Jubiläum

»Ein berührender Tag«

Obwohl antisemitische Übergriffe in den vergangenen Wochen wieder zugenommen haben, gibt es kurz nach Chanukka für Jüdinnen und Juden doch einen Grund zu feiern: das zehnjährige Bestehen der Bochumer Synagoge, die der Jüdischen Gemeinde von Bochum, Herne und Hattingen wieder eine Heimat bietet.

Während Polizeibeamte vor dem Eingang des Gotteshauses stehen, um die Besucher im Notfall vor Übergriffen schützen zu können, strömen rund 250 Gäste in die Synagoge, unter ihnen Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, der scheidende Bundestagspräsident Norbert Lammert und Bochums Bürgermeister Thomas Eiskirch sowie NRW-Landtagspräsidentin Carina Gödecke. Einige von ihnen waren schon 2007 bei der Eröffnung der Synagoge dabei.

torarolle Doch was wäre ein Geburtstag ohne Geschenke? Unternehmen und Bürger aus Bochum, Herne und Hattingen haben gespendet, um der Gemeinde die erste neue Torarolle nach dem Ersten Weltkrieg schenken zu können. Grigory Rabinovich, Vorsitzender des Gemeindevorstands, ist begeistert. »Die Torarolle ist das Wertvollste, was es im Judentum gibt. Das ist das tollste Geschenk, das wir uns vorstellen können«, sagte Rabinovich. Ein etwas anderes Präsent kommt vom Hebräisch-Kurs des Neuen Gymnasiums Bochum: Begleitet von Klarinette und Klavier singen die Schüler bekannte jüdische Lieder.

Dennoch: Angesichts des Antisemitismus, der nach judenfeindlichen Protesten und Ausschreitungen in Berlin zuletzt wieder spürbarer geworden war, sind die Mitglieder der Gemeinde nicht ausschließlich in ausgelassener Feierlaune.

So hat die jüdische Gemeinde von Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen aus Angst vor Übergriffen in diesem Jahr darauf verzichtet, die Chanukkakerzen öffentlich zu entzünden. Die Gemeinde in Bochum hat ihren Mitgliedern geraten, die Kippa nicht in der Öffentlichkeit zu tragen.

wunder Der Gemeindevorstand bringt es gleich bei der Begrüßung auf den Punkt: »Auf deutschen Straßen brennen wieder israelische Flaggen, aber die eindeutige Reaktion der Mehrheit der deutschen Öffentlichkeit gibt der Gemeinde Mut.« In diesem Sinne bekräftigt Bürgermeister Eiskirch, die Stadt sei »stolz und froh, dass es wieder eine Synagoge in Bochum« gebe.

Norbert Lammert nennt das Wiederaufleben jüdischen Lebens in Deutschland »ein Wunder«, weil die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder von gerade einmal 33 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder auf über 1000 Mitglieder angestiegen sei. Die meisten sind aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion zugewandert. Ihnen dankt auch Eiskirch. »Obwohl Jüdinnen und Juden unendlich viel Leid in Bochum erfahren haben, sind sie nach Bochum zurückgekommen, um jüdisches Leben in ihrer Heimat aufzubauen.«

grusswort Es gebe »keinen besseren Weg, um Unsicherheiten und Vorbehalte – übrigens auf beiden Seiten – abzubauen, als die Religion seines Nachbarn kennen- und schätzen zu lernen«, betont Zentralratsvize Abraham Lehrer in seinem Grußwort. Das müsse das gemeinsame Ziel sein, »das auch für die christliche und muslimische Religion« gelte.

»Unser Fokus liegt auf Feiern, aber mit Nachdenklichkeit«, unterstreicht auch Landtagspräsidentin Gödecke bei der Jubiläumsfeier. Sie spricht von einem »berührenden Tag« und bedankt sich bei Jugendorganisationen und Schulen, die mit ihren zahlreichen Besuchen dazu beitrügen, die Synagoge zu einem Haus der Begegnung zu machen. Gödecke sagt, auch als evangelische Christin spreche sie ganz bewusst von »unserer Synagoge«, weil sie für sie zu Bochum gehöre »wie der Kuhhirte, das VfL-Stadion und der Bochum-Song von Herbert Grönemeyer«.

Sachsen-Anhalt

Judenfeindliche Skulptur in Calbe künstlerisch eingefriedet

Die Kunstinstallation überdeckt die Schmähfigur nicht komplett. Damit soll die Einfriedung auch symbolisch dafür stehen, die Geschichte und den immer wieder aufbrechenden Antisemitismus nicht zu leugnen

 19.11.2025

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025

Ehrung

»Gräben aufgerissen«

Der Preis Augsburger Friedensfest ehrt Personen, die sich um ein friedvolles Miteinander der Religionen bemühen. Jetzt ging er an Josef Schuster vom Zentralrat der Juden. Er äußert sich bei der Verleihung kritisch

von Christopher Beschnitt  18.11.2025

Leipzig

Henriette Goldschmidt: Feministin der ersten Stunde

Sie wollte Frauen durch Bildung und Erwerbstätigkeit mehr Unabhängigkeit ermöglichen: Henriette Goldschmidt eröffnete in Leipzig die erste »Hochschule für Frauen«. Vor 200 Jahren wurde sie geboren

von Katharina Rögner  17.11.2025

Judenhass

Charlotte Knobloch warnt: Zukunft jüdischen Lebens ungewiss

Die Hintergründe

 16.11.2025

Porträt der Woche

Bühne und Heimweh

Emiliia Kivelevich inszeniert Theater zwischen Kunst, Glaube und Migration

von Christine Schmitt  16.11.2025

Ehrung

Göttinger Friedenspreis für Leon Weintraub und Schulnetzwerk

Zwei Auszeichnungen, ein Ziel: Der Göttinger Friedenspreis geht 2026 an Leon Weintraub und ein Schulprojekt. Beide setzen sich gegen Rassismus und für Verständigung ein

von Michael Althaus  13.11.2025

Israel

Voigt will den Jugendaustausch mit Israel stärken

Es gebe großes Interesse, junge Menschen zusammenzubringen und Freundschaften zu schließen, sagt der thüringische Regierungschef zum Abschluss einer Israel-Reise

von Willi Wild  13.11.2025

Karneval

»Ov krüzz oder quer«

Wie in der NRW-Landesvertretung in Berlin die närrische Jahreszeit eingeleitet wurde

von Sören Kittel  13.11.2025