Zerbst

Gegendenkmal zur »Judensau« enthüllt

Der Künstler Hans-Joachim Prager steht bei der Enthüllung an seinem Gegendenkmal zu einer mittelalterlichen, antijüdischen Schmähplastik an der Zerbster Nicolairuine. Foto: picture alliance/dpa

An der Ruine der St. Nicolai-Kirche in Zerbst (Sachsen-Anhalt) ist am Donnerstag ein Gegendenkmal zur Schmähplastik der »Judensau« enthüllt worden. »Der Antisemitismus ist eine Schuld, die wir als Christenmenschen seit Jahrhunderten mit uns tragen«, sagte der Kirchenpräsident der Evangelischen Landeskirche Anhalts, Joachim Liebig, bei der Enthüllung der Stele, die von dem Künstler Hans-Joachim Prager gestaltet wurde.

Der Kirchenpräsident nutzte die Gelegenheit zu einer grundsätzlichen Kritik an der Haltung der Kirche im Verhältnis zu den Juden. »Der Antisemitismus ist seit dem vierten Jahrhundert Teil der christlichen DNA«, sagte der leitende Geistlicher der anhaltischen Landeskirche. »Als Kirchenpräsident, aber auch ganz persönlich bitte ich alle Opfer um Vergebung - wohlwissend, dass das Leid damit nicht geschmälert wird«, sagte Liebig.

Diskussionen Der Zerbster Bürgermeister Andreas Dittmann (SPD) betonte, die Diskussion sei vor allem durch eine ähnliche Schmähplastik an der Stadtkirche von Wittenberg angestoßen worden. »Wir können es nicht ungeschehen machen, wir müssen uns damit auseinandersetzen«, sagte der Bürgermeister. Die Stele stelle sich dem Betrachter buchstäblich bei der Betrachtung der Schmähplastik in den Weg und solle ein Ort werden, der zu Diskussionen anregt.

Dazu rief auch der Künstler Prager auf. »Wir erhalten hier die Möglichkeit, in einen Diskurs einzutreten, der durch Worte in die Gesellschaft hineingetragen wird«, sagte er. Bei der Gestaltung des Denkmals sei ihm wichtig gewesen, »dass jeder Mensch an dieser Stelle spürt, dass er in seiner Individualität angenommen wird.« Rund um die Stele könne ein Ort der Versöhnung, ein Friedensplatz entstehen.

Der Pfarrer der Kirchengemeinde St. Nicolai und St. Trinitatis in Zerbst, Lutz-Michael Sylvester, wünscht sich ebenfalls an der Stelle einen Ort der Begegnung und Verständigung. Die Schmähplastik bezeichnete er als nicht tolerierbares Zeichen des Hasses, das nicht länger unkommentiert bleiben dürfe.

Siegerentwurf Die 125 Zentimeter hohe Stele mit dem Titel »Reflexion« wurde von einer Jury unter zehn Wettbewerbsbeiträgen ausgewählt. Das Preisgeld für den Siegerentwurf liegt nach Angaben der Landeskirche bei 1000 Euro. Für die zweit- und dittplatzierten Entwürfe gab es je 500 Euro.

Das Kunstwerk ist als Lesepult gestaltet, wie es auch in einer Synagoge zu finden ist. An der Stirnseite ist der erste Artikel des Grundgesetzes »Die Würde des Menschen ist unantastbar« angebracht. An allen vier Seiten sind die Namen der Zerbster Jüdinnen und Juden aufgeführt, die Opfer des Nationalsozialismus wurden. Darunter steht an der Stirnseite der Bibelspruch aus dem Alten Testament »Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde«.

Die Schmähplastik an der Kirche aus dem Jahr 1450, auf die sich das Gegendenkmal bezieht, zeigt eine Sau, an deren Zitzen Menschen saugen, die Juden darstellen sollen. Sie ist an einem Pfeiler auf vier Metern Höhe angebracht. Die Kirche aus dem 12. Jahrhundert wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Sie ist sie seitdem eine gesicherte Ruine mit offenem Kirchenschiff.

Wajischlach

Zwischen Angst und Umarmung

Die Geschichte von Jakow und Esaw zeigt, wie zwei Brüder und zwei Welten wieder zueinanderfinden

von Rabbiner Joel Berger  05.12.2025

19. Kislew

Himmlischer Freispruch

Auch wenn Rosch Haschana schon lange vorbei ist, feiern Chassidim dieser Tage ihr »Neujahr«. Für das Datum ist ausgerechnet der russische Zar verantwortlich

von Chajm Guski  05.12.2025

Talmudisches

Freundlich grüßen

Was unsere Weisen über Respekt im Alltag lehren

von Yizhak Ahren  04.12.2025

Begnadigung

Eine Frage von biblischer Tragweite

Die Tora kennt menschliche Reue, gerichtliche Milde und g’ttliche Gnade – aber keine juristische Abkürzung

von Rabbiner Raphael Evers  03.12.2025

Geschichte

Wie Regina Jonas die erste Rabbinerin wurde

Die Ordination Ende 1935 war ein Ergebnis ihres persönlichen Kampfes und ihrer Kompetenz – ein Überblick

von Rabbinerin Ulrike Offenberg  03.12.2025

New York

Das sind die Rabbiner in Mamdanis Team

Im Gegensatz zu seinem Vorgänger hat Mamdani keinen Ortodoxen in seine Übergangsausschüsse berufen – eine Lücke, die bereits im Wahlkampf sichtbar wurde

 02.12.2025

Gemeinden

Ratsversammlung des Zentralrats der Juden tagt in Frankfurt

Das oberste Entscheidungsgremium des jüdischen Dachverbands kommt einmal im Jahr zusammen

 01.12.2025 Aktualisiert

Wajeze

Aus freier Entscheidung

Wie Jakow, Rachel und Lea eine besondere Verbindung zum Ewigen aufbauten

von Paige Harouse  28.11.2025

Talmudisches

Frühstück

Was schon unsere Weisen über die »wichtigste Mahlzeit des Tages« wussten

von Detlef David Kauschke  28.11.2025