Corona

»Der Alltag ist auf den Kopf gestellt«

Die Corona-Pandemie stellt Kitas vor große Herausforderungen. Foto: imago images/Jochen Eckel

Die anhaltende Corona-Pandemie wirkt sich deutlich auf die Arbeit von Kindertagesstätten aus. »Der Alltag ist auf den Kopf gestellt«, sagt Vera Katona im Telefongespräch.

Sie leitet das Projekt »ATID - Demokratie und Vielfalt in der Kindertagesbetreuung« am Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST). Im Rahmen des Projekts führt Katona Fortbildungen für Fachkräfte jüdischer Kindergärten durch.

TREFFEN Am vergangenen Donnerstag war »ATID« zu Gast bei der ZWST. Auf Einladung der Zentralwohlfahrtsstelle trafen sich zwölf Leiterinnen jüdischer Kindertagesstätten zu einer von Vera Katona geleiteten digitalen Fortbildung. Der Umgang mit Corona stand dabei im Fokus.

»Es ist eine wirklich belastende Situation für die Mitarbeiterinnen und auch für die Leitungen«, betont Vera Katona, Leiterin von »ATID«.

»Es ist eine wirklich belastende Situation für die Mitarbeiterinnen und auch für die Leitungen«, betont Katona. Sie berichtet von zeitweise ständig wechselnden Regeln und Vorschriften, von Kita-Mitarbeitern, die Angst davor haben, sich zu infizieren und andere anzustecken, von Kitas, in denen die Mitarbeiterinnen nur mit Masken arbeiten durften, was dem Bedürfnis der Kinder nach Kontakt entgegenlief.

KOMMUNIKATION Die Fortbildung nutzten die Teilnehmerinnen zunächst für eine Bestandsaufnahme und einen Erfahrungsaustausch. »Dann haben wir geguckt, welche Möglichkeiten es gibt, unter den heutigen Umständen die Arbeit weiterzuführen und zu erleichtern«, berichtet Katona. Dabei ging es etwa um die Kommunikation mit Mitarbeitern und Eltern.

Trotz der aktuellen Notlage sollten auch positive Aspekte und Erfolge betont werden. »Am Ende waren wir dabei, aufzuzählen, was wir alles Gutes in den Einrichtungen sehen, was schon gemacht ist«, so Katona. »Wir sind uns einig, dass die Teams trotz allem sehr gut zusammenhalten«, resümiert sie.

AUFTRIEB Auch Sabine Witte blickt positiv auf die Fortbildung zurück. »Es hat uns einen Auftrieb gegeben«, sagt die Leiterin der Masorti-Kindertagesstätten in Berlin am Telefon. Die Corona-Situation erlebt sie als »sehr anspruchsvoll«. »Man hat nicht mehr das Gefühl, dass man eine Kita leitet, sondern eher das Gefühl, bei einer Krisen-Hotline zu arbeiten«, berichtet sie.

Kita-Leiterin Sabine Witte sagt: »Ich bin im Moment gegen eine komplette Öffnung.« Das Team wünsche sich vor allem: »Durchgeimpft zu werden.«

Der pädagogische Aspekt der Arbeit sei in den Hintergrund geraten. Die Situation habe sich erst mit der Einführung eines Wechselmodells entspannt, bei dem alle Kinder zumindest wochenweise eine pädagogische Betreuung bekommen. »Die Kinder sind sehr fröhlich, dass sie kommen dürfen«, sagt Witte. Auch die Eltern seien zufrieden.

PURIM Trotz der Teilöffnung bleibt der Betrieb auch an den Masorti-Kitas eingeschränkt. Erstmals konnte, so Witte, der traditionelle Tu-Bischwat-Seder nicht stattfinden. »Das fanden die Kinder komisch«, berichtet sie. Jetzt gehe es um die Frage: »Was machen wir an Purim?«

Sabine Witte blickt mit Vorsicht in die Zukunft: »Ich bin im Moment gegen eine komplette Öffnung.« Das sei zu gefährlich. Das Team der Kita wünsche sich vor allem eines: »Durchgeimpft zu werden.«

Auszeichnung

Die Frau mit den Blumen

Zwei Jahre lang ging Karoline Preisler auf anti-israelische Demonstrationen, um auf das Schicksal der Geiseln aufmerksam zu machen. Jetzt erhält sie den Paul-Spiegel-Preis des Zentralrats der Juden

von Michael Thaidigsmann  30.10.2025

Nachruf

Gestalter mit Weitblick

Für Jacques Marx war die Gemeindearbeit eine Lebensaufgabe. Eine persönliche Erinnerung an den langjährigen ehemaligen Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen

von Michael Rubinstein  30.10.2025

Ehrung

Demokratiepreis für Graphic Novel über Schoa-Überlebende

Die Schoa-Überlebenden Emmie Arbel gewährte Zeichnerin Barbara Yelin vier Jahre lang Einblicke in ihr Leben

 30.10.2025

Interview

»Wir hatten keine Verwandten«

Erst seit einigen Jahren spricht sie über ihre jüdischen Wurzeln: Bildungsministerin Karin Prien erzählt, warum ihre Mutter davon abriet und wann sie ihre eigene Familiengeschichte erst begriff

von Julia Kilian  30.10.2025

Wittenberg

Judaistin kuratiert Bildungsort zur Schmähplastik

Die Darstellung der sogenannten »Judensau« an der Wittenberger Stadtkirche, der früheren Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546), gehört in Deutschland zu den bekanntesten antisemitischen Darstellungen des Mittelalters

 29.10.2025

Schwielowsee

Shlomo Afanasev ist erster orthodoxer Militärrabbiner für Berlin und Brandenburg

Militärrabbiner gibt es bereits in Deutschland. Nun steigt der erste orthodoxe Rabbiner bei der Bundeswehr in Brandenburg ein

 29.10.2025

Essay

Vorsichtig nach vorn blicken?

Zwei Jahre lang fühlte sich unsere Autorin, als lebte sie in einem Vakuum. Nun fragt sie sich, wie eine Annäherung an Menschen gelingen kann, die ihr fremd geworden sind

von Shelly Meyer  26.10.2025

Stuttgart

Whisky, Workshop, Wirklichkeit

In wenigen Tagen beginnen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt die Jüdischen Kulturwochen. Das Programm soll vor allem junge Menschen ansprechen

von Anja Bochtler  26.10.2025

Porträt

Doppeltes Zuhause

Sören Simonsohn hat Alija gemacht – ist aber nach wie vor Basketballtrainer in Berlin

von Matthias Messmer  26.10.2025