Berlin

»Es braucht Menschen wie Sie«

»Die Zukunft beginnt mit erinnern«: Ehrung zum 76. Jahrestag von Kriegsende und Befreiung vom Nationalsozialismus Foto: picture alliance/dpa/dpa Pool

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat heute in Berlin drei Frauen und drei Männer mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die Ehrung erfolgte zum 76. Jahrestag des 8. Mai 1945, des Tages des Kriegsendes und der Befreiung vom Nationalsozialismus.  

Der Bundespräsident begann seine Rede beim Festakt im Schloss Bellevue mit einem Satz der Kultur- und Literaturwissenschaftlerin Aleida Assmann: »Die Zukunft beginnt mit erinnern.« Die Geehrten wüssten um die Bedeutung des Satzes: »Sie haben sich von dieser Maxime leiten lassen, sie prägt Ihr Engagement und Ihr Leben.«

MENSCHENWÜRDE Steinmeier warnte vor den Gefahren für die Demokratie, vor Antisemitismus, Rassismus, Menschenfeindlichkeit im Alltag, auf der Straße, auf Schulhöfen, im Netz. Er dankte den Ordensträgerinnen und Ordensträgern für ihren Einsatz für Toleranz, für die Würde jedes Einzelnen, für ein friedliches Zusammenleben. »Unser Land, unsere Demokratie braucht Menschen wie Sie«, so Steinmeier.    

Unter den Geehrten sind Elisabeth und Rafael Seligmann. Sie hätten sich mit ihrem Wirken im journalistischen und publizistischen Bereich zur Aufgabe gesetzt, in einer breiten Öffentlichkeit deutlich zu machen, dass jüdische Kultur Teil deutscher Geschichte und des gesellschaftlichen Lebens ist, heißt es in der Begründung der Ehrung. In diesem Zusammenhang wird auch die von ihnen gegründete Zeitung »Jewish Voice from Germany« genannt, die sie von 2012 bis 2019 herausgegeben hatten.  

»Ich sehe den Orden als Anerkennung für unsere freiwillige Sisyphusarbeit, die meine Lebensaufgabe ist.«

Rafael Seligmann

An Elisabeth und Rafael Seligmann gewandt, sagte der Bundespräsident: »Es ist mir eine Ehre, heute zwei Menschen aus Berlin auszuzeichnen, die mit einem im besten Sinne liberalen Journalismus dazu beigetragen haben, Deutschland, Israel und jüdische Gemeinden in aller Welt in Kontakt miteinander zu bringen und ein Forum zu sein: für Verständigung und Versöhnung über die Kontinente hinweg.«  

ANERKENNUNG Rafael Seligmann, der auch Autor der Jüdischen Allgemeine ist, sagte unserer Zeitung: »Ich sehe den Orden als Anerkennung für unsere freiwillige Sisyphusarbeit, die meine Lebensaufgabe ist.« Dass die Verleihung aus Anlass des 8. Mai erfolge, erinnere ihn an einen jüdischen Witz: »1942. Rabbi, wann wird der Nazispuk vorbei sein? Der Rabbi: Das genaue Datum kenne ich nicht. Aber es wird der höchste jüdische Feiertag sein.« 

Zu den Geehrten gehören zudem Sarah Hüttenberend aus Wuppertal, Gründerin und Vorsitzende des Vereins Zweitzeugen, Michael Kupiec aus Erfurt, ehemaliger Vorsitzender des Bundesjugendarbeitskreises, der sich in der Jugendarbeit engagiert, Django Heinrich Reinhardt aus Koblenz, der sich für Sinti und Roma sowie Menschen in Notsituationen einsetzt, sowie die Berliner Maren Schoening für ihr Engagement im Deutsch-Ungarischen Jugendwerk. ddk (mit epd)  

Lesen Sie mehr über dieses Thema in unserer nächsten Print-Ausgabe.

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025