacher Bürger sein werden.«

2009 war die Stadt Schwabach dem Trägerverein Jüdisches Museum Franken mit dem Ziel beigetreten, diesen Fund museal aufzuwerten. Inzwischen ist die Wohnung unterhalb der Laubhütte frei geworden. Das habe nun die Möglichkeit für ein »vernünftiges Konzept« eröffnet, so Eisenstein.

KOnzept Das Museumskonzept basiert auf zwei Säulen. »Das Haus selbst ist das Hauptexponat«, erläuterte Daniela Eisenstein. In den sieben kleinen Zimmern der beiden Etagen werden auf rund 50 Quadratmetern Laubhütte, Wandmalereien und Objekte jüdischen Lebens gezeigt. Voraussichtlich wird das Museum aber nur am Wochenende geöffnet. Deshalb wird es eine »App« geben, die jederzeit einen informativen Rundgang durch Schwabachs ehemaliges jüdisches Viertel ermöglicht.

Jüdisches Leben in Schwabach gab es seit dem Mittelalter. »Hier lebte unter anderem der Ur-Ur-Großvater von Karl Marx«, erzählte Daniela Eisenstein. 1938 wurde die Gemeinde aufgelöst und galt als »judenfrei«. Zwischen 1933 und 1938 lebten 99 Juden in Schwabach. Rund die Hälfte habe die Schoa nicht überlebt, heißt es laut Stadtchronik. Nach dem Krieg sei nur ein Schwabacher Jude zurückgekehrt: der 1948 verstorbene Manuel Graf. Hinzu kamen rund 160 Juden als »Displaced Persons«. Eine jüdische Gemeinde ist nicht wieder entstanden. ja

Lesung

Ein zeitgenössisches Märchen

Der niederländische Schriftsteller Leon de Winter stellte im Literaturhaus seinen neuen Roman »Stadt der Hunde« vor

von Luis Gruhler  16.06.2025

Urteil

Sicherungsverwahrung nach Brandanschlag auf Oldenburger Synagoge

Der Mann hatte die Tat eingeräumt und von »Stimmen« berichtet, die ihn zu dem Brandanschlag aufgefordert hatten

von Jörg Nielsen  16.06.2025

Thüringen

Gebete im »Salon Goethe«

Rund 130 Menschen kamen zum Schabbaton der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin nach Weimar

 16.06.2025

Berlin

Unter die Haut

Der Künstler Gabriel Wolff malt, formt und tätowiert »jüdische Identität

von Alicia Rust  15.06.2025

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025