Hotline

Wenn der Rabbi Hilfe braucht

Die Europäische Rabbinerkonferenz (CER) hat eine Hotline eingerichtet, die Rabbinern Antworten auf dringliche Fragen bieten soll. Foto: Getty Images

Die Ermutigung der Kinder, Fragen zu stellen, unterscheidet das Judentum von anderen Religionen. »Wer sich schämt, kann nicht lernen« (Pirkej Awot 2,5) heißt: Wem es peinlich ist zu fragen, um nicht ausgelacht zu werden, der wird immer bei seinen Fragen bleiben. »Wer sich für Tora erniedrigt und Fragen stellt, obwohl er sich für seine Unwissenheit schämt, wird letztendlich erhöht werden« (Berachot 63b).

Wer Fragen hat, geht zum Rabbiner, wer keinen Rabbiner hat, kann seine Frage in der Facebook-Gruppe »Frag den Rabbiner« stellen, auch anonym. Aber wen fragt ein Rabbiner, wenn er selbst Fragen hat? Er fragt einen anderen Rabbiner.

DAJAN Ist aber die Frage zu schwierig und der Sachverhalt zu komplex, muss man einen Dajan (Richter) vom jüdischen Beit Din (Gericht) fragen, so wie es in der Tora heißt: »Wenn ein Rechtsstreit wegen irgendeiner Streitsache dir zu schwierig ist, dann sollst du dich aufmachen an den Ort, den dein Gott erwählen wird (Jerusalem), und zu den Priestern, den Leviten und dem Richter kommen, der in jenen Tagen sein wird, und die Frage vorbringen, und sie sollen dir das Wort der Entscheidung sagen« (5. Buch Mose 17, 8–9).

Diese Aufgabe, die schwierigsten Fragen der europäischen Juden zu beantworten, hatte der kürzlich verstorbene Dajan Chanoch Ehrentreu (1932–2022) inne, der in Frankfurt am Main geborene und im vergangenen Jahr in London verstorbene Leiter des Europäischen Beit Din. Nun hat die Europäische Rabbinerkonferenz (CER) eine Hotline zu seinen Ehren eingerichtet, die Rabbinern Antworten auf dringliche Fragen bieten soll.

WHATSAPP Der WhatsApp-Anrufdienst unter dem Namen »Nesivos Chanoch« ist den Angaben zufolge sechs Tage in der Woche rund um die Uhr erreichbar und setzt sich laut Gady Gronich, Generalsekretär der CER, aus einer Einsatztruppe von 20 charedischen Rabbinern aus Israel zusammen, die innerhalb von ein bis zwei Stunden Antwort geben. Die Idee dahinter ist, Rabbinern kleiner Gemeinden bei akuten Fragen zu helfen.

Kein Rabbiner ist Experte auf allen Gebieten der Halacha, und nur die wenigsten haben direkten Kontakt zu wichtigen Autoritäten wie Rabbiner Asher Weiss oder Rabbiner Hershel Schachter. Auf normalem Wege müsste man auf eine Antwort Wochen oder Monate warten. Viele Fragen dulden aber keinen Aufschub, etwa Fragen zu Nidda, industrieller Kaschrut, Zinsen, Medizin, Giur, Militär oder zum Einsatz von Technologie am Schabbat. Mit der Hotline haben Rabbiner nun einen schnellen Zugang zu den Antworten und können so ihren Gemeinden schneller helfen.

CER-Präsident und Oberrabbiner Pin­chas Goldschmidt erklärte dazu: »Die Halacha-Hotline ist für die Rabbiner in so vielen unserer Gemeinden von entscheidender Bedeutung. Alle unsere Rabbiner können nun unmittelbaren Zugang zu den besten halachischen Ratschlägen erhalten.« Die CER nutze gemeinsam mit dem Beit Va’ad LeChachamim die beste Technologie, um jüdisches Leben zu stärken. Dieser Service werde Juden in ganz Europa unterstützen und die Ausübung ihrer Religion stärken. Laut Gady Gronich sind bereits rund 100 Anfragen von Rabbinern kleiner und großer Gemeinden eingegangen, die Rückmeldungen seien positiv.

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