»SHalom & Moin«

3,5 Kilometer jüdisches Leben

Studierende des Seminars mit dem Historiker Helge-Fabien Hertz (4.v.r.) Foto: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Es gibt viele Zugänge zum jüdischen Leben. Im Rahmen des »Projektseminars zur Geschichte der Neuzeit: Zuwanderungsgeschichten Kieler Jüdinnen und Juden aus der ehemaligen Sowjetunion seit 1990« erarbeitete Helge-Fabien Hertz, Lehrbeauftragter für Geschichte und Soziologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, mit zehn Geschichtsstudierenden den Actionbound »SHalom & Moin! Auf den Spuren jüdischen Lebens in Schleswig-Holstein«.

Übrigens stehen die groß geschriebenen Buchstaben des Wortes »Shalom« im Namen des Projekts auch für Schleswig-Holstein. »SHalom & Moin« als Titel soll den offiziellen Slogan des 2022 zu Ende gegangenen Themenjahres »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« aufgreifen. Das Projekt basiert auf der App »Actionbound«, die sich die Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte herunterladen und so auf eine Stadtrallye durch Kiel gehen können. Der thematische Fokus liegt dabei auf der Vielfalt des jüdischen Lebens und dem post-sowjetischen Migrationshintergrund, den rund 90 Prozent der in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden haben. »Das ist den meisten in Deutschland lebenden Personen gar nicht so bewusst«, betont Hertz dabei.

Blick Die deutsch-jüdische Geschichte bis 1945 wird in dem Projekt vergleichsweise nur relativ kurz thematisiert. Der Blick auf das jüdische Leben in Deutschland soll gesellschaftspolitisch somit auch strategisch weg von den Themen Verfolgung, Schoa und gegenwärtigem Antisemitismus bewegt werden.

Den Anstoß für die Projektentwicklung gab der Dozent selbst. Er folgte dabei der Empfehlung des Zentralrats der Juden in Deutschland, der Bund-Länder-Kommission der Antisemitismusbeauftragten und der Kultusministerkonferenz zum Umgang mit Antisemitismus in der Schule. Obwohl Hertz selbst keinen jüdischen Hintergrund hat, beschreibt er sich als »aufgeschlossen dem Thema gegenüber«, da er unter anderem als Leiter der Geschäftsstelle des Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus im Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig Holstein tätig war.

Die Studierenden des Seminars haben die Detailarbeit selbstständig verrichtet, jedoch immer in Absprache mit der Jüdischen Gemeinde Kiel sowie anderen jüdischen Institutionen, die sich zur Kooperationspartnerschaft bereit erklärten. »Uns war es in der Entwicklung nämlich wichtig und von Anfang an klar, den Dialog über jüdische Menschen zum Dialog mit jüdischen Menschen zu verschieben«, fasst Hertz zusammen.

Projekt Die Jüdische Gemeinde Kiel und Region e.V. freute sich sehr über die Anfrage zur Zusammenarbeit an dem Projekt. Geschäftsführerin Viktoria Ladyshenski betont: »Für uns besteht nie die Frage, ›ob‹, sondern ›wann‹.« Nicht nur das Ergebnis, sondern auch den gesamten Arbeitsprozess beschreibt sie als »sehr erfolgreich und erfreulich«. Besonders die fundierte und qualitativ hochwertige Vorgehensweise der Studierenden habe sie beeindruckt.

Der Bound, also ein Rundgang, wird für Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe acht empfohlen, da man bei jüngeren Klassen womöglich intensivere Vorbereitungsarbeit leisten müsste.

Bisher erhielt der Actionbound durchweg positives Feedback. Er sei handlungsorientiert, vermittle spielerisch Wissen und lockere zusätzlich das Unterrichtsgeschehen auf. Man kann durch die Kieler Innenstadt laufen und nebenbei Quizfragen zum jüdischen Leben beantworten. Außerdem wird dazu animiert, selbst Lösungsvorschläge für behandelte Problematiken wie beispielsweise Antisemitismus vorzubringen.

Neben dem Fragensegment gibt es einen weiteren Aufgabenteil, in dem unter anderem Foto-, Ton- und Videoaufnahmen angefertigt werden sollen. Für die Zukunft wünschen sich die Entwicklerinnen und Entwickler eine Verbreitung des Projekts in andere Bundesländer, um in der Bildungsarbeit einen anderen Ansatz zu ermöglichen sowie dem Antisemitismus in Deutschland entgegenzutreten.

Portät der Woche

Magische Momente

German Nemirovski lehrt Informatik und erforscht den Einsatz Künstlicher Intelligenz

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.02.2025

Berlinale

»Wie zehn Städte in einer«

Die Komponistin Dascha Dauenhauer über ihre Heimatstadt, die Arbeit an »Golda« und das Filmfestival

von Katrin Richter  15.02.2025

Gemeinden

Musik, Theater, Lesungen

Für jeden etwas dabei: Der Zentralrat der Juden stellt sein Kulturprogramm vor

von Christine Schmitt  13.02.2025

Tu Bischwat

Von der Krone bis zur Wurzel

Das Neujahrsfest der Bäume ist eine Umarmung der Natur. Was verbinden Jüdinnen und Juden mit diesem Tag? Eine Umfrage

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Heike Linde-Lembke, Katrin Richter  13.02.2025

Berlin

Gedenkort für früheres jüdisches Altenheim gefordert

Die Einrichtung stand dort, wo sich heute das Haus der Statistik befindet

 11.02.2025

Aufruf

Bündnis »Zusammen für Demokratie« startet bundesweite Aktion

Ein breites Bündnis setzt auf Banner mit klaren Botschaften - auch der Zentralrat der Juden in Deutschland macht mit

 11.02.2025

Pädagogik

»Synergien schaffen«

Shila Erlbaum über die nächste Fachtagung der Religionslehrer, didaktische Fragen und Feedback

von Katrin Richter  10.02.2025

Düsseldorf

Verlegerin der ersten Stunde

Gemeinsam mit ihrem Mann gab Lilli Marx das »Jüdische Gemeindeblatt für die Britische Zone« heraus. Nun zeigt eine Ausstellung die Lebensgeschichte der Publizistin

von Jan Popp-Sewing  09.02.2025

Porträt der Woche

Die Rohstoff-Rebellin

Viktoria Kanar hat eine Firma gegründet, um Textilabfall zu recyceln

von Gerhard Haase-Hindenberg  09.02.2025