Jom Haazmaut

»Ein historischer Meilenstein«

Auf der bayerischen Flagge sind entweder Rauten oder Streifen in den Landesfarben Weiß und Blau zu sehen. Die Flagge von Israel besteht aus einem Davidstern und waagerechten Streifen in Blau auf weißem Grund. Es sind diese Farben, die Bayern und Israel verbinden. Sie bestimmten auch den Dresscode für die Feier der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern zu Jom Haazmaut. Getragen wurde elegante Abendgarderobe in Blau und Weiß.

Mit einer Gala im Gemeindezentrum wurde am Dienstagabend vergangener Woche am Jakobsplatz der 75. Geburtstag Israels gefeiert. Der Einladung waren insgesamt mehr als 400 Gäste gefolgt. Schon von Beginn an herrschte eine fröhliche Stimmung, für die auch die Showband Noya und der Sänger Rafael Mirila mit tanzbaren und mitreißenden Coversongs wie »Dance Monkey« von Tones and I sorgten.

Begrüßt wurden die Gäste von der Präsidentin der IKG: »In diesen Minuten wird Israel ein Dreivierteljahrhundert alt«, eröffnete Charlotte Knobloch den festlichen Abend. »Was am 5. Ijar 5708 bescheiden begann, ist heute eine der größten Erfolgsgeschichten der jüngeren Geschichte.«

FESTREDE Diese brachte die Generalkonsulin Carmela Shamir in ihrer Festrede dem Publikum näher. Mit entschlossener Stimme habe vor 75 Jahren David Ben Gurion die israelische Unabhängigkeitserklärung verlesen, erzählte die Generalkonsulin zum Jubiläum. Auf einem Foto, welches das Ereignis dokumentiert und heute weltberühmt ist, steht David Ben Gurion vor einem Bild von Theodor Herzl, dem Vater des politischen Zionismus, daneben zwei israelische Flaggen. Über deren Symbolik werde im Alltag in Israel wenig nachgedacht, so Carmela Shamir, doch würden Feiertage und Feste wie der heutige Tag mit der israelischen Flagge und den Farben Blau und Weiß gefeiert.

Dieses Jahr sei nicht nur wegen des 75-jährigen Jubiläums ein besonderes, es sei auch politisch kein gewöhnliches Jahr in Israel gewesen.

Dieses Jahr sei nicht nur wegen des 75-jährigen Jubiläums ein besonderes, es sei auch politisch kein gewöhnliches Jahr in Israel gewesen. »Es ist das Jahr, in dem Hunderttausende von Israelis von beiden Seiten der politischen Landkarte an Demonstrationen über den zukünftigen Charakter des Landes teilnahmen und noch immer teilnehmen«, sagte Carmela Shamir. »Zwischen den Demonstranten auf beiden Seiten der Barrikaden gibt es tiefgreifende Unterschiede.«

Seit 16 Wochen in Folge wird gegen die umstrittene Justizreform der Regierung in Tel Aviv und anderen Städten Israels demonstriert. Doch auf beiden Seiten führten die Demonstranten die israelische Fahne mit sich. So sei die Flagge in Blau und Weiß wohl noch nie so viel in Gebrauch gewesen wie in den vergangenen Monaten, meinte die Generalkonsulin: »Es ist, als ob die Flagge ein neues Leben und eine neue Bedeutung erhalten hätte, vor allem zu ihrem 75-jährigen Jubiläum.«

herz »Seit es Israel gibt, hat das jüdische Volk wieder einen eigenen Ort auf der Welt. Ein Land, dessen Türen für jüdische Menschen immer offenstehen«, sagte Charlotte Knob­loch. Umgekehrt habe die jüdische Gemeinschaft in aller Welt ihr Herz für Israel geöffnet: »Auch wir hier in München.«

Generalkonsulin Shamir erinnerte in ihrer Ansprache daran, dass schon bei der Gründung David Ben Gurion gesagt habe, dass Israel ein Ort sei, an dem jeder Bürger die Freiheit habe, seine Meinung zu äußern und nach seinem Glauben und seinen Überzeugungen zu leben. Die Fähigkeit, mit Konflikten umzugehen, sei daher die Erfüllung seiner Vision und derer, die den Staat aufgebaut hätten.

»Seit es Israel gibt, hat das jüdische Volk wieder einen eigenen Ort auf der Welt.«

Charlotte Knobloch

Diese Fähigkeit sei ein wichtiger Bestandteil des Landes, einer Start-up-Nation, einem führenden Player in der Wasser- und Lebensmitteltechnologie sowie der Cyberverteidigung und der Drehort für TV-Serien, die weltweit bekannt und beliebt seien. »Ein Land, das 13 Nobelpreisträger in Literatur und Chemie, Wirtschaft und Frieden hervorgebracht hat«, zählt Carmela Shamir auf. Nach Jahrzehnten harter Arbeit, von Kriegen und existenziellen Herausforderungen sei Israel zu einem wohlhabenden Land geworden. Dies zeige sich auch im World Happiness Report von 2023, wo Israel aktuell den vierten Platz belegt.

HEIMAT »Israel erreicht einen historischen Meilenstein – 75 Jahre Unabhängigkeit und fast zehn Millionen Bürger – und ist nach wie vor eine Heimat für alle Juden in der Welt«, sagte Carmela Shamir. »Wenn ich hier in München vor Ihnen stehe, fühle ich mich daher wie zu Hause, und ich möchte, dass Sie wissen, dass Israel Ihre Heimat ist.«

Nach den Eingangsreden kamen die Kinder der Sinai-Schule auf die Bühne. Sie gratulierten musikalisch mit Leonard Cohens »Hallelujah« und begeisterten nicht nur ihre Eltern, sondern das ganze Publikum. Geleitet wurde die Darbietung von Eitan Levi und Marianna Braun, am Klavier begleitet von Luisa Pertsovska.

Im Anschluss sang der ganze Saal gemeinsam die israelische Hymne »Hatikwa«. Und wie es sich für einen runden Geburtstag gehört, wurde bis tief in die Nacht gefeiert. »Happy Birthday, Israel! Und: Jom Haazmaut sameach! Am Israel Chai!«, wünschte Charlotte Knobloch.

Mitzvah Day

Im Handumdrehen

Schon vor dem eigentlichen Tag der guten Taten halfen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentralrats bei der Berliner Tafel, Lebensmittel zu prüfen

von Sören Kittel  20.11.2025

Misrachim

»Selbst vielen Juden ist unsere Kultur unbekannt«

Ihre Familien kommen aus Marokko, Libyen, Irak und Aserbaidschan. Ein Gespräch über vergessene Vertreibungsgeschichten, sefardische Synagogen und orientalische Gewürze

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  20.11.2025

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025