Philharmonie

Die großen Namen jüdischer Musik

Julia Grossmann (l.) mit Joachim Herrmann Foto: Stefan Randlkofer

Der Abend in der Philharmonie wurde seinem Motto »Jüdisches Leben – Ein Festkonzert« im wahrsten Sinne des Wortes gerecht. Überschwänglich waren die Reaktionen, die sich in Adjektiven wie »fulminant, großartig, überwältigend« äußerten und die – nach zwei Stunden Programm und drei Zugaben ohne Konzertpause, doch mit brausendem Applaus und Jubelrufen – in den Foyers und Treppenhäusern des Musiktempels am Gasteig zu hören waren. Das Publikum strebte restlos begeistert nach Hause.

Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, war von Julia Grossmann, der Direktorin des Jewish Chamber Orchestra Munich, um die Eröffnungsrede für das Konzert am Montag der vergangenen Woche gebeten worden. Damit wurde – auch für die Vertreter des Vereins »321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«, die für diesen Abend aus Köln angereist waren – der Bogen gespannt zwischen musikalisch-kultureller und gesellschaftspolitischer Präsenz unter jüdischen Vorzeichen. Als Ehrengäste nahmen der bayerische Staatsminister Joachim Herrmann, Bezirkstagspräsident Josef Mederer, die zweite Münchner Bürgermeisterin Katrin Habenschaden sowie der Kulturreferent der Stadt München, Anton Biebl, teil.

live-übertragung Charlotte Knobloch hatte ihnen wie den Glücklichen, die in der Philharmonie dabei sein durften – der Rest war über eine Live-Übertragung auf dem YouTube-Kanal des JCOM zugeschaltet – nicht zu viel versprochen. Denn sie wies darauf hin, dass der Dirigent Daniel Grossmann mit dem Orchester wie auch die Solisten Chen Reiss, Talia Or und Netanel Hershtik »nicht erst seit heute die großen Namen der jüdischen Musik aus dem vergangenen Jahrhundert für uns wieder lebendig machen«.

Zuvor war sie auf die Bedeutung des Festjahres eingegangen: »Alles, was wir heute mit deutscher Sprache, Kultur und Tradition verbinden – also alles, was uns im besten Sinne ›typisch deutsch‹ erscheint, ist in diesen 1700 Jahren entstanden.« Und sie ergänzte: »Es gibt keinen Teil dieser Geschichte, der nicht seine jüdischen Beiträge hätte.« Diese Traditionslinie habe Brüche erlebt, fuhr sie fort, »schreckliche, weitreichende, unvorstellbare. Aber sie besteht fort, und wir führen sie fort«, vollendete Knobloch ihren Gedanken.

Bestätigt wurde die IKG-Präsidentin durch die Musikauswahl wie auch durch die informative Moderation des Dirigenten Daniel Grossmann. Und nicht zuletzt durch die Orchestermusiker und die zwei Solistinnen Chen Reiss und Talia Or sowie Kantor Netanel Hershtik. Die drei bewiesen, dass ihre Stimmen im Wettstreit mit den Instrumenten eine weitere Dimension einbrachten, die von Zwitschern und Flöten bis zum Raunen und Schmettern alle menschlichen Emotionen auslotete.

Die Musikauswahl reichte von der leichten Muse bei dem in Paris berühmt gewordenen gebürtigen Kölner Jacques Offenbach bis zu jiddischen und hebräischen Klassikern von Sholom Secunda und Yossele Rosenblatt. Grossmann verstand es klug, den Stimmen der Israelinnen Chen Reiss und Talia Or, von denen Letztere seit Langem in München zu Hause ist, Lieder von Fanny Hensel und Emmerich Kálmán stimmtypgerecht zuzuordnen. Was Offenbach, Kurt Weill und Netanel Hershtik bei aller Unterschiedlichkeit ihrer Musik verbindet, ist der Beruf ihrer Väter: Kantor.

Jom Haschoa

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